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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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uns eine Minute entschuldigen?«
    Er nickte. Ich ergriff Cynthia am Arm und führte sie nach draußen vor die Haustür. Unser Haus ist so klein, dass Abagnall unsere Unterredung garantiert mitbekommen hätte, wenn wir in die Küche gegangen wären.
    »Was ist denn hier los?«, fragte ich.
    »Ich habe das Warten satt«, sagte Cynthia. »Ich mache das nicht länger mit, das ewige Herumsitzen und Däumchendrehen. Es wird Zeit, dass endlich mal was passiert.«
    »Was erwartest du denn?«, fragte ich. »Cynthia, die Spur ist eiskalt. Das Ganze ist fünfundzwanzig Jahre her.«
    »Na, danke«, sagte sie. »Fast hätte ich’s vergessen.«
    Ich verdrehte die Augen.
    »Das mit dem Hut ist jedenfalls nicht vor fünfundzwanzig Jahren passiert«, sagte sie. »Sondern diese Woche. Und der anonyme Anruf ist ebenfalls keine fünfundzwanzig Jahre her.«
    »Schatz«, sagte ich. »Selbst wenn ich es für eine gute Idee halten würde, einen privaten Ermittler einzuschalten, bleibt immer noch die Frage, ob wir uns das leisten können. Was kostet er überhaupt?«
    Sie nannte mir seinen Tagessatz. »Und dazu kommen dann noch die Spesen«, sagte sie.
    »Okay, und wie lange soll er ermitteln?«, fragte ich. »Eine Woche? Einen Monat? Ein halbes Jahr? Womöglich beschäftigt er sich ein ganzes Jahr damit, ohne auch nur das Geringste herauszufinden.«
    »Wir könnten mit der Hypothekenzahlung aussetzen«, sagte Cynthia. »Weißt du noch, der Brief vom letzten Jahr, in dem drinstand, dass man mit der Zahlung zwischendurch aussetzen kann, wenn man sich zu Weihnachten etwas Besonderes leisten will? Und das könnte doch dieses Jahr mein Weihnachtsgeschenk sein.«
    Ich sah zu Boden und schüttelte den Kopf. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte.
    »Was ist nur los mit dir, Terry?«, fragte Cynthia. »Ich habe dich nicht zuletzt deshalb geheiratet, weil ich wusste, dass du immer zu mir stehen würdest. Und lange Zeit hast du das auch getan. Aber allmählich kommt es mir vor, als wärst du nicht mehr derselbe Mensch. Vielleicht hast du es ja einfach satt, ewig Verständnis zu heucheln. Vielleicht glaubst du mir ja auch einfach nichts mehr.«
    »Cynthia, ich …«
    »Vielleicht habe ich mich auch deshalb entschlossen, es mit einem Privatdetektiv zu versuchen. Weil er nicht über mich urteilt. Weil er mich nicht für eine Verrückte hält.«
    »Ich habe nie gesagt, dass du …«
    »Das brauchst du auch gar nicht«, sagte Cynthia. »Ich habe es an deinem Blick gesehen. Als ich im Einkaufszentrum plötzlich meinte, ich hätte meinen Bruder gesehen. Du hast gedacht, ich hätte den Verstand verloren. Na, ist es das, was du Rolly bei euren Treffs erzählst? Dass deine Frau nicht mehr alle Tassen im Schrank hat?«
    »O Gott«, sagte ich. »Dann zieh eben deine Nummer mit dem verdammten Detektiv durch.«
    Ihre Ohrfeige traf mich aus heiterem Himmel. Und Cynthia hatte wohl auch gar nicht vorgehabt, mich zu ohrfeigen. Es passierte einfach, ein Wutausbruch, der mich wie ein Donnerschlag traf. Ein paar Sekunden lang waren wir beide sprachlos. Cynthia sah mich bestürzt an, hielt die Hände erschrocken vor den offenen Mund.
    »Gut, dass es nicht deine Rückhand war«, sagte ich schließlich. »Sonst wäre ich wahrscheinlich zu Boden gegangen.«
    »Terry«, sagte sie. »Das wollte ich nicht. Ich habe die Nerven verloren.«
    Ich zog sie eng an mich. »Es tut mir leid«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Ich bin für dich da, wann immer du mich brauchst.«
    Sie umarmte mich und presste den Kopf an meineBrust. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass wir unser Geld zum Fenster hinauswerfen würden. Doch selbst wenn Denton Abagnall nichts herausfand, musste Cynthia vielleicht einfach so handeln. Vielleicht hatte sie recht. Es war eine Möglichkeit, das ganze Kuddelmuddel in den Griff zu bekommen.
    Zumindest vorübergehend. Solange wir es uns leisten konnten. Ich überlegte kurz. Wenn wir einmal mit der Hypothekenrate aussetzten und unser Videotheken-Budget für die nächsten Monate drastisch kürzten, konnten wir uns seine Dienste für etwa eine Woche leisten.
    »Okay, einverstanden«, sagte ich. Sie drückte mich noch ein wenig fester an sich.
    »Wenn er nicht bald etwas herausfindet«, sagte sie, »blasen wir das Ganze ab.«
    »Was weißt du über den Typ?«, fragte ich. »Ist er zuverlässig? Diskret?«
    Cynthia machte sich von mir los und schniefte. Ich griff in die Hosentasche und reichte ihr mein Taschentuch; sie tupfte sich die Augen ab und schnäuzte sich.

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