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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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kannte. Das Wohnzimmer war eher als Stube zu bezeichnen: viel Fichtenholz, ein schwerer Holztisch mit Eckbank, ein Kachelofen, darüber ein ausladender Vierzehnender – Schäfer fühlte sich sofort heimisch.
    „Ich mache mir einen Rindsbraten warm“, meinte der Mann, „wollen Sie auch was?“
    „Gern.“ Schäfer setzte sich auf die Ofenbank und drückte seinen Rücken an die warmen Kacheln.
    Als der Mann mit der Hündin im Schlepptau in die Stube kam und das Essen auf den Tisch stellte, stand Schäfer auf und nahm auf der Eckbank Platz.
    „Bier?“, fragte der Mann, ging wieder in die Küche und kam mit zwei Flaschen und einem vollen Futternapf für den Hund zurück.
    „Der Artus war schon alt“, sagte er, nachdem sie eine Zeitlang schweigend vor sich hin gekaut hatten. Schäfer wusste nicht, was antworten.
    „Ein Jahr noch, vielleicht zwei“, fuhr der Mann gedankenverloren fort.
    „Dafür war er aber noch ganz schnell.“
    „Ja, das war er … ein Saarloos.“
    „Sie da ist auf einem Aug blind“, sagte Schäfer und deutete auf die Hündin, die sich neben dem Ofen ausstreckte, „ich hoffe, das macht Ihnen nichts.“
    „Sie haben Sie deswegen genommen, oder?“
    „Ich glaube schon“, antwortete Schäfer und sah in ihre Richtung.
    „Das ist gut.“ Der Mann stand auf, um die Teller abzuräumen.
    Er kam wieder, setzte sich, holte eine Schachtel Zigaretten aus der Tischschublade und bot Schäfer eine an. Rauchend saßen sie am Tisch und schauten abwechselnd aus dem Fenster und zur Hündin.
    „Spielen Sie Karten?“, fragte der Mann, nachdem sie sich zwei Zigaretten lang schweigend gegenübergesessen waren.
    „Ich habe schon lang nicht mehr gespielt … früher viel, Schnapsen mit meinem Opa, aber das ist gut dreißig Jahre her.“
    „Das verlernt man nicht.“ Er öffnete die Tischschublade und nahm eine Packung doppeldeutsche Karten heraus. Nach dem ersten Spiel, das Schäfer zu null verloren hatte, stand der Mann auf, ging zur Anrichte, entnahm ihr eine etikettenlose Flasche mit einer klaren Flüssigkeit und zwei Gläser.
    „Wie nennen wir sie?“, fragte er, nachdem er die Gläser gefüllt und Schäfer eins hingestellt hatte.
    „Keine Ahnung … Einäuglein?“
    „Depp“, rutschte es dem Mann heraus, „ich glaube, ich sage Aurora zu ihr.“
    „Aurora … die Göttin der Morgenröte … so wie ein neuer Tag beginnt.“
    „So ist es.“ Der Mann erhob sein Glas. „Auf Aurora.“
    „Auf Aurora.“

13
    Um vier Uhr morgens wachte Schäfer auf. Er war durstig und ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Mit dem Glas in der Hand setzte er sich auf die Couch. Und mit einem Mal war die Brücke da – oder zumindest ein Seil, das über den Abgrund führte, der zuvor alles verschluckt hatte. Er sah sich in Frau Sylvias Friseursalon sitzen und eine Illustrierte durchblättern, die ihre Leser mit Gerüchten und Halbwahrheiten aus den europäischen Adelshäusern versorgte. Solche Magazine brauchte er. Er stand auf und ging ins Bad, duschte, rasierte sich und zog sich an. Mit einer zur Hälfte geschälten Banane in der Hand stieg er in den Lift und fuhr ins Erdgeschoss. Als er auf der anderen Straßenseite seinen Wagen und dessen zerbeulten Kotflügel sah, wollte er sich einreden, dass er bei der Heimfahrt auf keinen Fall die gesetzlich erlaubte Promillezahl überschritten hatte. Drei Bier und ein paar Schnaps, aber über den ganzen Abend verteilt, dieses beschissene nasse Laub auf der Straße, deswegen hatte er die Kontrolle verloren und war in die Böschung gekracht, Scheiße, Schäfer, ging er mit sich selbst ins Gericht, überquerte die Straße und stieg in den Wagen. Der ließ sich zwar starten, doch das rechte Vorderrad scheuerte an der Außenverkleidung. Er stieg wieder aus und ging zu Fuß zum Westbahnhof. Das Gros der Geschäfte hatte noch geschlossen, doch Schäfer fand einen Kolporteur, der in der Wartehalle neben den üblichen Pornomagazinen für einsame Reisende auch eine Vielzahl genau der Zeitschriften anbot, die er suchte. Er kaufte fünf verschiedene Exemplare, setzte sich damit vor den einzigen geöffneten Kiosk und bestellte ein Wiener Frühstück. Mit einer Marmeladesemmel in der einen Hand blätterte er mit der anderen die Magazine durch. Im vierten fand er, wonach er gesucht hatte: das norwegische Königspaar, Sonja und Harald; so wie die Ziermanns. Nach einem Moment der Euphorie, und nachdem er über Zusammenhänge und mögliche Motive nachgedacht hatte, musste er

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