Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
womöglich.
Wendt ü berlegte, dass es Sinn machen würde, bei den Stromversorgern nachzufragen. Wo wurde vielleicht Strom verbraucht, ohne dass ein Abnehmer als Besitzer angemeldet war.
Wendt hatte noch eine persö nliche Frage.
„ Sagen Sie mal, sind sie ein wenig stolz darauf verdeckt zu ermitteln?“
„ Naja, sagen wir mal, es ist eine Grenzerfahrung. Könnten wir bei der Polizei so arbeiten, wie wir hier im Untergrund arbeiten können, dann wäre vieles einfacher. Wir verlieren an Boden. Die international arbeitenden Verbrecher haben sich vernetzt und nutzen alle modernen Computermedien. Da hängen wir gehörig hinterher. Einmal bei der Polizei so arbeiten können ohne die lästigen Gesetze im Nacken, dann wäre vieles in Deutschland wieder normaler.“
„ Normaler?“
„ Ja, die Ganoven würden uns dann nicht so auf der Nase herumtanzen. Und Leute wie mich bräuchte man dann nicht.“
Wendt nickte. Die Befugnisse der Polizei waren ein ständiger Zankapfel. Gingen sie einigen konservativen Politikern nicht weit genug, warnten andere schon wieder vor einem Polizeistaat und Verhältnissen der siebziger Jahre. Dort hatte der junge, demokratische Staat der aufbegehrenden Jugend nichts anderes als die Machtpräsenz des Staates in Form der Polizei entgegenzusetzen.
Heute ging die Jugend nicht mehr auf die Straß e. Die Jugend lebte für den Kommerz, feierte Partys, versank in Drogen. Konformität war angesagt. Keine Kritik. Keine Politik. Die Probleme kamen von anderer Seite. Gut ausgerüstete Diebesbanden machten sich den Konsumwahn der Bürger zunutze. Installierten in den Banken immer neue Spähsysteme, um an die PIN der Bankkunden zu kommen. Sie brachen nachts in Discounterfilialen ein, tauschten ganze Lesegeräte aus, kamen so an die Daten der ahnungslosen Kunden. Im Internet bauten sie ebenso perfide Fallen auf, schickten Mails an ahnungslose Kunden, spähten mit Programmen, die sie auf die Rechner schleusten, Bankdaten und Geheimzahlen aus. Der Schaden ging in die Millionen.
„ So, ich werde jetzt meine Leute in Bonn informieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute für ihre weiteren Ermittlungen. An wem sind Sie eigentlich dran?“
„ Am obersten Boss für Westeuropa, da wo alle Fäden zusammenlaufen.“
„ Ok, ein Name?“
„ Nein, beizeiten werden Sie das hören in der Presse. Hoffe ich“, sagte er und lachte ein kleines hoffnungsvolles Lächeln.
Wendt kniepte ihm kurz ein Auge zu, drehte sich herum, und lief in die andere Richtung zu rück.
Er zog sein Smartphone aus der Tasche, drü ckte die Kurzwahl für Hell. Der antwortete sofort.
„ Chef, ich bin‘s. Unser Mann ist Ufuk Badak. Es gibt eine Akte über ihn. Zur Fahndung ausschreiben wegen dreifachen Mordes. Und es gibt einen, der ihn jagt. Beide sind in Bonn unterwegs. Es ist ein Mann aus Baku. Mashad Agayer ist sein Name.“
*
Es gab keine selbstverständlichen Antworten. So auch hier nicht. Ufuk Badak stand nachmittags plötzlich vor der Türe von Hasan Cetin. Badak und Cetin waren Freunde seit Jahren. Zusammen hatten sie Geld eingetrieben, Menschen eingeschüchtert, Menschen verletzt. Jetzt stand Badak vor seinem Freund. Der bat ihn selbstverständlich hinein.
„ Es ist einer hinter mir her“, sagte Badak sofort, „Ich brauche deine Hilfe.“
„ Wer ist hinter dir her?“
„ Er heißt Agayer. Er kommt aus Baku. Er hat mir gesagt, dass ich mit der Näherei nichts mehr zu tun habe. Weil ich die drei Frauen getötet habe. Dieser Idiot. Ich habe versucht, ihn wegzumachen. Aber ich habe ihn nicht getroffen.“ Cetin schloss die Wohnungstüre hinter seinem Freund.
„ Was? Du hast auf ihn geschossen? Und verfehlt?“
„ Ja.“ Er nickte, um die eigenen Worte zu bekräftigen.
„ Und was soll ich jetzt tun?“
„ Finde ihn für mich. Dann knall ich ihn ab. Mehr nicht. Du sollst ihn bloß finden.“
Hasan Cetin wurde ernst. „ Wie sieht er aus? Wo ist er abgestiegen?“
„ Der Kerl ist so ein Arschglatter. Feiner Zwirn, spielt sich auf, als sei er ein feiner Geschäftsmann. Dabei ist er ein Riesenarschloch. Mehr nicht. Er heißt Agayer, kommt aus Aserbaidschan. Nicht groß, dunkel, sportlich, listige Augen.“
„ Du weißt also nicht, wo er abgestiegen ist? Wenn er privat unterkommt, finde ich ihn nie. Er wird dich finden. So wird es aussehen.“
Badak ließ sich auf das Sofa im Wohnzimmer fallen. Er legte den Rucksack neben sich.
„ Du musst ihn finden, ich gebe dir Geld.“
„ Behalt dein Geld. Willst Du mich
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