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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly Arnold
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Anglizismen verabscheute. Wir nannten es spätes Frühstück . Beim Essen planten wir dann, was wir tagsüber unternehmen wollten. Meistens plante allerdings Christoph, ich nickte mechanisch. Irgendwie aus Bequemlichkeit, weil er meine Vorschläge entweder albern oder zu frauenmäßig fand, wie er sich ausdrückte. Ich glaube, das ist ein Wort, das er selbst kreiert hat. Meine frauenmäßigen Vorschläge waren Ausstellungen und Museen. Seine Sonntagspläne hatten immer denselben Charakter: Im Winter sahen wir uns eine der Mittagsvorstellungen im Kino an, lasen am Nachmittag und aßen abends in einem Restaurant. Im Sommer fuhren wir Rad oder gingen zum Schwimmen an den See. Ich gebe es zu: Rückblickend klingt das alles furchtbar spießig. Ich weiß. Natürlich kommt jetzt ein ABER : Aber wir waren glücklich mit unserem Le ben. Zumindest glaubte ich das. Der weitere Verlauf des Vormittags sollte mir das Gegenteil beweisen. Mit dem Glück ist es wie mit der Intelligenz. Alles ist ziemlich relativ und eine Frage der Interpretation. Manche Menschen sind schon glücklich, wenn sie sich Tee trinkend in die Decke kuscheln und bei Kerzenschein ein Hörspiel anhören. Andere Leute wiederum dröhnen sich zu, um so ihrem leeren Leben zu entfliehen.
    An diesem Sonntag musste ich Christoph nicht wecken. Er stand von alleine auf und kam in die Küche. Ich weiß nicht, ob ich mir das im Nachhinein einbilde, aber er erschien mir ungewöhnlich bucklig und traurig. Wunschdenken vielleicht, dass ihn das Bevorstehende schwer mitnahm.
    Ich stellte die Teller mit den Spiegeleiern auf den Tisch und rührte die gemischten Früchte unter den Quark. Für Christoph fügte ich noch ein wenig geraspelte Mandeln hinzu, und auf die Eier streute ich Schnittlauchröllchen; das mochte er so gern. Erst jetzt fällt mir auf, was für einen typischen Hausfrauenmist ich mir über die Jahre ange wöhnt hatte. Schuld ist meine Mutter, weil sie mir in dieser Hinsicht kein Vorbild war. Mein Vater kann bis heute nicht mal Kaffee kochen, und sie legt ihm noch die Klamotten raus. Also: Sie ist schuld, ich kann nichts dafür. Ich finde ja, es hat etwas ungemein Befreiendes, wenn man jemandem die Schuld geben kann. Wie heißt es so schön? Weil sie es nie anders gelernt hat …
    Nachdem ich mich gesetzt hatte und gerade einen Schluck Kaffee nahm, sagte Christoph: »Machen wir heute was?« Das hatte er noch nie gefragt. Er sagte sonst immer: »Was machen wir heute?« Und ohne Luft zu holen, informierte er mich sogleich darüber, was wir tagsüber unternehmen würden.
    Ich stutzte also und sah ihn fragend an. An seine neue Frisur hatte ich mich immer noch nicht gewöhnt. Er trug das dunkle Haar jetzt kurz und schief geschnitten, so wie es gerade modern war. Ehrlich gesagt, fand ich diese gewollte Asymmetrie bei Frisuren immer wie eine Art Hilfeschrei, der suggerieren sollte: Ich bin wahnsinnig cool und jung geblieben. Mit neununddreißig Jahren fand ich diese Teenagerfrisur ein bisschen lächerlich. Er war ein sehr attraktiver Mann, schlank und gepflegt, und er roch immer nach diesem Parfum, in dessen Werbespot der muskulöse Mann aus dem Meer steigt. Das Auffälligste an Christoph waren seine schönen Zähne. Und er hatte ein Händchen für schicke Kleidung. Ich will mich ja nicht selbst loben, aber ich habe ebenfalls einen sehr guten Stil und stelle gewisse Ansprüche. Aber selbst ich konnte Christoph nicht das Wasser reichen, denn er hatte ein Auge fürs Detail und einen feinen Geschmack. Vielleicht hätte er Designer statt Lehrer werden sollen.
    Vor ein paar Jahren waren wir zu Ostern bei meinen Eltern eingeladen, und er stand fassungslos vor mir, nachdem ich gesagt hatte, ich wäre bereit aufzubrechen.
    »Lila Hose?«, fragte er erschüttert. Er sah mich an, als hätte ich meinen BH über der Bluse angezogen.
    Zu meiner Verteidigung muss ich hinzufügen, dass ich mir niemals eine lila Hose kaufen würde. Was soll ich sagen? Ein Weihnachtsgeschenk meiner Mutter. Ich wollte ihr eine Freude machen, aber als wir ankamen, meinte sie: »Och, die Farbe steht dir gar nicht, Kind.«
    Komischerweise war die lila Hose danach unauffindbar. Ich wollte sie waschen und bei eBay verkaufen. Wahr scheinlich hatte Christoph sie weggeworfen, aus Angst, ich könnte das Ding noch mal anziehen.
    Manchmal quälten mich Ängste, ob er nicht insgeheim schwul war und mich irgendwann wegen eines Mannes verlassen würde. Aber wenn, konnte ich sowieso nichts machen. Was sollte ich auch

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