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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Bankert.«
    »Der Ausdruck, dessen Sie sich bedienen«, verwies Mr. Brownlow streng, »enthält einen Vorwurf gegen eine Verstorbene, die über den Richterspruch der Welt längst hinaus ist. Er besudelt niemanden außer Sie selbst. Lassen wir das jetzt. – Oliver wurde hier in dieser Stadt geboren.«
    »Im Armen- und Arbeitshaus der Stadt«, stieß Monks wütend hervor. Er wies dabei auf die Papiere.
    »Berichten Sie also selbst«, sagte Mr. Brownlow herrisch.
    »Gut, hören Sie«, nahm Monks das Wort. »Als sein Vater in Rom krank wurde, reiste seine Frau – meine Mutter – zu ihm. Sie waren lange voneinander getrennt gewesen. Sie kam nach Rom aus Paris und nahm mich mit, wahrscheinlich, um das Geld an sich zu nehmen, denn Zuneigung empfand sie zu ihm nicht. Er erkannte uns nicht mehr, denn er war besinnungslos geworden und starb am nächsten Tage. Unter seinen Papieren auf dem Schreibtisch befanden sich zwei, die das gleiche Datum desselben Abends trugen und die an Mr. Brownlow gerichtet waren. Einer der Briefe war an Agnes Fleming adressiert, der andre enthielt ein Testament.«
    »Was wissen Sie von dem Brief?« fragte Mr. Brownlow.
    »Von dem Brief? Er war ein Bekenntnis. Mein Vater hatte dem Mädchen weisgemacht, irgend etwas – was, weiß ich nicht mehr – hätte ihn gehindert, sie zur Frau zu nehmen. Sie hatte es ihm geglaubt, bis sie schließlich zu weit gegangen war und etwas verloren hatte, was ihr niemand wiedergebenkonnte. Es waren nur noch wenige Monate bis zu ihrer Entbindung. Er flehte sie an, falls er sterben sollte, möge sie seinem Andenken nicht fluchen, wenn auch alle Schuld auf ihm allein laste. Er bat sie weiter, einen Ring und ein Medaillon zu behalten und am Herzen zu tragen, wie früher, und dann schrieb er kreuz und quer durcheinander mit wirren Worten etwas Unverständliches, so daß es den Eindruck machte, als sei er wahnsinnig geworden. Was übrigens, glaube ich, auch der Fall war.«
    »Und von dem Testament wissen Sie –?« fragte Mr. Brownlow weiter, während Oliver die Tränen über die Wangen liefen.
    Monks schwieg.
    »Das Testament«, fuhr Mr. Brownlow an Stelle Monks’ fort, »hinterließ Ihnen und Ihrer Mutter ein Jahreseinkommen von je achthundert Pfund. Sein Hauptvermögen teilte Leeford in zwei gleiche Teile: die eine Hälfte für Agnes Fleming, die andre für ihr Kind, wenn es am Leben bleiben und heranwachsen sollte. Sollte das Kind ein Mädchen sein, würde das Geld bedingungslos diesem gehören. Wäre es indessen ein Knabe, so sollte es dieser bloß bekommen, wenn er während seiner Minderjährigkeit keine ehrlose niedrige Handlung oder gar ein Verbrechen begangen haben würde. Sollte der Knabe diese Erwartung täuschen, dann hätte das Geld vollends an Sie zu fallen.«
    »Meine Mutter«, unterbrach Monks scharf, »hat getan, was eine Gattin tun mußte: sie hat das Testament verbrannt. Der Brief hat seinen Bestimmungsort nie erreicht. Sie hat ihn aber aufgehoben nebst anderen Beweisen, um, falls es nötig sein sollte, auf die Schande der Agnes Fleming hinzuweisen. Der Vater der Agnes Fleming vernahm von meiner Mutter selbst den Sachverhalt – und ich danke ihr heute noch dafür. Beladen mit Schmach und Schande verkrochsich der Vater in irgendeinen abgelegenen Winkel von Wales und wurde dort eines Tages tot in seinem Bett gefunden. Ein paar Wochen früher hatte seine Tochter die Heimat verlassen. Er spürte ihr überall in England nach, und eines Tages, als ihm die Hoffnung schwand, sie lebend je wieder zu sehen, brach dem alten Mann das Herz.«
    »Jahrelang nach diesem Ereignis«, nahm Mr. Brownlow nach einer Weile tiefen Schweigens das Wort, »stahl dieser Mann hier seiner Mutter, was sie an Juwelen und flüssigem Gelde besaß. Er floh nach London und verkehrte dort mit dem ärgsten Auswurf der Menschheit. Seine Mutter litt an einer unheilbaren, schmerzhaften Krankheit und wollte ihn vor ihrem Tod noch einmal sehen. Wir stellten Nachforschungen an und erreichten endlich den Zweck. Der Sohn reiste mit der Mutter zurück nach Frankreich.«
    »Dort starb sie«, sagte Monks, »und vererbte mir auf ihrem Totenbett diese Geheimnisse. Sie tat es in glühendem Haß und vererbte mir auch ihren Haß. Sie wollte und konnte nicht glauben, daß Agnes Fleming sich und ihrem Kinde das Leben genommen habe, sondern nahm als bestimmt an, ein Knabe sei geboren und lebte. Ich schwor ihr, wenn er mir jemals in den Weg treten sollte, ihn zu Tode zu hetzen, ihm weder Ruhe noch Rast zu

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