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Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)

Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)

Titel: Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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beleidigen? Ich nehme kein Geld von dir.“ Er schlug mit der flachen Hand Badak auf den Arm.
    „ Warum hast du auf ihn geschossen? Hättest Du ihn in Ruhe gelassen, dann wäre er vielleicht wieder nachhause geflogen.“
    „ Was sollte ich machen? Er hat mich provoziert.“ Er streckte seine Arme ruckartig nach vorne.
    „ Ja, wie immer. Es sind immer die anderen. Nie bist Du es.“
    „ Was willst Du? Mich anklagen? Ich brauche Hilfe, keine Predigt.“ Badak war verzweifelt. Sein Freund konnte es in seinen Augen lesen.
    „ Und wenn wir ihn finden. Was dann?“
    „ Mache ich ihn alle, und wir lassen ihn verschwinden.“
    „ Das ist Mord, Ufuk. Keine Körperverletzung. Nicht wie sonst, da bin ich nicht dabei.“
    Badak wollte diese Worte nicht hö ren. Die ganze Fahrt von Frankfurt herüber hatte er sich das gesagt. Er war bereits ein Mörder. Ein dreifacher Mörder. Die Worte fanden ihren Widerhall im eintönigen Rattern der Eisenbahnräder auf den Schienen. Mörder. Mörder. Mörder.
    „ Ja, das weiß ich“, schrie Badak, „Aber was soll ich machen? Wenn er mich findet, bin ich tot. Ich muss ihm zuvorkommen. Sonst bin ich tot. Ist dir das klar?“
    „ Das hätte dir klar sein sollen, als Du auf ihn geschossen hast.“
    „ Scheiße, ja, hinterher ist man immer schlau. Hilfst Du mir nun?“
    Cetin schaute ihn lange an.
    „Ich werde ihn für dich finden. Aber dann bin ich raus. Verstehst du? Mit dem Mord will ich nichts zu tun haben. Klar?“
    „ In Ordnung.“
    „ Hast Du ein sauberes Handy?“, fragte Cetin.
    „ Nein.“
    Cetin stand auf und holte ein Handy aus der Schublade der geschnitzten Kommode. Auß erdem gab er ihm eine Sim-Karte, die er aus einer Kiste entnahm.
    „ Hier, das Handy ist sauber.  Ruf nur an, wenn es sein muss. Telefonier nicht mit Bekannten außer mir. Die Bullen hören deine Bekannten und Freunde womöglich ab.“
    Cetin tippte eine Nummer. Kurz drauf klingelte das Handy, was Badak in Hä nden hielt. Cetin legte wieder auf.
    „ Die Nummer anrufen, sonst keine. Hast Du verstanden? Mach dein altes Handy aus. Mach es aus, sofort.“ Seine Stimme wurde laut.
    Badak nickte. „ Danke dir. Du hast was gut bei mir.“ Er schaltete das Handy aus.
    „ Schon gut. Ich werde Kenan anrufen. Vier Augen sehen mehr als zwei.“
    „ Kenan Bilen?“
    „ Ja, ihm vertraue ich. Da gibt es nicht mehr viel hier in Bonn, denen Du vertrauen kannst. Alles wird immer härter. Alle drängen auf den Markt. Es macht keinen Spaß mehr. Ehrlich nicht.“
    „ Ja, Albaner, Türken, Rumänen, Bulgaren, Tunesier, Marokkaner, Aserbaidschaner, Russen, Ukrainer. Dazwischen noch die Deutschen, die ihre Reviere verteidigen wollen. Krieg. Es gibt Krieg.“
    „ Ja, früher war es eindeutig geregelt. Die Deutschen machen die Nutten, die Türken die Drogen, die Russen den Schmuggel und den restlichen Schwarzmarkt. Früher. Heute? Heute machen alle alles. Jeder verdrängt jeden. Nichts ist mehr geregelt.“
    „ Hast Du einen Platz, wo Du bleiben kannst?“
    „ Nein.“
    „ Du kannst hier bleiben. Wenn Du Hunger hast, der Kühlschrank ist voll. Ich gehe nachher und treffe Kenan. Du bleibst hier. Verstanden?“
    Das Vertrauen, das er im Gesicht seines Freundes sah, rü hrte ihn sehr. Jemand zeigte ihm mutmaßlich einen Ausweg aus dem bodenlosen Elend. Am Ende stand ein erneuter Mord. Das störte ihn nicht. Ihn lockte die mögliche Freiheit, die danach winkte. War Agayer weg, so konnte er weiter leben, fliehen. Ins Ausland.
    „ Danke, Du bist ein echter Kumpel.“
    „ Schon gut.“ Hasan Cetin nahm seine Jacke vom Stuhl und verließ die Wohnung.
    *
    Vor der Türe des Präsidiums fuhr ein Krankenwagen vorbei. Dann noch einer. Hell nahm das an- und abschwellende Geräusch der Sirenen gar nicht wahr.
    Er war damit beschä ftigt, die Akte von Ufuk Badak zu studieren. Er hatte nichts Besonderes an sich, dachte er. Sah aus wie viele Türken, die er bereits als Verdächtigen vernommen hatte. Alle waren sie cool, klein, auf eine bestimmte Art dämlich. Denn sie dachten, sie wären schlauer als die Polizei, weil sie in einer Bande arbeiteten. An der Spitze der Bande, da saßen die Leute, die das Hirn hatten. Die anderen waren Kanonenfutter, wurden geopfert. Verheizt. Austauschbar. Die Nachfolger standen bereits in den Startlöchern.
    Badak hatte ein Handy. Alle Ganoven hatten Handys. Kaum jemand heute erinn erte sich noch an die Zeit, wo wir nicht ständig wissen konnten, wo sich jemand befand. Früher gab es Telefonzellen.

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