Oksa Pollock. Die Entschwundenen
Wurzelkopf wiederzusehen, mit dem er vorhin jene seltsame Unterhaltung geführt hatte. Mehrere Pflanzen, die den Fuß eines Baumstamms säumten, schienen ihn zu beobachten. Eine von ihnen, die von einer großen flaumigen Kugel gekrönt war, beugte sich zu ein paar Beeren hinab, die aufgeregt zappelten, und flüsterte ihnen etwas zu, das Gus nicht verstehen konnte.
»Zuversicht und Durchhaltevermögen sind oft die Schlüssel zum Erfolg«, hob die Stimme erneut an.
Gus hob den Blick und entdeckte nicht weit von ihm im Schatten des Dickichts eine Silhouette. Die Stimme kam ihm plötzlich bekannt vor: Er hatte sie schon einmal gehört. Aber wo?
»Und vor allem: Hab keine Angst«, fuhr die Stimme fort.
Gus setzte sich auf und machte sich aufs Schlimmste gefasst. Plötzlich verwandelte sich die vage Silhouette in die Gestalt einer Frau, die aus dem Wald kam. Gus riss verblüfft die Augen auf. Er erkannte die Gestalt wieder, die da auf ihn zukam. Es war die Frau auf dem Gemälde, dieselbe, die ihn in diese verfluchte Falle gelockt hatte! Da stand sie, direkt vor ihm, und blickte ihn mit einem geheimnisvollen Lächeln an.
Der Prozess der Eingemäldung
O
ksa und Zoé wechselten einen Blick, in dem sich Ratlosigkeit und Sorge mischten. Dragomira, die ihnen gegenübersaß, schien einer Ohnmacht nahe. Sie ergriff Abakums Hand und drückte sie heftig.
»Die Eingemäldung«, murmelte sie.
Abakum holte tief Luft, strich sich über den kurzen Bart und schloss die Augen. Als er sie wieder aufschlug, war tiefe Besorgnis darin zu lesen, was nicht gerade zur Beruhigung all jener beitrug, die nicht wussten, was es mit dieser Eingemäldung auf sich hatte.
»Das ist unmöglich«, sagte Abakum betroffen. »Es mag ja sein, dass Remineszens eingemäldet wurde, aber doch nicht Gus!«
»Soll das heißen … dass meine Großmutter gar nicht tot ist?«, fragte Zoé aufgeregt.
»Erspart bleibt ihr dadurch nichts«, stieß Leomido hervor. »Denn eine Eingemäldung … Aber ja, Gott sei Dank, sie ist noch am Leben.«
»Und Gus?«, fragte Oksa und schaute zu Pierre und Jeanne, die vor Entsetzen wie versteinert wirkten.
Die Rette-sich-wer-kann sahen einander an. Niemand wagte, das Wort zu ergreifen, aus Angst, etwas auszusprechen, was unerträglichen Schmerz auslösen würde. Wie üblich war es schließlich Oksa, die das Schweigen brach.
»Wenn Remineszens in dem Gemälde lebt , dann gilt das doch wohl auch für Gus, oder?«, fragte sie in energischem Ton. »Das ist doch nur logisch! Dieses Gemälde im Chemiesaal war das Letzte, was Gus gesehen hat. Er hat ein Foto davon gemacht, und gleich darauf ist er verschwunden!«
Alle richteten den Blick auf den Bildschirm mit dem Abbild von Remineszens.
»Das ist es, was die Eingemäldung bedeutet, oder?«, vergewisserte sich Oksa. »Dass Gus zusammen mit Remineszens in diesem Gemälde eingeschlossen ist!«
Die zierliche Jeanne stieß einen Schluchzer aus. Pierre, der neben ihr saß, ballte in ohnmächtigem Zorn die Fäuste.
»Gus kann nicht eingemäldet worden sein«, verkündete er bebend.
»Aber Remineszens ist es doch auch«, gab Dragomira zu bedenken.
»Vielleicht gibt es irgendeinen Grund, weshalb ihr das passiert ist«, setzte Abakum den Gedankengang fort. »Aber Gus … das ist unmöglich, glaubt mir.«
»Und warum?«, fragte Oksa energisch. »Du siehst doch, dass es gar nicht anders sein kann.«
»Die Junge Huldvolle trägt die Wahrheit im Munde«, schaltete sich nun der Plemplem mit großen Augen ein. »Die Rette-sich-wer-kann müssen diese Gewissheit in ihr Herz eindringen lassen: Dem Freund der Jungen Huldvollen ist die Eingemäldung widerfahren. Die Enthüllung ist mit Tragik gespickt, doch sie bekleidet eine unbestreitbare Tatsache.«
»Danke, lieber Plemplem«, sagte Dragomira und tätschelte dem kleinen Geschöpf den mit gelbem Flaum bedeckten Kopf. »Ich fürchte, wir müssen dieser Tatsache ins Auge sehen. Ich bin fassungslos, dass so etwas passieren konnte. Kann sich das irgendeiner von euch erklären? Naftali? Brune? Ihr wart Diener des Pompaments, bevor das Große Chaos ausbrach. Kennt ihr die Gesetze, die zur Eingemäldung führten? Ich war noch so jung, als wir aus Edefia fliehen mussten. Das Einzige, woran ich mich erinnere, ist, dass jemand, der schwere Gesetzesübertretungen oder sogar Verbrechen begangen hatte, eingemäldet werden konnte, allerdings nur nach einem rechtsgültigen Verfahren. Es war so eine Art Gefängnisstrafe, nicht wahr?«
»Oh, im Prinzip
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