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Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Schroeter
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ist gut so. Denn heute ist
ein besonderer Tag. Heute ist Ollis Geburtstag. Ich werde ihn mit Betty allein
feiern müssen, denn von Oliver ist uns nur sein Körper in einem Grab geblieben.
     
    Es ist Ollis vierundvierzigster Geburtstag. Ich treffe mich mit Betty an
seinem Grab. Sie hat ihm einen sogenannten Blumenpudding binden lassen. Eine
fröhlich bunte Blütenpracht für einen ganz besonderen Tag. Im Namen von Dave
hat Betty ein ebenso großes Herz aus weißen Rosen auf Olivers Grab gelegt. Gab
es auch so viele Blumen, als Oliver an seinem Geburtstag noch körperlich
anwesend war? Ich weiß es nicht. Aber jetzt sind wir da: Betty und ich!
     
    Ich habe keine Blumen mitgebracht. Ich habe mir etwas anderes für Olli
ausgedacht. Es ist schwer und es ist aus massivem, weißem Stein. Ich entferne
das Papier und zum Vorschein kommt eine wetterfeste, weiße Perserkatze.
     „Oh, das ist ja Schneeli!“, ruft Betty verzückt aus. „Da wird er sich
aber drüber freuen.“ Ich freue mich auch, dass sie sich darüber freut. Ich habe
das ganze Internet durchforstet, bis ich genau das gefunden habe, was mir
vorschwebte.
     
    Am meisten aber freut mich, dass Betty offenbar doch nicht gänzlich
ausschließt, dass Olli noch da ist, irgendwo. Dass er sehen kann, dass wir noch
für ihn da sind. Dass nur wir es sind, die ihn momentan nicht sehen können.

November 1986
     
    Es war mal wieder einer dieser langweiligen Sonntage. Dabei war ich bis eben
gar nicht zuhause. Wieder waren es die Hausaufgaben, die mich nach Hause
zwangen.
     
    Am Samstag Nachmittag bekam ich den Anruf einer Freundin, besser einer
Klassenkameradin, ob wir uns nicht um halb neun Uhr abends am Hauptbahnhof
treffen wollten. Es gebe da so eine Disco, das Checkers, da wolle sie gern mit
mir hin. Damit ich nicht so allein im Dunklen unterwegs sein musste, rief ich
Oliver an und fragte ihn, ob er nicht mitkommen wolle. Er wollte.
     
    Um 20 Uhr stand meine weiße Vespa vor der Haustür bereit und wenig später
setzte der große Olli sich hinter mich. Das war schon komisch, auch nicht
leicht zu lenken für mich, aber seit seinem Unfall wollten weder Betty noch ich
ihn je wieder ein Motorrad fahren sehen.
     
    Am Hauptbahnhof war, wie üblich, viel los. Überall wimmelte es von
Menschen aller Hautfarben und Nationalitäten. Meine Freundin fanden wir nicht.
Wir stellten die Vespa in einer Nebenstraße ab und gingen zu Fuß zum Checkers.
Ich hatte keine Ahnung, wo das war, doch Olli kannte sich aus. Aber da fanden
wir sie auch nicht. Wir überlegten, ob wir die 10 DM Eintritt investieren
wollten, entschieden uns dann aber zum ZOB-Bahnhof rüberzugehen. Da war ein McDonalds,
der auch spät abends noch aufhatte.
     
    Wir stopften uns mit pappigen Burgern voll und tranken Cola dazu. Dann
teilten wir uns die letzte Zigarette. Wir mussten unbedingt Geld wechseln und
einen Automaten finden.
     
    Die Gegend war voller Zigarettenautomaten und so konnten wir schon bald
entspannt jeder wieder seine eigenen Zigaretten rauchen. Ich rauchte viel. Olli
sagte mir oft, dass das nicht gut sei.
     
    Arm in Arm gingen wir durch Hamburgs Mönckebergstraße und besahen die
Auslagen der Schaufenster. Am Rathaus angekommen gingen wir wieder zurück zu
meiner Vespa. Inzwischen war es halb elf und uns war kalt, denn wie so oft,
hatte es zu regnen begonnen. Olli hielt mich während der Fahrt fest umarmt, um
mich zu wärmen. Ein schönes Gefühl.
     
    Zuhause angekommen beschlossen wir, dass ich bei ihm bleiben würde heute
Nacht. Damit Papa nichts merkte – obwohl ich schon volljährig war – stellten
wir den Roller in der Tiefgarage neben dem kleinen Supermarkt um die Ecke ab.
Das war Ollis Idee. Über den Spielplatz und durch die Gärten erreichten wir von
hinten seinen Hauseingang. Wir fühlten uns wie zwei Verbrecher.
     
    Eng aneinander gekuschelt schliefen wir in seinem schmalen Bett ein. Mehr
war nicht drin in dieser Nacht. Denn auch wenn Dave letztendlich erst um drei
Uhr morgens nach Hause kam, schlief er ja im Bett gegenüber.
     
    Morgens zum Frühstück aßen wir Kinderschokolade mit Pink Panther
Abziehbildern in der Hülle. Olli begleitete mich am späten Vormittag noch zu
der Tiefgarage. Gemeinsam schoben wir die Vespa in meine eigene Garage zurück.
Die Aufkleber hatte ich in meine Jackentasche gesteckt und klebte sie später in
mein Tagebuch. „Wer weiß, vielleicht werden sie mich in dreißig Jahren an diese
Stunden erinnern“, dachte ich.

Erster Januar

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