Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
türkischstämmiger Mann auf, der sich als Sozialarbeiter aus Neukölln vorstellte und monierte, dass ihn die jungen Araber und Libanesen wegen der Berlin-Studie nicht mehr ernst nehmen würden, sich über ihn lustig machten und ihm abschätzig rieten, mit der Integration bei seinen Landsleuten anzufangen. Er sprach von Gesichtsverlust und dass er bei den Arabern und Libanesen seitdem nichts mehr zu melden habe. Ein einheimischer Deutscher hingegen kritisierte, die Integrationsdebatte sei zu türkeilastig und die anderen Migranten kämen dabei zu kurz.
In der Berliner Studie wird auch ein Teil dem »Fernen Osten« gewidmet. Zu lesen ist dort: »Im Integrationsvergleich schneiden die Migranten aus dem fernen Osten überraschend gut ab […], ausschlaggebend hierfür ist ihr hoher Bildungsstand, aber auch die deutliche Tendenz zur Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung.« Laut der Studie gehen 31 Prozent aller Menschen mit asiatischem Hintergrund eine Mischehe ein. Meine schon immer vermutete These, dass asiatische Frauen eher dazu neigen, deutsche Männer zu ehelichen, bekam traurige Bestätigung. Insgesamt sind es 81 Prozent der fernöstlichen Frauen in Deutschland, die einen einheimischen Lebenspartner suchen und auch finden. Das verglichen an dem hohen Bildungsniveau mittelmäßige Abschneiden der Menschen aus dem Fernen Osten auf dem Arbeitsmarkt, und dass mit 17 Prozent fast doppelt so viele Personen erwerbslos sind wie bei den Einheimischen, war für mich nur noch Nebensache. Ich dachte allein daran, wie ich an einen Generalschlüssel für koreanische Männer gelangen könnte, der Zugang zu den Herzen der Frauen verschafft.
Nach der Veranstaltung schaute Felix betrübt zu mir rüber und sagte: »Wir haben noch viel Arbeit vor uns!« Ich nickte ihm zu, obwohl ich nicht genau wusste, wie Felix das wohl meinte. Im Foyer gönnten wir uns noch einen Rotwein, den Felix hastig austrank. Er verabschiedete sich ungewöhnlich schnell und verschwand in der Dunkelheit Berlins. Kurze Zeit später war seine koreanische Frau schwanger. Da ging mir ein Licht auf, warum Felix an diesem Tag seinen Wein hastig ausgetrunken und sich schnell nach Hause begeben hatte. Wie es sich für einen guten Freund gehört, hatte Felix den ersten Grundstein gelegt. Ein kleiner Schritt für Felix und seine Frau, ein großer Schritt für die Koreaner in Deutschland. Auch dafür sind gute Freunde da. Im Stillen rechnete ich schon das Datum aus, wann ich mit Felix zur nächsten Integrationsveranstaltung mit reichlich Weinausschank gehen musste.
Später fragte ich Felix dann doch noch einmal, was er damals mit seinen Worten »Wir haben noch viel Arbeit vor uns!« genau gemeint habe. Felix antwortete, es gebe keine Persönlichkeit unter der ersten Generation der Koreaner, die sich so klar ausdrücken könne wie der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde Kenan Kolat. Vielleicht liege das Problem wirklich darin, dass die koreanischen Männer der ersten Generation kaum Mischehen eingegangen seien – anders als die koreanischen Frauen. Tatsächlich waren es nicht so sehr die Fachkenntnisse eines gestandenen Migrationswissenschaftlers wie Bade oder des eloquenten Grünen-Politikers Özcan Mutlu gewesen, die mich beeindruckten, sondern die einfachen Worte von Kenan Kolat. Besonders imponierte er mir damit, dass er sich bei der Online-Community Xing durch 3.000 türkischstämmige Unternehmer in Deutschland durchgeklickt hatte. Er wollte nur sehen, mit wem er es zu tun habe, sagte Kolat. So manch ein Mandatsträger könnte sich von der Zielstrebigkeit des Philanthropen Kolat mehrere Scheiben abschneiden.
Und was »Endstation Dönerbude?« anbelangt – warum eigentlich nicht? Es ist ein ehrenwerter Job, und wenn man es schlau anstellt wie der Erfinder der Dönertüte oder der Dönerproduzent Remzi Kaplan, dann kann man mit dem Döner sogar Multimillionär werden, ganz ohne höhere Bildung und ohne eine Mischehe einzugehen. Und viel Geld kommt bei den Frauen schließlich immer gut an.
ALIENS IN FRIEDRICHSHAIN
W enn extraterrestrische Lebewesen in Berlin lebten, dann wären sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in Friedrichshain vorzufinden. Vor allem, wenn es dunkel wird, laufen dort die außergewöhnlichsten Kreaturen herum, denen man sofort anmerkt, dass sie nicht von unserem Planeten stammen können. Seit ich hier lebe, habe ich die Gewissheit: Wir sind nicht allein!
Der 1. Mai scheint ein Feiertag für die außerirdischen Friedrichshainer zu
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