Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall
welchen kriminellen Methoden die Organ-Mafia arbeitet. Uns hat aber die ganze Zeit jemand gefehlt, der uns als Insider Informationen über die weltweiten, ebenso geschickten wie brutalen Methoden dieser Organisation verschaffen kann – also eine Person, die Zugang zu den Hintermännern, zum inneren Zirkel hat.“
Tannenberg wurde trotz seiner auf eine intakte Selbstkontrolle hinweisende Willensbekundung immer unruhiger, bis er sich schließlich doch wieder einmischte:
„Halten Sie doch keine langen Vorträge. Kommen Sie bitte auf den Punkt. Ich will endlich wissen, was in dieser verdammten Schlossklinik abgeht“, forderte er vehement.
Dann wandte er sich direkt an Dr. Wessinghage. „Was habt ihr mit dem armen Max gemacht? Habt ihr ihn etwa umgebracht, um seine inneren Organe zu bekommen? – Ihr verfluchten perversen Schweine!“
Tannenberg sprang auf und wollte dem Arzt an die Kehle gehen, aber der Oberstaatsanwalt hatte die drohende Eskalation vorausgesehen und stellte sich dem Angreifer selbstbewusst in den Weg.
„Mensch, mäßigen Sie sich mal!“, schrie er ihm ins Gesicht. „Es hilft doch niemandem, wenn wir uns hier gegenseitig beschimpfen und uns an die Wäsche gehen!“
„Regen Sie sich ab, Mann. Ihrem Max geht es gut, bis jetzt jedenfalls noch!“, sagte der Oberarzt der Schlossklinik.
„Was soll das heißen? Ist er etwa nicht hirntot?“
„Nein, eigentlich erfreut er sich bester Gesundheit und könnte die Klinik sofort verlassen, wenn man ihn denn ließe.“
„Was?“, schrie Tannenberg, dessen gesamter Körper zu beben anfing.
„Also, noch mal: Dieser Maximilian Heidenreich ist völlig gesund und hat bis auf die paar Schrammen und Hämatome keine weiteren Verletzungen von seinem Motorradunfall zurückbehalten. Ja, er könnte eigentlich direkt aufstehen und nach Hause gehen. Aber er kann nicht, denn wir haben ihn in ein künstliches Koma versetzt.“
„Also ist er gar nicht hirntot?“
„Nein! Und nochmals: nein!“
„Gut, das wäre nun ja wohl geklärt, Herr Hauptkommissar“, mischte sich der BKA-Abteilungsleiter in den Dialog der beiden Männer ein. „Zu den Einzelheiten, die diesen und andere Patienten der Schlossklinik betreffen, kommen wir gleich noch einmal zurück. Jetzt freuen Sie sich erstmal über diese gute Nachricht, die Sie natürlich unter keinen Umständen weitergeben dürfen, solange die Aktion nicht abgeschlossen ist – auch nicht an Ihre Nichte. Ist Ihnen das klar?“
„Ja“, antwortet Tannenberg gedehnt.
„Gut, dann machen wir mal weiter. Dr. Wessinghage ist unser Schlüssel, mit dem wir endlich das Tor zum inneren Zirkel dieser kriminellen Organisation aufschließen können. Er ist enger Vertrauter von Professor Le Fuet, der bei dieser ganzen Sache ja eine zentrale Rolle spielt. Dr. Wessinghage hat vom Generalbundesanwalt höchstpersönlich die Zusage erhalten, dass in seinem Falle die Kronzeugenregelung Anwendung findet und er selbstverständlich auch in unser Zeugenschutzprogramm aufgenommen wird.“
„Und wie viel Dreck hat der feine Herr hier denn selbst am Stecken, Herr Kriminaldirektor?“, fragte Tannenberg dazwischen, wobei er bei seinen beiden letzten Worte absichtlich die Lautstärke anschwellen ließ.
„Das braucht Sie nicht zu interessieren“, gab der Angesprochene scharf zurück, fügte aber gleich mit etwas versöhnlicherem Ton hinzu: „Aber ich kann Sie beruhigen: weitaus weniger, als Sie jetzt wahrscheinlich denken.“
„Wenn Sie wüssten, was ich gerade denke“, erwiderte Tannenberg ebenso vieldeutig wie energisch. Er war einfach nicht mehr zu beruhigen.
„Dann befindet sich der arme Max doch in extremer Lebensgefahr. Und Sie halten hier seelenruhig Vorträge. – Los, wir müssen Max sofort aus dieser verfluchten Klinik rausholen“, forderte er lautstark und schickte sich unmittelbar danach an, mit fliegenden Schritten aus dem Zimmer zu stürmen.
„Herr Hauptkommissar, das, was Sie jetzt vorhaben, wäre mit Sicherheit das absolut Falscheste, was wir jetzt tun könnten“, hielt Dr. Pfleger dem aufbrausenden Aktionismus des Kaiserslauterer Kriminalbeamten entgegen.
Tannenberg blieb sofort stehen, blickte ihn entgeistert an. „Warum?“
„Weil wir gerade mit solch einem hysterischen Amoklauf die Sicherheit dieses Patienten aufs Extremste gefährden würden.“
„Heißt das etwa, dass Sie ihn schon aus dieser Klinik rausgeholt haben?“ In Tannenbergs Hirn leuchtete ein greller Hoffnungsschimmer auf.
„Nein, er
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