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Okarina: Roman (German Edition)

Okarina: Roman (German Edition)

Titel: Okarina: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Der dichtet. Und im Gefängnis war er auch.
    Sehr wohl bin ich mit der Grünen Minna ins Ghetto-Lager gekommen. Man hat gesehen, wie ich aus dem eisernen Kasten sprang. So sprach ich mich in den Baracken herum. Dabei gab es zwischen dem Nutzfahrzeug und mir keine zwingende Beziehung; es war einfach vorhanden, als in der Rakowiecka ein Transportmittel benötigt wurde. Entsprechend habe ich in ihm eine Beziehung geknüpft, die keine Fortsetzung erfuhr.
    Die Rakowiecka? Es ist eine Straße im Stadtteil Mokotów, meint jedoch vor allem das Zentralgefängnis, das dort liegt. Oder zeitweise lag. Ich bin darin unbestimmt, seit mir ein Kenner sagte, das eigentliche Zentralgefängnis sei das in der ulica Pawia gewesen. Die Rakowiecka habe zu ihrer erhöhten Stellung erst kommen können, als der Pawiak in Trümmer sank. Der penible Mann hörte sich wie einer an, mit dem nicht gut Herabstufen war. Wie einer, der im gehobenen Pawiak eingesessen hatte und nicht in der minderen Rakowiecka. Mir aber galt die Rakowiecka gehoben genug.
    Um noch einmal auf Namen und Ränge zu kommen: Es hat sich mein Ansehen bei dem Mann, der im rückschauenden Gespräch auf Ordnung auch der Gefängnisdinge sah, wiederhergestellt, als er wußte, daß ich nicht nur für eine nennenswerte Spanne in der zeitweilig zentralen Rakowiecka, sondern danach in der herausgehobenen Gęsiówka weilte. Gęsiówka spricht sich ungefähr Genschuwka und bezeichnete das von Himmler gestiftete Arbeitslager, in das ich zweieinhalb Jahre nach dieses Reichsführers Hinschied im eisernen Wagen eingefahren bin.
    Wie üblich, wurde ich ausgefragt, und wie geübt, hielt ich mich mit Personalien zurück. Name, Heimatort, Dienstgrad und letzte Einheit. Wer wollte, erfuhr, ich sei volljährig. Mündig, sagte ich und dachte: Aber darin nicht so geübt.
    Im nachhinein sehe ich, daß mir allerorten die Wichtigkeit meines späteren Zweitberufs vor Augen trat. Oder Drittberufs, da Drucken und Setzen schon zwei Tätigkeiten sind. Wo jede Änderung eine Nachricht war, wurde auch meine Ankunft in der Gęsiówka in den Dienst von Information und Kommunikation gestellt. Sagen sollte ich, wie man in Grüne-Minna-Kreisen den Stand der Weltdinge taxiere und was man sich vom Kalten Krieg verspreche. Hinsichtlich unserer Heimkehr vor allem. Ob ich nach der Entlassung aus dem Gefängnis mit einer aus dem Lager rechne. Also nicht nur auf meine, sondern eine allgemeine setze. Wie ich es finde, daß der zweithöchste Pole, dieser Mikołajczyk, nach dem Westen und der Oberkommunist von Thüringen in die Westzone abgehauen seien. Und Reichskommentator Fritzsche zehn Jahre Arbeitslager bekommen habe, während Al Capone im Knast friedlich verstorben sei.
    Nach der Art zu urteilen, in der man mich fragte, hatte ich eingeweiht an höherem Ort geweilt. Im Zentralgefängnis eben. In einer Zentrale also. Im Zentrum wenn nicht der Macht, so des Wissens und damit doch der Macht. Die Sache mit Thüringens Ministerpräsidenten war mir neu und nicht wichtig. Die Sache mit Al Capone war mir weder neu noch unwichtig. Vom Urteil gegen Fritzsche wußte ich nichts. Aber zur Flucht von Mikołajczyk hätte ich mich äußern können, und zum Kalten Krieg konnte ich Authentisches sagen.
    Denn ich bin Ohrenzeuge seiner Geburtsstunde, die eine Radiostunde war, gewesen. Im Mechanikerkeller der 10. Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit der zeitweiligen Volksrepublik Polen hörte ich einem Manne zu, der Churchill hieß und in Fulton, Missouri, USA, von einem Eisernen Vorhang sprach. Den hätten die Russen, sagte er in Radio Free Europe, und ein Mikołajczyk-Pole übersetzte es mir, zwischen Stettin und Triest heruntergelassen. Der Dolmetsch hatte, solange Mikołajczyk in London die Exilregierung leitete, in der Anders-Armee gedient, war ähnlich seinem Chef so früh wie möglich nach Polen zurückgekehrt, aber unähnlich seinem Chef gleich ins Zentralgefängnis gekommen. Er habe es, so sagte man ihm täglich im Mechanikerkeller der 10. Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit, wegen Dummheit nicht anders verdient.
    Hätte es in der Rakowiecka den 6. Brockhaus-Band gegeben, der vom 6. Buchstaben unseres Alphabets bis G wie Garzweiler reichte, dieweil es in der Zelle, die unter Aufsicht der 10. Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit stand, nur den 10. Band gab, der laut goldfarbener Inschrift auf seinem Rücken von Kat bis KZ reichen sollte, jedoch mit Kyzyl-Irmak endete und zu

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