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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Hause ging. Sylvia, die Leiterin der Theatergruppe, probte am nächsten Morgen für die große jährliche Schulaufführung; dieses Jahr wurde »Verdammte Yankees« gespielt. Da meine halbe Schreibklasse an der Aufführung mitwirkte, fiel die erste Stunde aus. Wenn so viele fehlten, würden sich die anderen auch nicht blicken lassen.
    Als Grace am nächsten Morgen an ihrem Toast mit Marmelade kaute, sagte ich also: »Rat mal, wer dich heute zur Schule bringt.«
    Ihre Miene hellte sich auf. » Du? Wirklich?«
    »Und ob. Ich habe schon mit Mom gesprochen. Meine erste Stunde fällt heute flach, also kann ich dich bringen.«
    »Echt? Nur wir beide?«
    Ich hörte, wie Cynthia die Treppe herunterkam, und legte den Zeigefinger an die Lippen. Grace war sofort mucksmäuschenstill.
    »Dein Daddy bringt dich heute zur Schule, Mäuschen«, sagte Cynthia. Mäuschen. So hatte ihre eigene Mutter sie auch immer genannt. »Gut?«
    »O ja!«
    Cynthia zog eine Augenbraue hoch. »Aha. Meine Gesellschaft gefällt dir also nicht.«
    »Mom«, sagte Grace.
    Cynthia lächelte. Wenn sie tatsächlich eingeschnappt war, ließ sie sich nichts anmerken.
    »Hast du mir die Erlaubnis geschrieben?«, fragte Grace.
    »Welche Erlaubnis?«, fragte Cynthia zurück.
    »Für den Ausflug«, sagte Grace. »Dafür brauchen wir eine schriftliche Erlaubnis.«
    »Süße, du hast mir nichts von einem Ausflug erzählt«, sagte Cynthia. »Du kannst uns so etwas nicht immer erst in letzter Minute sagen.«
    »Wo geht der Ausflug denn hin?«, fragte ich.
    »Wir schauen uns heute die Feuerwache an, aber ohne Erlaubnis dürfen wir nicht mit.«
    »Warum hast du uns das nicht schon …«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Ich kümmere mich drum.«
    Ich eilte nach oben in das Zimmer, das wir gleichzeitig als Büro und Nähzimmer benutzen. In der Ecke steht der Schreibtisch; hier korrigiere ich Tests und Schularbeiten und bereite meine Unterrichtsstunden vor. Neben dem Computer steht meine alte Royal-Schreibmaschine aus Studententagen, die ich für kurze Notizen immer noch benutze, da meine Handschrift seit jeher kaum jemand entziffern kann.
    Außerdem finde ich es zuweilen einfacher, ein Blatt Papier einzuspannen, statt gleich den Computer einzuschalten, ein neues Dokument aufzurufen, die Notiz zu schreiben, den Drucker anzustellen und das Getippte auszudrucken … Sie verstehen bestimmt, was ich meine.
    Ich tippte ein paar Zeilen, die es unserer Tochter ermöglichten, das Schulgelände zu verlassen und an der Besichtigung der Feuerwache teilzunehmen. Blieb nur zu hoffen, dass das »e«, das wie ein »c« aussah, nicht für Verwirrung sorgen würde; auf dem Papier schien »Gracc« statt »Grace« zu stehen.
    Ich ging wieder hinunter, reichte Grace das zusammengefaltete Blatt Papier und bat sie, den Zettel in ihren Rucksack zu stecken.
    An der Tür sagte Cynthia: »Warte auf jeden Fall ab, bis sie im Gebäude ist.« Grace fuhr abrupt zu uns herum, obwohl sie außer Hörweite war.
    »Und was ist, wenn die Kids noch draußen spielen?«, fragte ich. »Soll ich wie ein Sittenstrolch herumlungern und warten, bis sie die Polizei rufen?«
    »Das würde bei einem Kerl wie dir ja auch jeder vernünftige Mensch tun.« Cynthia lächelte. »Dann reicht es, wenn du sie auf den Schulhof bringst.« Sie zog mich an sich. »Wann musst du zur Arbeit?«
    »Erst zur zweiten Stunde.«
    »Dann hast du ja fast eine ganze Stunde übrig«, sagte sie und bedachte mich mit einem Blick, den ich leider nicht ganz so oft sah, wie es mir lieb gewesen wäre.
    »Genau«, sagte ich so unbeteiligt wie möglich. »Das ist korrekt, Mrs Archer. Hatten Sie an etwas Bestimmtes gedacht?«
    »Das könnte sein, Mr Archer.« Cynthia hauchte mir einen Kuss auf die Lippen.
    »Meinst du nicht, Grace wird misstrauisch, wenn ich mit ihr im Eiltempo zur Schule hetze?«
    »Also dann«, sagte sie und schob mich aus der Tür.
    »Und was hast du jetzt vor?«, fragte Grace, als wir zusammen die Straße hinuntergingen.
    »Wie, vor?«, fragte ich. »Was soll ich vorhaben?«
    »Na ja, wie weit willst du mitkommen?«
    »Ich dachte, ich komme mit rein und setze mich für ein Stündchen neben dich.«
    »Dad, hör auf, Witze zu machen.«
    »Witze? Ich wäre wirklich gern mal dabei. Um zu sehen, ob du auch ordentlich mitarbeitest.«
    »Du würdest gar nicht hinter den Tisch passen«, sagte Grace.
    »Ich könnte mich ja draufsetzen«, sagte ich. »Da bin ich nicht wählerisch.«
    »Mom war ja heute richtig gut aufgelegt«, sagte

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