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Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Schroeter
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1987
     
    Silvester verbrachte ich diesmal ganz solide zuhause. Was Oliver gemacht
hat, das weiß ich nicht mehr. Schließlich waren wir ja offiziell schon seit
mehr als zwei Jahren kein Paar mehr. Jedenfalls sah ich den Jungs um
Mitternacht durchs Fenster beim Böllern zu, und am Neujahrsnachmittag lud er
mich auch schon wieder ein, „unseren“ Film im Fernsehen anzuschauen.
     
    Er liebte diesen Film. Heute wurde mir auch klar, warum. Er ist das
Abbild unserer Freundschaft. Das war mir vorher nicht so intensiv aufgefallen,
aber dieser Jesse führte sich in dem Film wirklich genauso auf wie Olli. Verrückt
und unberechenbar! Und obwohl er in jeder Hinsicht schlecht für meine Zukunft
war – das fand Papa jedenfalls – hatte Olli für mich irgendetwas an sich, was
mich nicht losließ.
     
    Vielleicht war es wirklich seine Verrücktheit, die ich so reizvoll fand. Reizvoll,
weil er so anders war als die anderen. Weil er sich traute, so zu sein, wie ich
gern gewesen wäre. Und genau wie im Film die Monica, wehrte ich mich
verzweifelt dagegen.
    Genauso, wie ich ihn oft hasste, konnte ich ihn im nächsten Moment wieder
lieben. Aber ich wollte es nicht. Ich durfte es nicht!
    Er hatte das gewisse Etwas. Und so sehr ich mich auch dagegen wehrte, er
schaffte es immer wieder, dass ich ihn liebte.
    Warum hörte er denn bloß nicht auf damit? Es gab doch mit Sicherheit noch
so viele andere Mädchen auf der Welt, die er mit Sicherheit auch hätte haben
können.

Dritter Januar 1987
     
    Gestern Abend rief
Olli mich an. So gegen 21 Uhr. Was ich davor gemacht habe, weiß ich nicht mehr.
Er meinte, er müsste mir etwas sagen, aber das ginge nicht am Telefon. Also
trafen wir uns vor der Haustür. Weil es draußen so kalt war, sind wir in den
„Österreicher“ gegangen. Das ist so ein Restaurant bei uns um die Ecke. Wir
bestellten uns einen heißen Kakao für ihn und eine Cola für mich. Dann unterhielten
wir uns.
     
     Er fragte mich, ob
ich nicht dealen wolle. Nicht, dass sie mich wirklich überraschte diese Frage,
denn ich beobachtete seit Monaten, dass er immer häufiger Haschisch, und nicht
nur Zigaretten rauchte. Er hatte ein Paar Boxhandschuhe über seinem Bett am
Kopfende hängen. Einmal zeigte er mir stolz, dass er einen faustgroßen Klumpen
„Schwarzen Afghanen“ darin versteckt hielt. Aber zu dieser Zeit rauchten viele
in meinem Umfeld Haschisch. Auch mit Matilda hatte ich es schon selbst ausprobiert.
     
    Aber dealen? Nein, das
musste ich echt nicht haben. Und er akzeptierte meine Antwort.
     
    Nach unserem Gespräch
gingen wir wieder zu ihm. Wir waren immer nur bei ihm. Papa wollte ihn ja nicht
haben. Also war ich auch kaum noch bei mir. So bekam Papa kaum noch etwas mit,
von dem, was in meinem Leben vor sich ging. Aber er schien damit zufrieden zu
sein, einfach seine Ruhe zu haben.
     
    Da Dave mit seinem
Freund Thomas im Kinderzimmer war, legten wir beide uns im Wohnzimmer auf das
Dreiersofa, sahen fern und haben „geknuddelt“, wie Olli immer sagte.
     
    Es war so schön und
lustig. So um ein Uhr nachts habe ich dann natürlich doch wieder mit ihm
geschlafen. Endlich machte es mal wieder richtig Spaß. Ich glaube, ihm auch. Es
war nicht wie sonst so oft „mal eben schnell“. Um zwei Uhr hat er mich dann
sogar noch zu mir rüber gebracht. Dabei wäre ich eigentlich so gern bei ihm
geblieben.
     
    Irgendwie komisch:
Wir wussten beide, dass wir uns noch viel bedeuteten, und doch war es
unmöglich, dass wir je wieder zusammen sein könnten. Ich hatte einfach zu große
Angst davor. Wenn ich bedachte, was ich während unserer Freundschaft alles
durchgemacht habe: diese ständigen Hoch- und Tiefflüge. Ich glaubte, dass ich
das nicht noch einmal packen würde. Wir waren einfach zu verschieden.
    Nicht unbedingt von
der Belastbarkeit her, aber ich glaubte, es wäre sowieso besser so, wie es
jetzt war. Weil ich ja selbst nie wusste, was ich eigentlich wollte.

Sechster Januar 2013
     
    Es ist Winter und
Nieselregen hüllt die Stadt in zartes Grau. Es ist das richtige Wetter für
einen Todestag, für Olivers Todestag. Sein fünfter, um genau zu sein, aber der
erste, an dem ich teilhabe. 40 Jahre, 4 Monate und 4 Tage durfte er leben. Oder
sollte ich sagen, musste er leben? Ich weiß es nicht. Das weiß nur er allein.
Er hat es uns ja nicht gesagt. Oder haben wir nicht hingehört? Weggeschaut?
     
    Ich bin mit Betty
verabredet. Es ist ein schlimmer Tag für sie. Ich möchte bei ihr sein. Ich kann
es noch immer nicht

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