Ohne jedes Tabu
Daddy?”
„Stimmt, Junge.” Gabe nickte stolz. „Der Ball flog fast bis ins All.”
Kevins Grinsen wurde noch breiter, und seine blauen Augen funkelten. „Es war echt cool, Onkel Lucian. Ich wünschte, du wärst dabei gewesen.”
„Das wünschte ich auch, Großer. Nächstes Mal kannst du mit mir rechnen.”
Als Lucian seinem Neffen fröhlich zuzwinkerte, beschleunigte sich Rainas Puls. Lucian hatte Kevin geduldig zugehört, seit sie sich zum Essen an den Tisch gesetzt hatten, obwohl der Junge nonstop redete. Für einen Mann, der klargemacht hatte, dass er nie Kinder haben wolle, ging er erstaunlich gut mit ihnen um.
Die anderen Frauen waren nach Hause gefahren, so dass sie nur mit Gabe, Melanie, Kevin und Lucian am Tisch saß. Das Essen war köstlich, doch sie war so angespannt, dass sie kaum einen Bissen hinunterbekam. Neben ihr auf dem Hochstuhl plapperte Emma munter in ihrer Babysprache mit Kevin, wenn er einen Moment aufhörte zu reden, um zu kauen.
„Ich glaube, Emma mag dich, Kevin”, neckte Melanie ihren Sohn.
„Oh, Mom.” Kevin stöhnte wie ein typischer Sechsjähriger.
„Sie ist ein Baby!”
Es stimmt, dachte Raina lächelnd. Emma war von Kevin begeistert gewesen, kaum dass er zur Tür hereingekommen war.
Kevin dagegen war nicht im Geringsten an Mädchen oder Babys interessiert. Er hatte nur Baseball im Kopf.
Und das Einzige, woran sie denken konnte, war, wann diese Mahlzeit endlich vorbei sein würde und Lucian verschwand.
„Wie wäre es, wenn ich morgen vorbeikomme?” sagte Lucian zu Kevin. „Dann kannst du mir genau zeigen, wie du den Ball getroffen hast.”
„Das war echt cool! … Oh nein! Das geht ja nicht, weil ich morgen wegen der Party für unser neues Baby gar nicht da bin.”
„Wir werden rausgeworfen.” Gabes Seufzer war so dramatisch wie unecht. „Aus unserem eigenen Haus!”
„Ich habe euch gesagt, ihr dürft bei der Party gern dabei sein, wenn ihr wollt.” Melanie schnitt ihrem Sohn das Fleisch klein und zeigte dann mit der Gabel auf Gabe. „Ihr habt das Angebot beide abgelehnt.”
„Weil wir nicht mit so vielen Mädchen hier zusammen sein wollen.” Kevin zog eine Grimasse. „Das würdest du doch auch nicht wollen, oder, Onkel Lucian?”
„Eigentlich mag ich Mädchen”, sagte Lucian grinsend und warf Raina einen Blick zu. „Manchmal sogar sehr.”
Es war eine beiläufige Bemerkung, doch Raina wusste, dass sie an sie gerichtet war. Er flirtete mit ihr, hier in diesem Haus, beim gemeinsamen Abendessen, während Gabe und Melanie zusahen. Um nicht aus der Haut zu fahren, drehte sie sich zu Emma und bot ihr einen Löffel Kartoffelbrei an.
Dieser Mann war unmöglich!
„Und dich mögen sie auch”, meinte Kevin, klang allerdings leicht angewidert. „Jedes Mal, wenn wir einkaufen gehen, fragt Cindy Johnson meine Mom nach dir, und die rothaarige Frau in der Post, die immer so laut lacht, auch. Sogar Miss Shelly, meine Lehrerin fragt immer: ,Wie geht es deinem Onkel Lucian?’ Grrr.”
Kevin schüttelte sich. „Warum nimmst du nicht eine von denen?
Aber bloß nicht meine Lehrerin. Da würden mich die anderen in der Klasse nur auslachen.”
Raina schaute zu Lucian, der immerhin den Anstand hatte, etwas verlegen zu gucken angesichts dieses Berichts über seine zahlreichen Verehrerinnen. Nicht, dass sie überrascht war.
Was sollte man von einem Mann wie ihm schon anderes erwarten?
„Genau darüber haben wir doch erst vorhin gesprochen, nicht wahr, Lucian?” sagte Melanie honigsüß.
Lucian warf ihr einen warnenden Blick zu. „Ich kann mich nicht erinnern.”
Melanies graue Augen funkelten vergnügt. „Ging es da nicht um all die Frauen von Bloomfield, die du trösten musst, seit deine Brüder verheiratet sind?”
„Wie großherzig”, meinte Raina spöttisch. Als alle nun sie anschauten, hätte sie sich ohrfeigen können, weil sie überhaupt den Mund aufgemacht hatte.
„Es war nur Spaß.” Lucian hob die Arme. „Stimmt’s, Melanie?”
Melanie lächelte. „Heißt das, dass du Sally Lyn jetzt doch keinen Antrag machen wirst?”
Raina schaute abrupt auf. Lucian wollte heiraten? Ihr Herz begann heftig zu pochen.
„Sally Lyn?” Gabe verschluckte sich fast. „Du meinst Sally Lyn Wetters? Wieso weiß ich nichts davon?”
„Was für einen Antrag?” wollte Kevin wissen.
„Sie zu bitten, ihn zu heiraten”, erklärte Melanie.
„Onkel Lucian will heiraten?” Kevins Augen wurden vor Staunen ganz groß. „Gibst du dann auch so eine
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