Ohne jedes Tabu
natürlich schön, dass er wegen Emmas gekommen war, aber insgeheim hatte sie doch gehofft, dass er auch ihretwegen hier war. Du Dummkopf, schalt sie sich.
„Sie wird sich freuen, dich zu sehen.” Sie zwang sich, wieder zu lächeln, und wollte aufstehen. „Jetzt schläft sie schon, aber du kannst morgen …”
Er nahm sie beim Arm und zog sie wieder aufs Bett. „Und ich wollte dich sehen.”
Ihr Herz machte einen Satz. Sie schaute Lucian an. „Wirklich?”
„Mir hat es nicht gefallen, wie wir uns nach der Hochzeitsfeier getrennt haben. Ich wollte dir nur sagen, dass zwischen mir und Sally Lyn wirklich nichts gewesen ist. Dass …”
„Lucian, bitte, es tut mir Leid, was ich da gesagt habe. Ich hätte meinen Mund halten sollen. Und du brauchst mir nichts zu erzählen, was mich nichts an…”
Er legte einen Finger auf ihre Lippen. „Dass wir wirklich nie miteinander geschlafen haben, wie ich dir schon sagte. Und ich hatte nie die Absicht, sie zu heiraten, auch wenn du etwas Gegenteiliges gehört haben solltest.”
„Da war nichts zwischen euch?” Es war ihr unangenehm, dass sie so glücklich klang, aber sie konnte nicht anders. „Wenn du es aber doch gewollt hättest, wenn du nur dachtest, dass ich…”
„Raina, du meine Güte.” Er schaute an die Decke. „Könntest du bitte still sein? Das ist schon schwierig genug.”
Sie schluckte und schwieg und blickte auf seine Hand auf ihrem Arm. Die Berührung sandte ihr einen Schauer über die Haut.
„Ich wollte letzte Woche nicht, dass du wegfährst.”
„Ich lebe in New York, Lucian.” Warum hatte er nicht gewollt, dass sie ging? War es nur wegen Emma gewesen? Oder hatte er auch sie vermisst? „Hier arbeite ich.”
„Das weiß ich, verflixt noch mal!” Frustriert fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Raina, lass mich ein paar Tage hier bleiben. Ich brauche ein wenig Zeit mit Emma, und …”
Er machte eine Pause, und sie wartete mit angehaltenem Atem.
„… ich verspreche, dass ich dir nicht im Weg sein werde.”
Wie war sie nur auf die Idee gekommen, dass er vielleicht auch Zeit mit ihr verbringen wollte? Ihre Hoffnungen zerplatzten wie ein Luftballon. Eine unglaubliche Erschöpfung überkam sie auf einmal, und sie wollte nur noch nach Hause und sich in ihr Bett verkriechen.
„Ich habe dir gesagt, dass du uns besuchen kannst, wann immer du möchtest”, sagte sie. Sie seufzte, machte sich von ihm los und stand auf. „Komm morgen früh vorbei und …”
Plötzlich brach Raina ab und lauschte.
„Was ist?”
„Hörst du das, Lucian?”
„Ich höre gar nichts.”
„Genau.” Sie marschierte zur Tür und öffnete sie.
Die Suite war leer. Selbst der Kellner war gegangen.
Raina starrte total verblüfft durch den leeren Raum und dann auf den Servierwagen, der vor die Schlafzimmertür gerollt worden war. Neben einer gekühlten Champagnerflasche, an der ein Zettel befestigt war, standen zwei Sektgläser, eine Schale mit Erdbeeren und eine Schüssel mit Schlagsahne.
Lucian trat hinter sie, als sie den Zettel nahm und las: „Ein Hoch auf die Braut und den Bräutigam! Wir sind sicher, dass du mit Erdbeeren und Schlagsahne genauso kreativ sein wirst wie beim Entwerfen deiner Kollektion. Herzlichen Glückwunsch von uns allen!”
Lucian lachte.
Errötend fuhr sie zu ihm herum. „Sie dachten, dass wir allein sein wollten.”
„Stell dir das mal vor.” Er nahm die Schüssel mit der Schlagsahne und naschte davon. „Wusstest du, dass ich eine Schwäche für Schlagsahne habe?”
Als er die Sahne von seinem Finger leckte, schaute Raina ihn sehnsüchtig an.
„Nein, das wusste ich nicht”, flüsterte sie.
„Weißt du, wofür ich noch eine Schwäche habe?” fragte er leise und erwiderte ihren Blick.
Sie konnte kaum atmen. „Für Erdbeeren?”
Langsam schüttelte er den Kopf und hielt ihren Blick fest, während er die Schüssel Sahne wieder auf den Wagen stellte.
„Für dich.”
11. KAPITEL
Für dich …
Diese beiden Worte elektrisierten Raina bis in die Fingerspitzen und ließen ihren ganzen Körper vor Erwartung erzittern.
„Wenn du möchtest, dass ich gehe …”, Lucian schaute sie unverwandt an, „… dann sag es mir, und ich gehe sofort.”
Die Spannung zwischen ihnen stieg. Raina hatte das Gefühl, auf einem Hochseil zu stehen und einen Balanceakt zu vollführen zwischen Vernunft und Verlangen.
Wollte sie, dass er ging?
Ein wilder Hunger stand in seinem Blick. Es war, als würde Lucian sie mit den Augen
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