Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
der an die Halle gebaut war. Darüber befand sich ein Fensterband. Eines der Fenster stand sogar offen. Perfekt dachte Meinhold und kletterte an der Regenrinne auf das Dach des Vorbaus. Leise, beinahe lautlos. Sie duckte sich und blickte durch eines der Fenster. Was sie dort sah, raubte ihr den Atem. Hesse stand dort mit einem anderen Mann. Blond, kräftig. Sie sprachen miteinander. Am anderen Ende der Halle war ein kubusförmiger, weißer Schuppen, dessen Türe offen stand. Sie meinte eine Person erkennen zu können, die auf dem Boden kauerte. Sie blickte nach links und war froh, dass sie den Weg durch die Türe nicht gewählt hatte. Sie wäre sofort Hesse und dem Fremden in die Arme gelaufen. Wer war das? Ein Komplize? Der Mann stand so, dass sie nur sein Profil sehen konnte. Wie konnte sie ungesehen in die Halle kommen? Sollte sie auf das SEK warten? Neben dem Schuppen gab es eine weitere Türe und von der anderen Seite konnte man wohl auch in das Hallensegment gelangen. Sie sprang vom Dach herunter und lief um die Halle herum, um zu der Türe zu gelangen.
In der Zwischenzeit waren Hell und Wendt bei Meinholds Wagen angekommen. Sie hatten gerade von dem Einsatzleiter erfahren, dass sie durch den Unfall weiter aufgehalten wurden.
„Ok, dann sind wir eben zu dritt vorerst.“
„Verdammt, wo ist sie? Hatte ich nicht gesagt, sie solle warten“, fluchte er. „Welche der verfluchten Hallen ist es nun?“
Wendt ging ein Stück in die Pionierstrasse hinein. Er kam zurück. „Dort steht eine Halle leer. Das wird sie sein, Chef.“
Hell schaute bitter. „Ihr Wort in Gottes Ohr“, sagte er, „Wenn ich Meinhold zu packen kriege …“
Meinhold hastete um die Halle herum, bis sie zu der Türe gelangte, durch die sie ungesehen in die Halle eintreten konnte.
Hecheln. Beruhige dich. Durchatmen. Waffe entsichern.
Als Rechtshänderin trug sie normal die Waffe rechts. Sie wechselte die Waffe in die linke Hand. Sie testete die Klinke, sie ließ sich herunterdrücken und die Türe öffnete sich einen Spalt. Sie öffnete die Türe ganz langsam mit rechts, lugte hinein. Kein Quietschen. Vorteilhaft. Sie konnte den Schuppen sehen, sah aber keinen der Männer. Also konnte sie auch unbemerkt in die Halle gelangen. Sie trat über die Schwelle, schloss die Türe wieder leise hinter sich. Sie hielt inne, lauschte, hörte Stimmen, verstand aber nichts. Sie drückte sich an die Schuppenwand, ging langsam vorwärts. Ihr Atem ging schnell, sie versuchte, ihn zu kontrollieren. Alte Rigipsplatten mit Löchern. Ein vergessener Nagel schaute hinaus. Ihre Bluse blieb daran hängen. Ein kleines, verräterisches Geräusch. Starre. Sie war sich sicher, ein paar Sekunden stand ihr Herz still. So lang wie Minuten. Sie hörte nichts. Gut gegangen, weiter.
An der Ecke hielt sie inne. Von hier aus würde sie die Halle übersehen können. Jetzt drangen die Stimmen intensiver herüber, trotzdem hörte sie nur Wortfetzen. Meinhold traute sich, um die Ecke zu blicken. Kopf wieder in Sicherheit. Keiner der Männer konnte sie sehen. Die standen etwa zehn Meter entfernt. Hesse nahm gerade den Rucksack vom Rücken und öffnete ihn. Sein Gegenüber schaute gespannt. Meinhold schaute wieder ungesehen um die Ecke des Schuppens. Die Männer waren so mit sich beschäftigt, sie fiel nicht auf.
Zur Überraschung von Zylau zog Hesse seine Armbrust aus dem Rucksack und legte sie blitzschnell auf sein Gegenüber an. Der trat überrascht einen Schritt zurück und streckte die Hände zum Schutz vor das Gesicht.
„Hey, was soll denn der Scheiß“, stieß er hervor. Ihm standen Angst und Überraschung ins Gesicht geschrieben.
Meinhold brauchte nur einen Moment um die Situation einzuordnen. Dann sprang sie aus der Deckung hervor.
„Hände hoch, Polizei. Legen Sie die Waffe hin, Hesse“, schrie sie und trat einige Schritte auf die Männer zu.
Die beiden Männer schauten verwundert in Meinholds Richtung. Zylau fasste sich als Erster.
„Mädchen, was machst Du denn hier? Ist besser für dich, Du gehst wieder“ raunte er zu ihr herüber.
Hesse fuhr herum und legte auf sie an. Meinhold schoss sofort, verfehlte Hesse aber. Zylau zog ebenfalls die Glock, die er im Hosenbund getragen hatte, und legte auf Hesse an. Von ihm ging für ihn die größere Gefahr aus. Schließlich hatte er ihn eben noch mit der Armbrust bedroht. Mit der Polizistin würde er schnell fertig werden. Glaubte er. Die warf sich nach links, weil sie dem Pfeil Hesses ausweichen
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