Ohne dich kein Sommer - Roman
hier und warte auf ihn.«
Jeremiah sah mich an: »Was willst du tun?«
»Ich komme mit dir«, sagte ich, hängte mir meine Tasche um und griff nach Taylors Schuhen.
Er stand auf und nahm mir die Tasche von der Schulter. »Okay, dann gehen wir.« Zu Conrad sagte er: »Wir sehen uns zu Hause.«
Ich fragte mich, welches Zuhause er meinte – das Sommerhaus oder das andere. Aber das spielte vermutlich keine Rolle.
»Tschüss, Conrad«, sagte ich und ging aus der Tür. Taylors Schuhe behielt ich in der Hand, ich konnte mich nicht aufraffen, sie anzuziehen. Ich sah mich nicht um. Und auf einmal überkam mich dieses Gefühl, eine innere Freude, die Befriedigung, die zu sein, die als Erste geht.
Auf dem Weg zum Parkplatz meinte Jeremiah: »Vielleicht solltest du deine Schuhe anziehen. Sonst schneidest du dich noch.«
»Es sind Taylors Schuhe«, sagte ich achselzuckend, und als ich begriff, dass das keine Begründung war, fügte ich noch hinzu: »Sie sind mir sowieso zu klein.«
»Willst du fahren?«, fragte er.
Ich überlegte kurz, dann sagte ich: »Nein, danke. Fahr du.«
Er hielt mir die Tür auf der Beifahrerseite auf. »Du fährst doch sonst immer so gern mit meinem Auto.«
»Ja, schon. Aber heute bin ich lieber Beifahrer.«
»Sollen wir erst irgendwo frühstücken?«
»Nein«, sagte ich. »Ich will nur noch nach Hause.«
Bald waren wir auf dem Highway. Ich ließ mein Fenster ganz herunter, streckte den Kopf hinaus und ließ meine Haare im Wind wehen, einfach so. Steven hatte mal gesagt, wenn Mädchen das beim Autofahren machten, würden sich Insekten und anderes in ihren Haaren verfangen. Aber mir war das egal, es fühlte sich nun mal gut an. Es gab mir ein Gefühl von Freiheit.
Jeremiah warf mir einen Blick zu und sagte: »Du erinnerst mich an Boogie, unseren alten Hund. Der fand es auch immer toll, beim Fahren den Kopf aus dem Fenster zu recken.«
Noch immer hatte er diesen höflichen, distanzierten Tonfall.
»Du hast noch kein Wort gesagt. Zu gestern.« Ich sah verstohlen zu ihm hinüber, und mein Herz klopfte bis in die Ohren.
»Was gibt’s da noch zu sagen?«
»Ich weiß nicht. Eine Menge.«
»Belly –«, fing er an. Dann brach er kopfschüttelnd ab und atmete tief aus.
»Was? Was wolltest du sagen?«
»Nichts.«
Ich streckte einen Arm aus, nahm seine Hand und verschränkte meine Finger mit seinen. Es fühlte sich an wie das Richtigste, was ich seit Langem getan hatte.
Ich hatte Angst, er würde seine Hand aus meiner lösen, doch er tat es nicht. Und so hielten wir uns für den Rest der Fahrt an den Händen.
Einige Jahre später
Wenn ich versucht hatte, mir die Zukunft vorzustellen, dann gehörte jedes Mal derselbe Junge dazu. In meinen Träumen war die Zukunft fest umrissen. Eine sichere Sache.
So hatte ich es mir nie vorgestellt. Ich, im weißen Kleid, im strömenden Regen, renne zum Auto. Er rennt vor mir her und macht mir die Beifahrertür auf.
»Bist du sicher?«, fragt er mich.
»Nein«, sage ich und steige ein.
Die Zukunft liegt im Nebel. Aber sie gehört mir, und das zählt.
Dank
Mein aufrichtiger Dank gilt Emily van Beek,
Holly McGhee und Elena Mechlin von Pippin Properties
sowie Emily Meehan und Julia Maguire von Simon & Schuster.
Ebenso danke ich meinen ersten Leserinnen –
Caroline, Lisa, Emmy, Julie und Siobhan.
Es ist ein großes Glück, euch alle zu kennen!
Jenny Han
Jenny Han, 1980 in Virginia/USA geboren, studierte in North Carolina und machte ihren Master of Fine Arts in New York. Heute lebt sie in Brooklyn. Mit dem ersten Teil ihrer Sommer-Trilogie Der Sommer, als ich schön wu r de (Hanser, 2011) gelang ihr der Durchbruch als Schriftstellerin. Auf den zweiten Teil Ohne dich kein Sommer (2012) folgte das Finale Der Sommer, der nur uns gehörte . Ihr Debüt Zitronensüß erschien 2011 in der Reihe Hanser bei dtv.
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