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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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gehen diese Leute hier in Europa dieses enorme Risiko ein? Und verrichten ihr schreckliches Geschäft nicht in irgendeiner Bananenrepublik?“
    „Das kann ich Ihnen sagen“, entgegnete Dr. Wessinghage gelassen: „Weil die Kunden dieser Organisation eine schriftliche Garantie darüber haben wollen, dass die ihnen implantierten Organe nicht von irgendeinem afrikanischen oder asiatischen Slumbewohner stammen, sondern von einem jungen Mitteleuropäer.“
    „Was? Das glaub ich nicht!“
    „Doch, das ist so, Herr Hauptkommissar!“
    Für ein paar Sekunden beherrschte bleierne Sprachlosigkeit den Raum. Man hörte lediglich das monotone Ticken einer Designer-Wanduhr und gedämpften Straßenverkehrslärm.
    „So, Tannenberg, ich denke, das reicht für heute“, zerschnitt Kriminaldirektor Dr. Pfleger die andächtige Stille. „Ich denke, wir haben Sie genügend irritiert. Das werden Sie sicherlich zunächst einmal in aller Ruhe verdauen müssen. Sie sollten erst wieder am Montag in Ihrer Dienststelle erscheinen. Und vergessen Sie ja nicht: An niemanden auch nur ein Sterbenswörtchen! Wir verabschieden uns hiermit. Es gibt noch viel zu tun.“
    Der BKA-Beamte öffnete geschwind eine Nebentür, hinter die er gemeinsam mit Dr. Wessinghage in Windeseile entschwand.
    „Sagen Sie mal, Herr Hauptkommissar, wer war denn diese attraktive, aparte Dame mit der Sie diese musikalische Lesung besucht haben? Irgendwie ist mir Ihre Begleiterin bekannt vorgekommen?“, fragte Dr. Holerbach.
    Tannenberg hatte nicht hingehört. Seine Gedanken beschäftigten sich derweil mit quälenden Selbstvorwürfen.
    Verdammt, ich hab vergessen, ihnen zu sagen, dass sie mir ja auf Max aufpassen sollen!, dachte er und stürmte auf die Tür zu, die sich jedoch merkwürdigerweise nicht mehr öffnen ließ.

17
    Innerlich aufgewühlt, gleichzeitig aber auch benommen von den über ihn wie ein plötzlicher Steinschlag eingestürzten Informationen und Ereignissen, trottete Wolfram Tannenberg mit trägen, schlurfenden Schritten nach Hause. Diesmal nahm er ohne auch nur einen einzigen Gedanken an eine alternative Route zu verschwenden, den direkten Weg über die Glockenstraße.
    Wie fast immer blieb seiner Mutter die Heimkehr ihres jüngsten Sohnes nicht verborgen. Sie fing ihn im Flur ab und lud ihn zum gemeinsamen Abendessen in die elterliche Wohnung ein. Tannenberg verspürte nicht die geringste Lust dazu; er wollte einfach nur seine Ruhe haben.
    „Wolfi, bitte komm. Heiner und Betty sind auch da“, sagte die alte Frau und wollte ihn sogleich sanft durch die Eingangstür schieben.“
    Aber er verwahrte sich dagegen, indem er einfach wie ein störrischer Esel stehen blieb. „Also, Mutter, auf meine geliebte Schwägerin hab ich nun absolut keinen Bock“, bediente sich Tannenberg ungewohnter Weise der Jugendsprache.
    „Du musst aber kommen!“
    „Warum, muss ich?“
    „Weil sie sich große Sorgen um Marieke machen.“ Dann senkte sie die Stimme, bewegte ihren Kopf in Richtung Tannenbergs Ohr und ergänzte flüsternd: „Sie haben Angst, dass sie sich was antut.“ Sie schniefte. „Wegen ihrem Freund …, der ja jetzt tot ist … Das arme Kind!“
    Nun war ihm natürlich schlagartig klar, dass er das jammernd vorgetragene Begehren seiner Mutter nicht brüsk zurückweisen konnte. Liebevoll nahm er sie in den Arm und betrat gemeinsam mit ihr die gemütlich eingerichtete elterliche Wohnküche. Heiner und dessen Ehefrau saßen schweigend am Tisch und stocherten lustlos in ihrem Salat herum, während sein Vater sich wie üblich mit mürrischem Gesichtsausdruck in die Zeitung vergraben hatte.
    Man konnte die schwermütige, erdrückende Stimmung geradezu mit Händen greifen.
    „Heiner, was ist denn mit Marieke?“
    „Ach, Wolf, das weißt du doch genau. Du hast sie schließlich in diese Klinik begleitet.“
    „Ja, klar.“
    Heiner stöhnte auf. „Und seitdem ist sie wie ausgewechselt, isst fast nichts mehr, sperrt sich nur noch in ihrem Zimmer ein. Gestern war sie noch nicht mal in der Schule. Die ist völlig fertig mit ihren Nerven.“
    „Ich hab wirklich Angst, dass sie sich umbringt“, pflichtete Betty ihrem Ehemann bei. „Sie nimmt von mir keinerlei Hilfe an. Und zu einem Psychologen will sie auch nicht.“
    „Was sollen wir nur machen?“, fragte Heiner und schlug sich dabei verzweifelt die Hände vors Gesicht.
    Du fragst, was ihr machen sollt? Was um Gottes willen soll ich denn machen? Ich darf euch doch nichts sagen! Verdammt noch mal! Auch

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