Ohne Skrupel
sobald sich hier was tut, OK? Ich mache
die Runde zu den anderen Malinger-Leuten. Vielleicht ist einer ansprechbar und
weiß, was da passiert ist.“ „Ja ist gut Manfred, ich muss grad aufs Klo und
setz‘ mich dann hier am Fußende hin“. Dann war es wieder ruhig im Raum.
Das war ja entsetzlich!
JP konnte es nicht fassen – drei Tote und sieben Verletzte, einige noch
kritisch. Himmel, das gab es doch nicht! Er machte die Augen auf und erstarrte.
Krankenzimmer sind immer hässlich und kahl, aber dieses hier war ja
potthässlich und auch noch winzig. Quer hätte das Bett gar nicht in den Raum
gepasst, und all die blinkenden Geräte an seinem Kopfende, Schläuche in seinen
Armen und Beinen und irgendein Korsett um seine Mitte. Das musste ein
Aufwachraum sein! JP konnte sich kaum bewegen. Und jetzt tat ihm buchstäblich
sein ganzer Körper weh. Sicherlich schwere Prellungen, aber dafür, dass er nur
ein paar Meter von der Explosion entfernt war, hatte er noch mal Glück gehabt.
Auch wenn er von den Blutergüssen grün und blau sein würde. Aber es hätte
schlimmer ausgehen können, sehr viel schlimmer! Er ist bestimmt einige Meter
durch die Luft geflogen und ganz hinten an der Wand oder den Büromöbeln
abgeprallt. So genau wusste er das nicht mehr, war auch unwichtig. Aber so ganz
brachte er die Abläufe noch nicht auf die Reihe. Irgendwie hatte er die Polizei
oder Feuerwehr angerufen, eine von diesen Notrufnummern 110 oder 112, egal,
dann hatte er irgendwie ein paar Kollegen vor die Türen geschleift und wie wild
mit den Feuerlöschern weißes Zeug versprüht. Die Sprinkleranlage ging auch
irgendwann los und hat wohl auch das Feuer gelöscht, zumindest im Office. Das
Rechenzentrum war sicher zerstört. Was hatte da bloß diesen derartigen Knall
ausgelöst?
Dann: Filmriss, er konnte
sich erst wieder erinnern, als er auf der Straße vor einem Krankenwagen auf dem
Boden saß. Dann war irgendwas furchtbar komisch und er musste lachen. Aber er
war noch nicht ganz bei Verstand – wie hatte „Bulle“ vorhin gesagt:
„vollgedröhnt mit Medikamenten“, ja das war´s wohl. Er war nun wieder so
furchtbar müde. Warum sollte er wach bleiben? Denken war ohnehin nur grausam,
er wollte schlafen, lange schlafen und hoffentlich lange nicht mehr aufwachen.
Langsam dämmerte er weg
und verlor sich in seinen Erinnerungen der vergangenen Tage.
München, 2. Mai
2010, Krankenhaus Schwabing , morgens
„Guten Morgen, Herr Santa Cruz. Ich
bin Dr. Gabriela Gruber, Ihre behandelnde Ärztin. Wie geht es Ihnen heute?“ „Wo
bin ich? Wie spät ist es?“ Er war kurz zuvor erwacht, war sich bewusst, in
einem Einzelzimmer in einem Krankhaus zu liegen – privater Krankenversicherung
sei gedankt – aber er dachte so eine Frage ist durchaus angebracht. „Sind im
Schwabinger Krankenhaus, Station 8, Zimmer 201. Wir konnten Sie mittlerweile
auf die Pflegestation verlegen. Es ist heute Sonntag, der 2. Mai, es ist 12:30
Uhr und Sie haben mehr als 48 Stunden geschlafen. Sie sind schwer verletzt,
aber auf dem Weg der Besserung. Jedenfalls ist es schön, dass sie nun wieder
bei uns sind. Ihre Mutter und ihre Schwestern warten seit gestern an Ihrem Bett
und machen sich große Sorgen. Ihr Vater soll wohl auch gleich kommen. Darf ich
ihre Familie nach der Visite hereinbitten?“ „Ja unbedingt, wie schlimm ist es
bei mir?“ „Vier gebrochene Rippen, schwere Quetschungen am gesamten Körper,
speziell an Unterarmen und Beinen, drei gebrochene Zehen am linken Fuß,
zahlreiche, oberflächliche Schnittwunden an Kopf, Oberschenkeln und im
Bauchraum, leichte Verbrennungen an beiden Händen und schwerere am linken Bein,
verstauchte Knöchel und starke Muskelzerrungen an den Waden und am rechten Arm,
Bänderriss an der linken Ferse – ist operiert. Innere Verletzungen: keine.“
„Gut, wenn´s nicht mehr
ist. Da hat das eine oder andere Eishockey-Spiel schon mehr Schaden bei mir
angerichtet. Rechter Arm – Shit, das Fliegenfischen wird mir schwer fallen“.
„Schön, dass Sie ihren Humor noch haben! Sie hatten sehr großes Glück! Aber
Fliegenfischen wird für diesen Sommer wohl ausfallen!“ „Machen Sie bitte keine
Witze mit so etwas! Das mit dem Fliegenfischen ist eine sehr ernste
Angelegenheit, Totalausfall für den ganzen Sommer ist völlig indiskutabel und
ein NO-GO!“ „Herr Santa Cruz, sie haben mit sehr viel Glück eine schwere Explosion
lebend überstanden. Sie sind traumatisiert. Es sind Menschen dabei schwer zu
Schaden
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