Ohne Chef ist auch keine Loesung
am Werk sind, wird es niemals völlig |10| gerecht zugehen. Was wir Menschen denken, entscheiden und tun, wird immer beeinflusst sein von persönlichen Sympathien, Informationsdefiziten,
sachfremden Erwägungen, von Launen. Die Suche nach der perfekt-gerechten Welt ist Illusion und Zeitverschwendung zugleich.
Das ist eine wichtige Einsicht, um die wir nicht herumkommen.
Das heißt aber nicht, dass wir nichts tun könnten. Wir können sogar sehr viel daran ändern, dass Brötchen-Geber und Brötchen-Nehmer
zielsicher aneinander vorbeidenken, aneinander vorbeierwarten, aneinander vorbeischimpfen. Und sich ein Leben lang aneinander
vorbeiärgern. Unser Ansatz besteht darin, Ihnen durch den Dialog zwischen Chef und Mitarbeiter wichtige Einsichten in die
Bedürfnisse und Gefühle des jeweils anderen zu vermitteln.
Sie und Ihr Chef werden auch in Zukunft aufeinander angewiesen sein und einen Großteil Ihres Tages, ja sogar Ihres Lebens
miteinander verbringen. Wenn Sie sich nicht immer weiter voneinander entfernen und damit immer unzufriedener miteinander werden
wollen, ist es höchste Zeit, einen Blick aus der Position des jeweils anderen zu wagen.
Das heißt nicht, dass Sie am Ende die Sicht Ihres Chefs gutheißen müssen – und Ihr Chef Ihren Standpunkt übernehmen muss.
Wenn wir aber überhaupt einmal die Sicht der anderen Seite zur Kenntnis nehmen, ihre Hintergründe verstehen lernen – dann
ist das ein unverzichtbarer Schritt für ein gedeihliches Miteinander, für ein zufriedeneres Miteinander. Für das einzig mögliche
Miteinander, das der Arbeitswelt überhaupt eine Zukunft geben kann. Ein solches Verständnis, Interesse füreinander, ja überhaupt
der Gedanke daran, dass die jeweils »andere Seite« mit dem, was sie tut, irgendein legitimes Interesse verfolgen könnte –
das ist uns heute weitgehend abhandengekommen.
|11| Der psychologische Arbeitsvertrag
Wir untersuchen damit in diesem Buch die Interessenlage im Arbeitsverhältnis des 21. Jahrhunderts: die Erwartungen, die Sie
und Ihr Chef aneinander haben. Wir vollziehen nach, woher diese Erwartungen kommen, sortieren die unberechtigten aus und schauen,
wie sich aus den berechtigten eine Win-win-Situation machen lässt – sodass aus dem Hauen und Stechen ein Geben und Nehmen
werden kann.
Wir benennen für beide Seiten die Rechte und Pflichten, die
nicht
im Arbeitsvertrag stehen. Denn ein Arbeitsvertrag enthält nicht nur das Groß- und Kleingedruckte, sondern auch jede Menge
gar nicht Gedrucktes. Das gar nicht Gedruckte enthält all die Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche, die schon im Vorstellungsgespräch
über dem Verhandlungstisch schweben. Während Ihr zukünftiger Chef und Sie über Gehalt, Urlaubstage, ja nicht selten schon
selbst über Bürogröße und Zahl der Fenster ausdrücklich und hart feilschen, hängen diese sonstigen gegenseitigen Erwartungen
einfach lautlos im Raum. Und bleiben dort, damit sich beide jeden Tag wieder neu an ihnen den Kopf stoßen. Aber keiner spricht
sie an, weil jeder sie für selbstverständlich hält.
Oder sagen wir besser: Jeder hält seine eigenen Erwartungen für selbstverständlich. Viel zu selten machen wir uns Gedanken
darüber, was andere vielleicht unausgesprochen von uns erwarten – und was wir selbst erwarten dürfen und was nicht: Dass Sie
sich von Ihrem Chef eben mehr erhoffen, als dass er nur jeden Monat pünktlich das im schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarte
Gehalt überweist. Dass Ihr Chef von Ihnen eben mehr erwartet, als dass Sie nur die im Arbeitsvertrag vereinbarte Zeit irgendwie
auf Ihrem Bürostuhl absitzen.
|12| Wir nennen das, was da so still im Raum schwebt, den psychologischen Arbeitsvertrag. Ihn schließen wir neben dem »normalen«
Arbeitsvertrag ab, ohne Worte, auf einem unsichtbaren Blatt Papier.
Dieser psychologische Arbeitsvertrag enthält viele gegensätzliche Interessen. Er erfordert ein sehr komplexes Geben und Nehmen,
das leicht aus dem Gleichgewicht geraten kann. Wenn die unausgesprochenen Hoffnungen enttäuscht werden, wenn Sie als Mitarbeiter
meinen, dass dieses Gleichgewicht des psychologischen Arbeitsvertrags nicht mehr stimmt – dann passen Sie die Situation an
und reduzieren auch Ihren eigenen Beitrag weiter. Das ist menschlich. Und ebenso macht das Ihr Arbeitgeber. Damit setzen jedoch
beide eine Spirale in Gang, die in Frust und Produktivitätsverlust endet.
Wir möchten deshalb in diesem Buch mit Ihnen
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