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Ohne dich kein Sommer - Roman

Ohne dich kein Sommer - Roman

Titel: Ohne dich kein Sommer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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sich jetzt so gut an, besser als je zuvor.
    Steven holte mich auf den Boden zurück. »Wieso sollte Conrad dich anrufen?«, fragte er irritiert.
    Ich ignorierte ihn, nahm meiner Mutter den Hörer aus der Hand und ging weg – weg von Steven, weg von der Fernbedienung, weg von meinem schmelzenden Eis. Nichts davon war jetzt noch wichtig. Ich ließ Conrad warten, bis ich die Treppe erreicht hatte und saß, erst dann sagte ich: »Hey.«
    Ich versuchte, nicht zu lächeln, ich wusste, er würde es meiner Stimme anmerken.
    »Hey«, sagte er, »was tut sich so bei dir?«
    »Nicht viel.«
    »Weißt du was? Mein Zimmergenosse schnarcht noch lauter als du.«
    Am nächsten Abend rief er wieder an und auch am übernächsten. Wir telefonierten stundenlang. Anfangs war Steven noch verwirrt, wenn diese Anrufe für mich waren und nicht für ihn. »Wieso ruft Conrad dich plötzlich dauernd an?«, wollte er wissen.
    »Wieso wohl? Er mag mich. Wir mögen uns.«
    Steven tat, als müsste er würgen. »Der hat den Verstand verloren«, sagte er kopfschüttelnd. »Findest du es unmöglich, dass ein Conrad Fisher mich mögen könnte?«, fragte ich mit trotzig verschränkten Armen.
    Über seine Antwort musste Steven keine Sekunde nachdenken. »Allerdings«, sagte er. »Total unmöglich.«
    Wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen: Er hatte recht.
    Es war wie ein Traum. Unwirklich. Nach all dem Wünschen und Sehnen und Schmachten, Jahr um Jahr, ganze Sommer lang, rief er auf einmal mich an. Er redete gern mit mir. Ich brachte ihn zum Lachen, selbst wenn ihm gar nicht danach war. Ich verstand, was er durchmachte, denn mir ging es ganz ähnlich. Es gab nur wenige Menschen auf der Welt, die Susannah so liebten wie wir. Und ich dachte, das müsse reichen.
    Etwas entwickelte sich zwischen uns. Etwas, das nie genauer definiert wurde, aber da war. Etwas Tolles.
    Ein paarmal fuhr er die dreieinhalb Stunden vom College zu mir. Einmal blieb er über Nacht, weil es so spät geworden war, dass meine Mutter nicht wollte, dass er noch zurückfuhr. Conrad übernachtete im Gästezimmer, während ich stundenlang schlaflos in meinem Bett lag und mir vorstellte, wie er nur wenige Schritte von mir entfernt schlief, bei mir zu Hause, ausgerechnet.
    Steven nervte total, er rückte uns die ganze Zeit auf die Pelle, sonst hätte Conrad wenigstens versucht, mich zu küssen, das wusste ich. Aber mein Bruder war dauernd um uns rum, und so lange war das praktisch unmöglich. Wenn Conrad und ich zum Beispiel vor dem Fernseher saßen, quetschte Steven sich einfach dazwischen. Er redete mit Conrad über irgendwelchen Kram, von dem ich nichts verstand oder der mich langweilte, Football zum Beispiel. Einmal, nach dem Essen, fragte ich Conrad, ob er vielleicht Lust hätte, Eis essen zu gehen, und sofort mischte Steven sich ein und meinte: »Klingt gut.« Ich funkelte ihn böse an, doch er grinste bloß zurück. Da nahm Conrad meine Hand, vor Steven, und sagte: »Warum gehen wir nicht alle?« Das taten wir dann auch, sogar meine Mutter ging mit. Es war nicht zu fassen – da hatte ich endlich ein Date, und auf dem Rücksitz saßen meine Mutter und mein Bruder.
    Aber eigentlich machte das alles jene eine erstaunliche Nacht im Dezember nur umso schöner. Conrad und ich fuhren nach Cousins zurück, nur wir zwei. Vollkommene Nächte sind so selten, aber diese war es wirklich. Eine Nacht, für die sich jedes Warten lohnt.
    Ich bin froh, dass wir sie hatten.
    Denn im Mai war alles aus.

3
    Ich bin früh von Marcy aufgebrochen. Taylor habe ich gesagt, ich wolle mich noch ein bisschen hinlegen, um fit zu sein für Justins Party. Teilweise stimmte das auch, ich wollte mich wirklich ausruhen, aber die Party war mir völlig egal. Sobald ich zu Hause war, zog ich mir mein weites Cousins-T-Shirt an, füllte eine große Wasserflasche mit Traubenlimo und zerstoßenem Eis und hängte mich dann so lange vor den Fernseher, bis mir der Kopf dröhnte.
    Außer dem Fernseher und der Klimaanlage, die sich an- und abschaltete, war kein Mucks zu hören. Nur wunderbare, friedliche Stille. Ich hatte das ganze Haus für mich. Steven hatte einen Sommerjob im Elektroniksupermarkt Best Buy. Er sparte nämlich auf einen 50-Zoll-Flachbildschirm, den er im Herbst mit ans College nehmen wollte. Meine Mutter war zwar da, saß aber bloß den ganzen Tag am Schreibtisch. Sie habe noch so viel Arbeit nachzuholen, sagte sie.
    Ich verstand sie. An ihrer Stelle hätte ich auch allein sein wollen.
    Taylor kam gegen sechs.

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