Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
könnten sich daraus bestimmte Dinge erklären.«
    »Du redest, als wüsstest du bereits, was sie in petto hat.«
    Meine Kehle war trocken. Ich ging zur Spüle, drehte den Wasserhahn auf und schenkte mir ein Glas Wasserein. Dann wandte ich mich um und lehnte mich gegen die Anrichte.
    »Okay«, sagte ich. »Grace, kannst du uns bitte mal kurz allein lassen?«
    »Aber ich habe doch noch gar nicht aufgegessen.«
    »Dann nimm den Teller mit vor den Fernseher.«
    Sie nahm ihren Teller, zog einen Flunsch und trottete aus der Küche. Offensichtlich glaubte sie, mal wieder das Beste zu verpassen.
    »Also«, sagte ich zu Cynthia. »Bevor sie die endgültigen Untersuchungsergebnisse erhalten hat, dachte Tess, sie sei tödlich erkrankt.«
    Cynthia musterte mich reglos. »Und du wusstest das.«
    »Ja. Tess glaubte, sie würde nicht mehr lange leben.«
    »Und ihr habt es mir verschwiegen.«
    »Bitte, Cyn. Lass mich die Sache in Ruhe erklären. Sauer werden kannst du später immer noch.« Ich hielt kurz inne, während sie mich mit eisigem Blick fixierte. »Du warst wahnsinnig angespannt, und deshalb hat Tess zunächst nur mich eingeweiht. Sie befürchtete, du würdest damit nicht fertigwerden. Und im Grunde hat sie genau das Richtige getan. Weil es eben eine Fehldiagnose war.«
    Cynthia schwieg.
    »Aber da ist noch eine andere Sache. Etwas, was Tess unbedingt loswerden wollte – eben weil sie dachte, dass sie bald sterben würde.«
    Und so erzählte ich Cynthia alles. Ich erzählte ihr von der anonymen Nachricht und von dem Geld, dasTess erhalten hatte. Dass damit ihr Studium finanziert worden war. Dass der anonyme Spender geschrieben hatte, Cynthia dürfe nie davon erfahren, und Tess deshalb geschwiegen hatte – aus Angst, dass der Geldstrom sonst versiegen würde.
    Cynthia hörte mir genau zu, unterbrach mich nur wenige Male, um die eine oder andere Frage zu stellen, bis ich ihr alles bis ins kleinste Detail auseinandergesetzt hatte.
    Wie gelähmt saß sie da, als ich fertig war. »Ich glaube, jetzt brauche ich erst mal einen Drink«, sagte sie.
    Ich holte eine Flasche Whiskey aus der Speisekammer und schenkte ihr zwei Fingerbreit ein. Sie trank das Glas langsam, aber auf einen Zug aus, und ich schenkte ihr nach.
    Sie leerte das Glas abermals auf einen Zug. »Okay«, sagte sie dann. »Fahren wir zu Tess.«

    Ich hätte Grace lieber nicht mitgenommen, aber auf die Schnelle hätten wir sowieso keinen Babysitter bekommen; ganz abgesehen davon, dass uns nach dem nächtlichen Vorfall mit dem Fremden nicht sehr wohl dabei gewesen wäre, Grace allein zu lassen, ob mit oder ohne Babysitter.
    Grace nahm ihr Buch über das Universum und eine DVD  – Contact mit Jodie Foster – mit, um sich damit zu beschäftigen, während die Erwachsenen miteinander redeten.
    Auf der Fahrt war Grace nicht so gesprächig wie sonst;offenbar spürte sie die Spannung zwischen uns und blieb lieber in Deckung.
    »Auf dem Rückweg können wir uns ja noch ein Eis holen«, sagte ich, nur um das Schweigen zu brechen. »Obwohl Tess bestimmt noch Eis von ihrem Geburtstag übrig hat.«
    Als wir von der Landstraße in Tess’ Straße abbogen, zeigte Cynthia auf das Haus. »Ihr Wagen steht da.«
    Tess fuhr einen Subaru-Geländewagen. Sie sagte immer, dass sie nicht zu Hause verhungern wolle, falls draußen mal ein Schneesturm wütete.
    Grace sprang als Erste aus dem Auto und lief zur Haustür. »Hey«, rief ich. »Warte mal. Du kannst nicht einfach so hineinplatzen.«
    Wir folgten ihr zur Tür. Ich klopfte, und als niemand antwortete, noch einmal, diesmal ein bisschen lauter.
    »Vielleicht ist sie im Garten«, sagte Cynthia.
    Wir gingen ums Haus herum. Grace lief wie üblich vor uns her, und noch bevor wir das Haus umrundet hatten, kam sie uns schon wieder entgegen. »Da ist sie auch nicht.« Wir sahen zwar noch selbst nach, aber Grace hatte recht. Der Garten lag verwaist im Zwielicht der Dämmerung.
    Cynthia klopfte an die Hintertür, die in Tess’ Küche führte.
    Keine Antwort.
    »Merkwürdig«, sagte sie. Ebenso merkwürdig war, dass im Haus kein Licht brannte.
    Ich trat an Cynthia vorbei und spähte durch das kleine Fenster in der Hintertür.
    Ich war mir nicht ganz sicher, aber es kam mir so vor,als läge dort etwas auf dem schwarzweiß gemusterten Küchenboden.
    Ein menschlicher Körper.
    »Cynthia«, sagte ich. »Bring Grace sofort zum Auto.«
    »Was ist denn los?«
    »Lass sie unter keinen Umständen ins Haus.«
    »O Gott, Terry«, flüsterte

Weitere Kostenlose Bücher