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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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wo Abakum sie mit offenen Armen empfing. Über die Schulter des Feenmanns hinweg erblickte sie Tugdual. Er sah sie mit seinen eisblauen Augen an, und wie immer bekam sie sofort weiche Knie. Neben ihm stand Zoé. Wie die anderen Rette-sich-wer-kann trugen auch die beiden Jugendlichen die in Edefia übliche Tracht. Tugdual hatte sich für eine Wickeltunika entschieden, die seitlich mit Lederbändern verschnürt wurde, eine weite Hose und Stiefel aus weichem Leder, alles so schwarz wie seine Haare. Zoé trug über einer weiten Hose ein Kleid mit einem Stehkragen, das an ein gestepptes asiatisches Seidenkleid erinnerte. Dazu hatte sie flache Sandalen angezogen. Ihre rotblonden, zu Schnecken frisierten Haare betonten ihr zartes Gesicht. Sie besaß eine ernste Schönheit, die nicht zu übersehen war. Oksa warf beiden einen strahlenden Blick zu.
    Pavel war mit dem Kapiernix auf dem Rücken und dem Plemplem und dem Getorix auf den Armen inzwischen ebenfalls oben auf der Tribüne angekommen. Wenige Sekunden später ertönte eine dröhnende Stimme.
    »Meine Damen und Herren, Geschöpfe und Pflanzen, ich bitte um eure Aufmerksamkeit!«
    Oksa versuchte herauszufinden, woher diese unglaublich kräftige Stimme kam. Doch nicht etwa von diesem winzigen Vogel mit den zitronengelben Flügeln? Tatsächlich, so war es!
    »Wir sind heute alle hier versammelt, um diejenige zu ehren, die unsere neue Herrscherin geworden ist. Damit meine ich die Huldvolle Oksaaaaa!«, fuhr der Megafonvogel fort.
    Natürlich richteten sich sämtliche Blicke auf Oksa, die prompt dunkelrote Flecken auf Wangen, Stirn und Hals bekam. Eilfertig machte sich der Getorix daran, ihr mit einem Schirmbaumblatt Luft zuzufächeln.
    »Sieht fast so aus, als müsste ich eine kleine Rede halten«, murmelte Oksa.
    Sie warf ihrem Vater einen fragend-verzweifelten Blick zu, und Pavel nickte belustigt.
    »Okay, ich hab schon verstanden«, sagte sie missmutig.
    Dann ließ sie den Blick über die Tribünen schweifen. Sie waren voll besetzt mit Menschen, die auf ein Zeichen von ihr warteten. Sie trat vor, legte die Hände auf die Brüstung und sprach mit heller Stimme:
    »Ich freue mich sehr, heute bei euch zu sein …«
    Naftali, der in seiner Tracht aus anthrazitgrauem Flanell phantastisch aussah, unterbrach sie und hielt ihr etwas hin. Eine schimmernde weiße Kugel lag in seiner Hand.
    »Nimm diesen Amplivox-Befähiger, dann können dich alle verstehen.«
    »Wirklich?«, fragte Oksa begeistert.
    »Wirklich«, bestätigte Naftali.
    Oksa nahm den Befähiger und schob ihn in den Mund. Er schmolz sofort und erzeugte ein komisches Gefühl hinten in ihrer Kehle.
    »Hm …«
    Allein schon ihr Räuspern hallte bis ans andere Ende des Sees. Vor Überraschung musste Oksa leise lachen, und auch die Schallwellen dieses Lachens breiteten sich aus. Es war ein ansteckendes Lachen, und sofort hellten sich die Gesichter der Anwesenden auf. Bald darauf brach eine unwiderstehliche Heiterkeit aus. Oksa musste immer stärker lachen, und je mehr sie lachte, desto unbändiger lachten auch alle anderen.
    Schließlich hatte sie sich wieder einigermaßen beruhigt und konnte weitersprechen.
    »Wie gesagt, ich freue mich sehr, heute bei euch zu sein! Und ich werde mein Bestes tun, damit die verloren gegangene Harmonie zurückkehrt, doch dafür brauche ich nach wie vor auch eure ganze Kraft. Wir brauchen uns alle gegenseitig, zusammen werden wir es schaffen …«
    Ihre Anhänger waren vollzählig versammelt, und so nutzte sie die Gelegenheit, für sie alle zu wiederholen, was sie schon bei der Ernennung der Diener des Pompaments gesagt hatte. Jubel brandete auf, und eine Hand legte sich auf ihre Schulter.
    »Du würdest eine hervorragende Politikerin abgeben, Kleine Huldvolle«, flüsterte Tugdual ihr ins Ohr.
    Oksa sah ihn liebevoll an und fuhr dann mit ihrer verstärkten Stimme fort:
    »Wir alle haben uns an den Wiederaufbau der Goldenen-Mitte gemacht, obwohl wir uns der Gefahr bewusst sind, die uns von allen Seiten bedroht. Und wir haben unser Ziel noch lange nicht erreicht. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, ist heute ein besonderer Tag. Ein Tag, an dem wir uns eine Pause gönnen. Ein Tag voller Überraschungen – auf die ich schon ganz gespannt bin!«
    Der kleine Megafonvogel ließ sich direkt neben ihrer Hand auf der Brüstung nieder.
    »Das Fest kann begiiinnnnnnen!«, rief er.
    Der Jubel schwoll noch weiter an. Auf den Tribünen wurden Tausende von dunkelblau und bordeauxrot gestreiften

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