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Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman

Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman

Titel: Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klöpfer&Meyer GmbH & Co.KG
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um sich (meist hinauf, bei ihrer Größe), immer auf der Suche nach etwas, das sie ganz und gar gutheißen könnte. Du sollst etwas gutheißen können. Ihr elftes Gebot.
    Nach der x-ten Kreisvermessung begann die Ruderpartie nun wirklich zu langweilen. Ich registrierte mit klammheimlicher Freude, wie ein Gewitter von Polen heranzog. Unter denselben Flüchen wie auf dem Hinweg trug ich meine Last zurück. Marya hatte uns schon am Tümpel verlassen, sie wollte nach Hause, Essen vorbereiten. Ich sagte, ich käme bei Stanislau unter, aber der winkte ab, geh nur, bedeutete mir sein Blick, hier ist die Jugend, da kann man noch etwas gutmachen, hier ist Rhodos, hier springe.
    Ich dachte nicht daran, heute noch irgendetwas zu tun, geschweige denn zu springen. Aber dann kam der überfallartigeRegen, ein Krieg zwischen Himmel und Erde. Wie im Himmel. So auf Erden. Von oben waren wir durch das Boot geschützt, doch der Sturm trug die Feuchtigkeit von allen Seiten an uns heran, pudelnaß enterten wir die Garage von Stas’ Eltern, vor Erschöpfung lachten wir, bis ich Seitenstechen und Stanislau einen Hustenanfall bekam.
    »Wir reden ein andermal, ja?«
    »At your command! Du wolltest reden, nicht ich.« Stanislau drückte mir stumm die Hand. Er drehte sie so, daß meine oben auflag. Ein Zeichen der Unterwerfung, dachte ich, oder der Abbitte. Stand es so schlimm um den Sender, waren es etwa Mafiagelder?
    »Waldfee!« rief ich, als ich die Haustür öffnete, »ich bin klitschnaß, ich geh erstmal duschen, hab eigentlich auch keinen Hunger, ich – «
    Manja kam mit zwei Tellern in der Hand auf den Flur. Sie hatte sich eine Küchenschürze umgebunden. Ich sah, daß sie ziemlich wenig darunter trug. Einen Moment blieb ich wie ein Trottel auf der Türschwelle stehen.
    »Kochst du immer im Bikini?« fragte ich.
    Marya blickte an sich herab, die Augenbrauen vor Irritation zusammengezogen, dann sah sie wieder zu mir her.
    »Duschst du immer im Hemd?«
    »Nein«, sagte ich und bemühte mich, ein Lächeln aufzusetzen, »nein, nur wenn meine kleine Tante in der Nähe ist.«
    »Willst du wirklich nichts essen?«
    »Wirklich nicht. Danke.«
    Ich brauchte lange im Badezimmer. Dann legte ich mich aufs Sofa, verdöste den Tag. Als es Abend wurde, trat ich auf die Veranda. Es hatte aufgeklart. Diese nimmermüden Frühlingsnächte. Mit Regenbogenhorizont. Ein schwarzer Rachen,der sich auftut und gierig immer mehr Rot verschlingt. Bis nur ein letzter, fast leerer Streifen Violett verbleibt. Violett. Dann Blau. Dann Finsternis. Finsternis über Hrodna, Finsternis über dem Westen.
    Ich setzte mich. Im übervollen Aschenbecher begann ich nach Kippen zu suchen, die Tanja, nicht Lesja gehört hatten, also so gut wie keine Lippenstiftspuren trugen. Ganz unten wurde ich fündig. Ich dachte an den Abend vor zehn Jahren, als wir uns wiedergefunden hatten. Plötzlich war es da, das Bedürfnis zu laufen, mit langen harten Schritten auf meinen Ballen. Ich wollte mich für meine Schwäche bestrafen, aber mir fiel nichts Passendes, nichts Unpathetisches ein. Ich hatte alles verdorben, nicht nur einmal, sondern wieder und wieder und wieder, immer, wenn ich mit Lesja geschlafen hatte. Es ließ sich nichts mehr daran ändern. Die Gefühle waren aufgebraucht, sie würden nicht mehr wiederkommen. Vielleicht hätten Tanja und ich noch eine Chance auf Wandlung, aber nicht mehr auf Neubeginn. Dabei ersehnte alles in mir so sehr einen Neubeginn.
    Es war nicht mehr hell, war noch nicht dunkel. Der westliche Himmel hatte sich über dem Horizont tiefblau gefärbt, in der Höhe war er grau geworden. Marya trat aus der Tür, sah in die Ferne, und dehnte sich behaglich.
    »Katzendämmerung«, sagte sie.
    »Katzendämmerung?«
    »Die Stunde nach Sonnenuntergang. Wenn es Sommer wird. Die Kater kommen heraus, sitzen rum und warten auf ihre große Zeit.«
    »Wenn die Mäuse kommen?«
    »Wenn die Katzen kommen.«
    »Die Katzen. Natürlich.«
    Ich erwartete einen Kommentar wie: »Was hat man euch eigentlich an der Uni beigebracht?« Aber der kam nicht. Denndas hier war Marya. Nicht Tatsiana. Nicht Alezja. Marya war nicht ironisch. Oder noch nicht. Oder noch nicht oft.
    »Wasja«, sagte sie unvermittelt, »entspann dich, streng dich einfach nicht so an, ok?«
    »Was meinst du?«
    »Ich meine: ich freue mich, wenn du da bist. Ich mag dich nämlich, falls du das noch nicht weißt. Aber du mußt meinetwegen nichts Besonderes tun oder so. Das erwartest du die ganze Zeit nur von dir

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