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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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suchen helfen?«
    Der Gestank nach verschmortem Plastik nimmt zu. Ich weiß, dass Mom den Toaster benutzt und vergessen hat, ihn auszuschalten. Falls er verschmort, wird Dad ausrasten.
    »Gut, ich werd ihn ausschalten.«
    Ein leises Zischen ist zu hören. Rauchfähnchen dringen aus allen Ritzen des Toasters. Irgendwas flackert orange. Ich springe zurück. Bevor ich den Ausschaltknopf drücken kann, verwandelt sich das Flackern. Lange, gekrümmte Feuerkrallen züngeln hervor und brennen tiefschwarze Schrammen in die Wand.
    »Mom   …« Meine Stimme bricht.
    Der Toaster geht in Flammen auf und ein Feuerstrom schießt hinauf bis zur Decke. Mom und Jenna kreischen, aber ich kann nicht aufhören hinzusehen. Die Flammenhaben Augen – harte schwarze Diamanten in einem Gesicht aus blau-orangem Feuer. Und sie starren mich direkt an.
    »Hol den Feuerlöscher!«, schreit Mom.
    Das passiert nicht wirklich. Das passiert nicht wirklich, passiertnichtwirklichnichtwirklichnichtwirklich. Ist nur ein weiterer Traum, Cam. Wach einfach auf.
Aber ich kann nicht. In meinen Ohren höre ich das Zischen und Knistern der Flammen näher kommen. Zitternd gehe ich zu Boden. Über mir lachen die Feuerriesen, und ich spüre das Brennen in mir wie einen Virus, den ich nicht auslöschen kann.
    Helft mir. Helft mir. Helft mir.
    »Cameron? Was ist mit dir los, Cameron?«, schreit Mom. »Jenna – hol deinen Vater. Frank! Frank!«
    Mom stürzt sich mit ihrem vollen Gewicht auf mich, aber ich schlage um mich. Ich will nicht schlagen. Es passiert einfach. Stopp. Mein Gehirn brüllt den Befehl, aber meine Beine folgen nicht.
    »Cameron?« Moms Augen stehen vor Angst weit offen. Ich will es ihr erklären, möchte sie warnen, aber ich kann keine Worte formulieren. Und die Feuerriesen sind so nah – ein Gefühl, als ob mich ihre Hitze schmelzen lässt. Einer beugt sich nieder. Seine flammende Zunge schlängelt heraus, leckt meinen Arm bis hoch zur Schulter und jagt Schmerzen wie von tausend Nadelstichen durch meinen Körper. Dabei ertönt dieses schreckliche Gelächter, das ich schon im Baumwollfeld gehört habe. Ich kann nicht aufwachen und ich kann es nicht aufhalten.
    Dann höre ich nur noch ein einziges Geräusch – mein eigenes entsetztes Gebrüll.

KAPITEL ELF
    In dem ich von den unsagbaren Freuden der Kernspintomografie erzähle und vom hinten offenen Krankenhaushemd
     
    »Okay, Cameron, halt nur für eine Sekunde still.«
    Ich liege auf dem Förderband eines Kernspintomografen und spüre, wie der kalte Edelstahlboden gegen meinen Arsch drückt. Sie haben mir dieses lächerliche, hinten offene Krankenhaushemd angezogen, von dem ich schwören könnte, dass es aus Seidenpapier gemacht ist. Meine Pobacken sind arschkalt. Die Socken darf ich anbehalten, vermutlich weil sie glauben, dass ich mich dadurch besser fühle.
    Das ist der dritte Arztbesuch in vier Tagen. Fragen wurden gestellt, Blut abgenommen, die Reflexe überprüft, Kernspintomografien ausgewertet und eine Biopsie ins Labor geschickt. Ich wurde in Körperteile gestoßen und gestochen, die ich bisher stolz für diese ganz spezielle Ärztin aufgehoben habe, die mir eines Tages einen Ring und ein Versprechen geben würde. »Wir wollen nur ein paar Dinge ausschließen.« Das sagen sie alle – der Ärztecode für »Gehirntumor/Krebs/Meningitis, die T V-Filmkrankheit der Woche«.
    Das Förderband zieht mich durch den Metallring, bis ich fast ganz in der Röhre stecke. Mein Körper zittert, und ich weiß nicht, ob das etwas mit meiner Was-auch-immer-Krankheitzu tun hat oder damit, dass ich seit Stunden nahezu nackt bin. Die körperlose Stimme vom MR T-Kontrollstand hallt in der Röhre nach. »Du musst absolut still liegen, Cameron, okay?«
    »Okay«, antworte ich, aber meine Stimme bleibt schon an der Metallverkleidung über meinem Kopf hängen.
    Das Ding setzt sich in Gang und macht ein paar Schnappschüsse fürs Fotoalbum irgendeines Doktors. Niemand hat mich vor den Geräuschen gewarnt.
Kerrtschang-kerrtschang-kerrtschang
– wie ein gigantischer Tacker, der mir über den Schädel fährt. Scheiße. Ich kann es nicht erwarten, aus dem Ding rauszukommen. Nach einer halben Ewigkeit kommt ein Assistent und zieht die Infusionsnadel aus meinem Arm.
    »Das war’s«, sagt er. »Du kannst dich anziehen.«
     
    Ich sitze auf meinem Bett und lese
Don Quijote
, als Dad nach Hause kommt. Er klopft und tritt ein, ohne meine Antwort abzuwarten.
    »Hey, Kumpel.« Das letzte Mal hat mich Dad Kumpel

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