Ohne ein Wort
herunter.
»Geht es Ihnen gut, Mrs Archer?«, fragte Abagnall.
Sie nickte und setzte sich.
Er räusperte sich. »Wirklich? Da ist nämlich noch etwas, über das ich Sie gern informieren würde.«
»Kein Problem«, sagte Cynthia.
»Hmm, vielleicht gibt es ja eine ganz einfache Erklärung für meine Entdeckung. Möglich, dass es sich um einen Fehler der Behörde handelt. Auf Ämtern läuft ja so manches schief.«
»Was meinen Sie?«
»Da Sie ja kein Foto Ihres Vaters besitzen, habe ich bei der Kfz-Zulassungsstelle nachgehakt. Tja, aber auch dort konnte man mir leider nicht weiterhelfen.«
»Wie? Sie hatten kein Bild von ihm?«, fragte Cynthia. »Waren denn damals, als er den Führerschein gemacht hat, überhaupt schon Lichtbilder erforderlich?«
»Die Frage stellt sich gar nicht«, sagte Abagnall. »Es gibt dort nämlich überhaupt keine Unterlagen über Ihren Vater.«
»Was meinen Sie damit?«
»Dass Ihr Vater dort nicht erfasst ist, Mrs Archer. Soweit es die Kfz-Zulassungsstelle betrifft, hat er nie existiert.«
NEUNZEHN
»Aber Sie sagten ja bereits, dass es sich auch um einen Fehler handeln könnte«, sagte Cynthia. »Es verschwindet doch alles Mögliche aus Datenbanken.«
Denton Abagnall nickte. »Da haben Sie recht. Der Umstand, dass Clayton Bigge bei der Kfz-Zulassungsstelle nicht vorkommt, beweist für sich allein überhaupt nichts. Aber schließlich hat jeder eine Sozialversicherungsnummer. Und genau das habe ich anschließend gecheckt.«
»Und?«, sagte Cynthia.
»Ebenso Fehlanzeige. Und zwar auf ganzer Linie, Mrs Archer. Wir haben nicht mal ein Bild Ihres Vaters. Ich habe mir den Inhalt Ihrer Schuhkartons genau angesehen, aber nicht das Geringste gefunden, was uns weiterbringen würde, nicht mal eine Gehaltsabrechnung. Erinnern Sie sich, wie die Firma hieß, für die er als Vertreter unterwegs war?«
Cynthia überlegte. »Nein«, sagte sie dann.
»Beim Finanzamt bin ich ebenso wenig fündig geworden. Ich muss davon ausgehen, dass er nie in seinem Leben Steuern gezahlt hat. Jedenfalls nicht unter dem Namen Clayton Bigge.«
»Was wollen Sie damit andeuten?«, fragte Cynthia. »Dass er ein Spion war? Ein Geheimagent oder so was?«
Abagnall lächelte. »Wohl eher nicht. Das scheint mir ein wenig hoch gegriffen.«
»Immerhin war er viel unterwegs.« Cynthia sah mich an. »Was meinst du? Könnte er für einen Geheimdienst gearbeitet haben?«
»Ich weiß nicht«, sagte ich zögernd. »Wenn wir so weitermachen, fragen wir uns als Nächstes, ob er nicht von einem anderen Planeten kam. Vielleicht war er ja nur hier, um sich ein Bild von uns Menschen zu machen – und am Ende hat er deine Mutter und deinen Bruder mit ins All genommen.«
Cynthia musterte mich irritiert. Sie wirkte, als sei ihr immer noch schwindelig.
»War bloß ein Witz«, sagte ich entschuldigend.
Abagnall brachte uns auf den Boden der Tatsachen zurück. »Also, meine Theorien sehen ein wenig anders aus.«
»Und wie?«, fragte ich.
Er nippte an seinem Kaffee. »Ich hätte mindestens ein halbes Dutzend in der Hinterhand«, sagte er dann.
»Jedenfalls stellen sich folgende Fragen: Lebte Ihr Vater unter falschem Namen? Versuchte er vielleicht, einer kriminellen Vergangenheit zu entfliehen? Wollte Vince Fleming an jenem Abend Rache nehmen? Stand Ihr Vater womöglich in irgendeiner Verbindung zu Anthony Flemings Verbrechernetzwerk?«
»Wir haben überhaupt keinen Anhaltspunkt«, sagte Cynthia.
Abagnall lehnte sich in die Sofakissen zurück. »Ich weiß nur, dass sich die Fragen in diesem Fall geradezu exponentiell häufen. Insofern muss ich Sie fragen,ob ich überhaupt mit meinen Nachforschungen fortfahren soll. Meine Dienste haben Sie bereits mehrere hundert Dollar gekostet, und es könnten Tausende werden. Wenn Sie wünschen, können wir jetzt auch aufhören. Ich würde Ihnen dann einen detaillierten Bericht über meine bisherigen Erkenntnisse liefern. Oder ich mache weiter. Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen.«
Cynthia öffnete den Mund, aber bevor sie etwas sagen konnte, fuhr ich ihr in die Parade: »Machen Sie weiter.«
»Okay«, sagte er. »Wie Sie wollen. Die finanzielle Seite können wir später regeln. In achtundvierzig Stunden kann ich Ihnen mehr sagen.«
»Geben Sie einfach zwischendurch Bescheid, wie es läuft«, sagte ich.
»Ich werde diesen Vince Fleming mal ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen. Glauben Sie, er wäre fähig gewesen, Ihrer Familie etwas anzutun, Mrs Archer? So jung er damals auch
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