Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
eingeladen. Auf dem kunterbunten Gruppenfoto mit der Staatsministerin für Integration ist die koreanische Teilnehmerin gut getroffen, doch in der Diskussionsrunde kam sie nicht zu Wort.
Die Teilnahme am Integrationsgipfel war hart erkämpft. Bei den vorherigen Integrationsgipfeln hielt Staatsministerin Böhmer die Anzahl der Koreaner in Deutschland für zu klein und unbedeutend, so dass man den Vietnamesen und Chinesen den Vorzug gewährte, wie sie mir in einem Brief erklärte. Aber man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Beim Forum Demographischer Wandel im Oktober 2008 »Vielfalt leben – Gemeinsamkeiten gestalten« mit Bundespräsident Köhler im Schloss Bellevue war es so weit. Unter den geladenen Gästen war auch Staatsministerin Böhmer. Bei der Fragerunde nahm ich all meinen Mut zusammen und meldete mich zu Wort. Die Staatsministerin schaute offensichtlich gelangweilt in die Kulisse, bis ich sie direkt ansprach, auf ihren Brief einging und schließlich sagte, dass ihre Absage an die Koreaner aufgrund ihrer unbedeutenden Bevölkerungszahl auch Vorteile mit sich bringe. Erst durch diese Absage hatte ich einen bundesweiten Aufruf starten können, dass Koreaner nicht durch eine hohe Bildungsquote zum Integrationserfolg beitragen sollten, sondern durch eine höhere Geburtenrate. »Koreaner dieser Welt vermehret euch!«, appellierte ich seither an meine Leidensgenossen. Am Folgetag berichtete die TAZ über meinen Aufruf.
Auch bei der Staatsministerin muss ich mit meinem Aufruf, die Koreaner sollten sich vermehren wie die Feldhasen, einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Vermutlich hatte Böhmer schlaflose Nächte bei dem Gedanken daran, dass eines Tages in ganz Deutschland Menschen herumlaufen würden mit mandelförmigen Augen im 16:9-Format. Als ich sie nach dem Forum im Schloss Bellevue erneut anschrieb und fragte, ob Koreaner in Deutschland bei zukünftigen Veranstaltungen von ihr berücksichtigt würden, bekam ich vom Leiter ihres Büros ein Antwortschreiben zugeschickt. Er schrieb: »Sie weisen zu Recht auf die Leistungen der in Deutschland lebenden Koreaner hin. Viele haben einen wertvollen Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands geleistet. Durch ihr großes Engagement sowie ihre hohe Integrationsfähigkeit bereichern sie unser Land. Ich darf Ihnen versichern, dass wir auch weiterhin diese wichtige gesellschaftliche Gruppe in unsere Arbeit einbeziehen werden.« Mal sehen, ob dies kein politisches Versprechen bleibt, dachte ich mir.
Diesen kleinen, aber bedeutenden Schritt für die Koreaner in Deutschland bekam mein Bekannter Dong-gun nicht mehr mit. Aus beruflichen Gründen verschlug es Dong-gun nach Irland. In Deutschland ausgebildet, kommt sein Talent nun den Iren zugute. In einem Café in Schöneberg organisierten wir eine kleine Abschiedsfeier für Dong-gun, ermutigten ihn, auch in Irland seinen »koreanischen Mann« zu stehen. Mir war es sehr wichtig, Dong-gun in seinen letzten Stunden auf deutschem Boden ans Herz zu legen, auch in der Ferne nicht zu vergessen, seinen Beitrag zur Vergrößerung der koreanischen Diaspora zu leisten. Nach etlichen Tassen Kaffee und Kuchenstücken verließen wir die Gaststätte, die uns immer so herzlich aufgenommen hatte. Es ist immer lustig zu sehen, wie die Menschen einen anstarren, wenn man mit einer Horde voller Asiaten ein Lokal betritt. Kein Wunder, dass die Schimpansen im Zoo manchmal ausrasten und Stöcke gegen das Plexiglasfenster werfen.
Vor dem Lokal warteten wir auf Dong-gun, der sich im Innern mit einem älteren Herrn unterhielt, der ihm zuzwinkerte und anschließend einen Zettel zusteckte. Höflich, wie man es bei Asiaten voraussetzt, verabschiedete sich Dong-gun von dem Mann. Draußen erzählte uns Dong-gun voller Stolz, dass der Mann ihn unbedingt bei einem Saunabesuch näher kennenlernen wolle. Das schmeichelte ihm. In seinem Alter sei es schwer, gute Freunde zu finden, sagte Dong-gun. Das Schöneberger Café entpuppte sich später als Schwulenlokal. Ich dachte nur, dass der Weg der Vermehrung der Koreaner in Deutschland ein steiniger sein würde und wir auf der Strecke den einen oder anderen zeugungsfähigen Mann verlieren könnten.
Außerdem gingen viele ihrer eigenen Wege. Meinen Freund Sang-hun hielt nach seinem BWL-Studium auch nichts mehr in Deutschland. Er lebt und arbeitet nun in Hongkong. Jong-ok hat geheiratet und zog nach Valencia. Mein Bekannter Yong-geun nahm eine Referentenstelle bei der koreanischen Botschaft
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