Ohnmachtspiele
sich ernüchtert eingestehen, dass ihm mit ziemlicher Sicherheit ein Zufall über den Weg gelaufen war. Was sollte das aussagen? König und Dame? – Schach, Poker, Bridge? Er zündete sich eine Zigarette an, beobachtete die Pendler, die nun auf die Bahnsteige strömten, und bat den Kellner um die Rechnung.
Im Kommissariat traf er auf keinen Menschen und zum Glück auch auf keine weiteren heiteren Anspielungen auf sein Missgeschick im Wald. Manchmal ist es ganz gut, wie schnell die Toten unwichtig werden, sagte er sich, betrat das Büro, hängt seine Jacke auf und schaltete die Tageslichtlampe ein. Er setzte sich an den Schreibtisch und fuhr den Computer hoch. In einer Dokumentvorlage fasste er zusammen, was er tagsüber zu erledigen hatte. Schreyer sollte mit dem Phantombild des Schweizers die Autowerkstätten abklappern und herausfinden, ob der Mann in den letzten Jahren irgendwo seinem Mechanikerberuf nachgegangen war. Harald Ziermann: Auch wenn es ihm sonderbar vorkommen musste, wollte Schäfer doch wissen, ob ihm die Namensgleichheit mit dem norwegischen Königspaar bekannt war. Dann war da noch die Freundin von Laura Rudenz, die von einem möglichen Liebhaber gesprochen hatte; die musste er treffen … ah, endlich begann er wieder die Dinge in die Hand zu nehmen. Um zwei Minuten vor sieben betrat Bergmann das Büro.
„Na, Unterstunden abbauen?“, begrüßte er Schäfer.
„Ich hatte eine Aufgabe zu erfüllen, die für das Ansehen der gesamten Polizei von tragender Bedeutung war … und außerdem: Seien Sie nicht so frech, Bergmann, sonst ziehen wir unsere Uniformen an und vergleichen die Streifen.“
„Entschuldigung – aber die Geschichte war endlich wieder einmal was, über das alle hier lachen konnten.“
„Gern geschehen … sagen Ihnen die Namen Sonja und Harald etwas? Ich meine, abgesehen von den Ziermanns?“
„Nein. Sollten sie?“
„Das norwegische Königspaar“, erklärte Schäfer und richtete seinen Zeigefinger auf Bergmann, „ist doch interessant, oder?“
„Ich wüsste nicht, warum … das sind jetzt auch keine so ausgefallenen Namen.“
Schäfer erwiderte nichts und setzte seine Arbeit fort. Kurz vor elf klopfte es und Kovacs trat ein. Sie hatte im Fall des Schweizers auf eigene Initiative einige der größeren Wiener Autowerkstätten aufgesucht. In einer hatte der Mann tatsächlich gearbeitet, wenn auch nicht einmal die gesamte Probezeit. Schäfer sah sie erstaunt an. Die Frau war noch besser, als er erwartet hatte.
„Kollegin“, sagte Schäfer, „wenn Sie ein Mann wären, würde ich Sie jetzt küssen. Ich meine: nicht, weil Sie ein Mann wären, sondern weil Sie keine Frau wären, weil bei Frauen ist das bei der Arbeit ja gleich sexuelle … na, Sie wissen schon.“
Kovacs und Bergmann schauten sich verwundert an.
„Ist doch egal“, lenkte Schäfer ab, „Bergmann, Pferde satteln, ich habe heute keine Lust, selbst Auto zu fahren.“
„Ähm“, meinte Bergmann zurückhaltend, „ich weiß nicht, ob es gut ist, dass wir beide uns diesem Fall widmen, der ja eigentlich kein aktueller ist … ich meine, wenn Kamp davon Wind bekommt …“
„Auch wieder wahr“, gab Schäfer zu, „Kovacs, was ist mit Ihnen?“
Die Autowerkstatt Stippl lag im elften Bezirk am Rande des Zentralfriedhofs. Im Mittagsverkehr kamen sie nur langsam voran.
„Wenn es nicht so verarmt aussehen täte, würde ich nie mit dem Auto hier herausfahren“, sagte Schäfer genervt, „na los, Kollegin, machen Sie auf Gefahr im Verzug!“
Kovacs ließ das Fenster herunter und stellte das Blaulicht aufs Dach.
Zehn Minuten später stellten sie das Auto ab und gingen direkt in die Werkhalle. Schäfer schnappte sich einen der Mechaniker und fragte ihn nach dem Chef. Im Büro, meinte der Arbeiter und zeigte ihnen den Weg.
„Herr Stippl? … Major Schäfer, Kriminalpolizei, meine Kollegin, Revierinspektorin Kovacs.“
„Grüß Gott“, erwiderte der Mann verunsichert und stand hinter seinem Schreibtisch auf, „Sie kommen wegen dem Willi, nehme ich an.“
„Richtig … wie war eigentlich sein voller Name?“
Stippl zögerte, bat die beiden, Platz zu nehmen und setzte sich ebenfalls.
„Wissen Sie … der war ja noch in der Probezeit und …“
„Sie haben ihn schwarz beschäftigt“, schloss Schäfer.
„Na ja …“, setzte der Mann an, sich herauszureden.
„Mir persönlich egal“, fuhr Schäfer fort, „von unserer Seite bekommen Sie da keine Schwierigkeiten. Ich möchte wissen, mit wem er
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