Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
Vom Netzwerk:
geschlafen hatten, wich die Anspannung langsam der Zuversicht.
    Die Bürger Münchens hatten Ruhe bewahrt.
    Das Tagebuch der Operation »Schäfflertanz« vermerkte für die vorangegangene Nacht »keine besonderen Vorkommnisse«.
    Oberst Buchwieser, sein Stabschef, trat neben ihn und überreichte ihm einen Zettel.
    »Herr General, ich habe hier eine dringende Meldung für Sie.«
    »Danke.«
    Moisadl faltete den Zettel auseinander. Die Meldung war verschlüsselt. Zahlenreihen in Blöcken zu je acht Ziffern. Auf den ersten Blick ein ganz normaler Bundeswehrcode, aber eben nur auf den ersten Blick.
    Diesen Code konnte er nur mit einem persönlichen Schlüssel entziffern, denn ihn verwendete nur eine einzige Abteilung. General Moisadl war einer der wenigen, die von dieser Abteilung wussten.
    Und von dem Mann, der diese Abteilung leitete.
    Von dem Mann mit dem Decknamen Zerberus.
    *
    Kaliningrad, 9:30 Uhr Ortszeit
    Mittlerweile hatte er vieles klären können. Oberst Klarow hatte ihn in dem anderen Restaurant namens »Oleg« erwartet. Die Verwechslung war Schuld des Taxifahrers, dieses sympathischen Mannes mit den traurigen Augen. Ein Blick auf den Stadtplan hatte auch den Grund aufgezeigt. Die Route, die Härter in dem Taxi gefahren war, war um ein Vielfaches länger. So etwas passiert, wenn keine Zeit ist, eine Operation gewissenhaft vorzubereiten. Deshalb war ihre Verabredung geplatzt. Die sollte nun heute Abend nachgeholt werden. Damit jedes weitere Missverständnis ausgeschlossen war, verabredeten sie sich in einem Lokal, das sie beide kannten. Ob es nicht auch schon zum Mittagessen ginge, hatte Härter noch gefragt. Aber Klarow hatte erst abends Zeit.
    Eigentlich hatte Härter gehofft, um zwanzig nach sieben den Nachtzug nach Berlin nehmen zu können. Nun würde er erst morgen früh fliegen. Um kurz vor halb zehn mit der Air Baltic nach Kopenhagen. Dass dort ein ganz bestimmter Operateur auf ihn warten würde, hatte er bereits veranlasst. Sein sogenanntes Stand-in würde bereit sein.
    Er sah auf seine Sinn-Uhr.
    Kapitän zur See Wolfgang Härter lief die Zeit davon.
    Er hatte einen kurzen Bericht an Moisadl abgesetzt. Darin hatte er den General darüber informiert, dass sie es vermutlich mit Puteschestwenniki zu tun hatten. Mit »Reisenden«. Elitesoldaten. Mehr konnte er im Moment nicht tun.
    Er würde den Tag wieder bei Ivanov im Archiv verbringen. Obwohl er nicht glaubte, dass weiteres Suchen noch Aussicht auf Erfolg hätte. Der Gegner hatte seine Spuren verwischt. Die Namensliste, die sie dennoch entdeckt hatten, war ein Glückstreffer gewesen. Aber vielleicht hatte der Gegner ja doch etwas übersehen.
    Er setzte die falsche Brille auf und zog sich das viel zu große Jackett über. Dann verließ Dr. Urs Röhli mit etwas unsicheren Schritten sein Hotelzimmer, um zu frühstücken.
    *
    Natürlich hatten sie es versucht. Aber niemand hatte den Bundespräsidenten von seinem Vorhaben abbringen können. Er wollte sich im Austausch für ein Zelt als Geisel zur Verfügung stellen. Keiner der Anwesenden bestritt, dass ein solches Angebot eine politisch kluge Geste war. Allen war klar, dass nicht nur die Bürger im Inland, sondern auch die Regierungen im Ausland diese Selbstlosigkeit schätzen würden.
    Jeder Hinweis auf das Risiko war vom Staatsoberhaupt abgeprallt. Der Mann galt ohnehin als starrköpfig, und so waren die Versuche, ihn noch umzustimmen, bald eingestellt worden.
    Deshalb trafen um zwölf Uhr an diesem Tag nicht nur der Innen- und der Finanzminister in der bayerischen Staatskanzlei ein, sondern auch der Bundespräsident.
    Der Ministerpräsident begrüßte den hohen Besuch. Der Bundespräsident verwehrte ihm jedoch die erhofften Pressefotos. Der offizielle Pressetermin war auf Wunsch des Staatsoberhauptes gemeinsam mit dem Stadtkommandanten angesetzt. Der bayerische Regierungschef reagierte zwar äußerst ungehalten, ändern konnte er jedoch an der Entscheidung nichts.
    *
    Polizeihauptmeister Ulgenhoff absolvierte eine weitere Schicht in einem der Zelte. Freiwillig, denn diese Stadt war auch seine Stadt. Er wohnte hier gerne. Und er nahm seinen Beruf sehr ernst. Er war verpflichtet, die Sicherheit der Bürger Münchens zu gewährleisten.
    Seine Verlobte hatte ihn angefleht, nicht noch einmal in eines der Zelte zu gehen. Sie hatte gebeten und gebettelt. Schließlich hatte sie gedroht, ihn zu verlassen. Auch Kroneder hatte versucht, ihn davon abzubringen.
    Aber er hätte sich selbst vorgeworfen, die Geiseln im

Weitere Kostenlose Bücher