Ohne Chef ist auch keine Loesung
Abteilungsziele erreichen oder nicht,
dann starren sie unbe-teiligt aus dem Fenster und sagen sich: ›Für das bisschen Geld doch nicht.‹
Es ist zum Heulen.«
Ganz schön unterschiedliche Sichtweisen, nicht wahr? Genauso wie in unseren Einstiegsgeschichten, in denen wir bereits sehr
unterschiedliche Standpunkte dazu kennen gelernt haben, wem ein paar Blatt Toilettenpapier oder Kopierpapier wirklich zustehen.
Und wenn Sie ehrlich sind: Keiner der beiden Standpunkte ist völlig von der Hand zu weisen. Gerechtigkeit hat immer viele
Facetten, sie ergibt sich immer nur aus dem Blick aufs Ganze. Aber wir Menschen neigen oft dazu, das Gerechte nur aus einem
Blickwinkel zu bestimmen: zufällig aus unserem. Gerecht ist, was wir gern hätten. Und wenn wir alle so denken, dann gehen
unsere Erwartungen ganz schön auseinander und wir aneinander vorbei – Tag für Tag, Jahr für Jahr, ein ganzes aufreibendes
Arbeitsleben lang.
|21| Was am Gehalt so wichtig ist
Auf unser
Frustjobkillerbuch
erhalten wir bis heute einen großen Strom an Zuschriften: E-Mails, Briefe, Kommentare unter den Rezensionen der Onlinezeitungen.
Die Hauptthese des Buches lautet: Als Arbeitnehmer treffen wir in jedem Job auf ähnliche Probleme; die Erwartungen an den
Job sind einfach viel zu hoch. Ein Job soll Spiel, Spaß und Spannung bieten, Selbstverwirklichung, Lebenssinn, Anerkennung,
nur nette Leute um uns herum, und natürlich viel Geld. Wir haben ein ganzes Bündel an Erwartungen analysiert und an der Realität
gemessen. Wir haben gezeigt, woher Enttäuschungen kommen und wie unzufriedene Mitarbeiter ihre Erwartungen an das Arbeitsleben
realistischer gestalten können.
Geld war dabei eines der Themen, aber nur eines unter vielen. Wir wiesen schon damals darauf hin, dass Geld eine prominente
Rolle für alle Beschäftigten spielt, auch und gerade für solche, die nicht müde werden zu betonen: »Geld ist mir nicht so
wichtig.« Die Bedeutung des Gehalts, so schrieben wir, können wir gar nicht überschätzen, ob wir das zugeben oder nicht.
Die Reaktionen auf das
Frustjobkillerbuch
bestätigten diese Aussage in einer Weise, die wir nicht für möglich gehalten hätten. Obwohl Geld zwar wichtig, aber eben tatsächlich
nicht alles im Leben ist, bezogen sich fast alle Reaktionen, die wir auf unsere Zeilen bekamen, auf das Einkommen. Lassen
Sie uns nur aus zwei Beispielen zitieren, die stellvertretend für viele ähnliche Kommentare stehen:
»Immer mehr Menschen bekommen ein Gehalt, mit dem sie sich nichts aufbauen können, da kann die Arbeit noch so viel Spaß machen.
Wenn in einer Firma eine Zwei- oder sogar Dreiklassengesellschaft herrscht, |22| in der Arbeitnehmer das Gleiche tun und dennoch Hunderte von Euro weniger verdienen, keine Sozialleistungen bekommen, weniger
Urlaub und nur Einjahresverträge, wie soll man sich dann fühlen?«
»Was soll ich machen, wenn ich in einem Hungerlohnbetrieb arbeite, aber daheim die Familie Hunger hat, Energie- und weitere
Kosten bezahlt werden müssen? Wie soll ich meinen Frust darüber bekämpfen, dass ich als Leiharbeitnehmer 20 bis 40 Prozent
weniger verdiene als die direkten Angestellten?«
Und so geht es weiter, Zuschrift für Zuschrift. Über 250 Seiten haben wir über das Arbeitsleben geschrieben und darüber, was
der Arbeitnehmer ändern und für sich selbst verbessern kann. Viele Reaktionen haben das alles beiseitegewischt und unmissverständlich
deutlich gemacht: Wenn die Entlohnung nicht gerecht ist, ist aus Sicht des Mitarbeiters alles andere verloren. Die Motivation
unwiederbringlich erloschen. Über alle anderen Fragen braucht man dann gar nicht mehr zu reden.
Und das ist absolut verständlich! Wir können im Leben kaum einen Fuß vor den anderen setzen, ohne dass es Geld kostet. Wie
hoch oder niedrig unser Kontostand ist, führt uns das Leben auf Schritt und Tritt schonungslos vor Augen: Ohne ausreichenden
Gehaltsnachweis bekommen wir keine Mietwohnung, wir können nichts fürs Alter zurücklegen, uns nicht privat krankenversichern,
uns nicht das schicke Paar Sommerschuhe aus dem Schaufenster leisten und auch nicht den neuen DVD-Festplattenrekorder aus
dem Prospekt des Elektronikmarkts. Wir können das klappernde Auto nicht reparieren lassen oder uns erst gar keines leisten.
Den Traumurlaub müssen wir uns auf den Fotos der Nachbarn anschauen.
Je weniger Geld wir zur Verfügung haben, desto enger sind die Grenzen, an die wir stoßen.
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