Ohne Chef ist auch keine Loesung
Und wir stoßen alle paar Minuten
an irgendeine Grenze, die uns unser Budget setzt. Für die meisten |23| Menschen gehören die verfügbaren finanziellen Mittel zu den größten Freiheitsbegrenzern in ihrem Leben. Und wer sein Gehalt
als ungerecht niedrig empfindet, wird eben alle paar Minuten daran erinnert, was er im Leben – nicht selten unwiederbringlich
– verpasst, weil sein Chef ihm nicht mehr Geld bezahlt. Der Chef wird also schnell dafür verantwortlich gemacht, dass auch
die Zeit außerhalb des Büros frustrierend ist, dass das ganze Leben irgendwie schlecht und unbefriedigend vor sich hin dümpelt.
Hinzu kommt, dass das Gehalt oft die einzig messbare Wertschätzung ist, die wir für unsere Arbeit erhalten. Diese Wertschätzung
gibt es jeden Monat gleich doppelt schwarz auf weiß: auf der Gehaltsabrechnung und auf dem Kontoauszug. Und je nachdem, wie
hoch der Betrag ist, handelt es sich dabei um einen Ansporn oder um einen Schlag ins Gesicht.
Was kann nun ein Chef, dessen Mitarbeiter ihn für nicht weniger als ein insgesamt missglücktes Leben und einen monatlichen
Schlag ins Gesicht verantwortlich machen, als Gegenleistung erwarten? Motivation? Engagement? Loyalität?
Sicher nicht. Im Gegenteil: Seine Leute werden gegen ihn arbeiten, wo sie nur können – oder einfach gar nichts mehr tun.
Für
den Chef werden sie sich jedenfalls nicht engagieren. Das alles befeuern Zeitungsberichte, in denen die Beschäftigten Woche
für Woche lesen müssen, wie viel ihre Chefs verdienen – und dass diese sich ihrerseits darüber beklagen, dass ihnen das auch
noch zu wenig ist.
Dass die Chefs sich bei diesem Befund besonders bemühen müssten, erstens für Gehaltsgerechtigkeit zu sorgen und zweitens ihren
Mitarbeitern auch glaubhaft zu vermitteln,
dass
sie gerecht bezahlt werden, liegt eigentlich auf der Hand.
Aber was passiert stattdessen?
|24| Es ist erstaunlich, wie wenig ernst die Chefs diesen Punkt nehmen. Wir haben von Chefs Sätze gehört wie diese:
»Das Gehalt ist ohnehin völlig überschätzt.«
»Den Großteil Ihres Lebenseinkommens werden Sie sowieso in den letzten zehn Jahren Ihres Berufslebens verdienen, also machen
Sie doch jetzt nicht wegen ein paar Tausend Euro im Jahr herum.«
»Was Sie hier verdienen, reicht doch zum Leben, andere kommen mit viel weniger aus. Seien Sie froh, dass Sie davon keine vier
Kinder ernähren müssen wie Herr Soundso.«
Lassen Sie uns schauen, was die Gerechtigkeit dazu sagt. Sie hat ein kleines Memo verfasst:
Was Chefs tun können
Liebe Chefs, schauen wir uns das Memo etwas näher an. Die Erwartung, von einem Vollzeitjob leben zu können, ist derart selbstverständlich
und legitim, dass es uns immer wieder erschreckt, wie oft sie enttäuscht wird, wie die Politik sich ernsthaft mit der Frage
auseinandersetzen muss, ob sie dieses Ziel mit gesetzlichem Zwang erreichen kann und soll. Wenn ein Mitarbeiter auf der einen
Seite die volle Arbeitszeit aus seinem Menschenleben hergeben soll, Sie, lieber Chef, auf der anderen Seite aber nicht bereit
sind, dafür das Nötigste zu geben, um dieses Menschenleben zu erhalten: Dann ist der Ausgleich in einer Art und Weise gestört,
die sich durch nichts mehr reparieren lässt. Allein die vielen Zuschriften, die wir über das letzte Jahr erhalten haben, zeigen
uns, welche tiefen Verletzungen eine solche Behandlung verursacht – und wie verbreitet sie leider trotzdem ist.
|26| Auch der zweite Punkt – angemessenes Verhältnis des Gehalts zur Arbeitsleistung – klingt selbstverständlich, ist es aber nicht.
In den meisten Fällen fehlt es schlicht schon daran, dass die Leistung mit brauchbaren Mitteln gemessen wird. Wer brav war
und wer nicht, bleibt auch zum Jahresende das Geheimnis des Weihnachtsmanns. Patrick M. Lencioni hat in seinem Buch
Die
drei Symptome eines miserablen Jobs
drei Umstände herausgearbeitet, die jede Arbeit zur Qual machen. Ganz oben steht: die fehlende Messbarkeit des Arbeitserfolgs.
Nun bemühen sich viele Arbeitgeber ja inzwischen schon redlich, ihre Leute leistungsabhängig zu bezahlen: Zielvereinbarungen,
Balanced Scorecards, gestufte Gewinnbeteiligungen. Aber ein paar Anlaufprobleme gibt es hier schon noch. Da finden wir Begriffe
wie »Breakthrough Targets« und »Leuchtturmprojekte«. So etwas wollen Chefs erreicht sehen, bevor sie die Kasse klingeln lassen.
Was soll das denn bitte sein?
Hohe Ziele sind ja nichts Falsches. Aber: Ist denn die ganz
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