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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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nachgelaufen, nur weil er ihn habe fliehen sehen. Dann gab er der Hoffnung Ausdruck, man möge mit Oliver so gelinde verfahren, wie es das Gesetz nur irgend zuließe, falls es sich herausstellte, daß Oliver nicht selbst der Dieb sei, sondern nur mit Dieben in Verbindung stünde.
    »Er hat sich bereits ernstlich beschädigt«, schloß der alte Herr, »und ich fürchte, glauben zu dürfen, daß ihm nicht sehr wohl zumute ist.«
    »Das können Sie freilich glauben«, rief Mr. Fang grinsend.»Hallo, laß jetzt den Firlefanz, Bursche, es nützt dir hier nichts. Wie heißt du?«
    Oliver wollte antworten, aber die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Er war leichenblaß, und alles drehte sich um ihn.
    »Wie heißt du, Schuft, erbärmlicher?« fragte Mr. Fang. »Polizeidiener, wie heißt der Bursche?«
    Der Angeredete, ein dicker, alter Mann mit einer gestreiften Weste, beugte sich über Oliver und wiederholte die Frage. Da er aber merkte, daß der arme Junge vor Entsetzen die Frage kaum verstand, und er fürchtete, der Kommissär würde nur um so wütender werden, wenn er nicht bald Antwort bekäme, erging er sich in allerlei Mutmaßungen.
    »Er sagt, er heiße Tom White, Euer Gnaden«, sagte er endlich.
    »Er kann wohl nicht deutlich genug sprechen, daß man’s hören kann, was?« rief Mr. Fang. »Also gut, wo wohnt er?«
    »Wo er gerade kann, Euer Gnaden«, antwortete der Diener, trotzdem Oliver kein Wort gesprochen hatte.
    »Hat er Eltern?«
    »Er sagt, sie wären gestorben, wie er noch klein war, Euer Gnaden«, antwortete der Mann mit der gestreiften Weste, indem er sich auch diese Worte wieder erfand.
    Als das Verhör einen Moment stockte, hob Oliver mit flehendem Blick den Kopf und bat matt um einen Schluck Wasser.
    »Unsinn«, rief Mr. Fang. »Daß du dich nicht etwa unterstehst, mir da Lügen vorzureden.«
    »Ich glaube wirklich, er ist krank, Euer Gnaden«, wendete der Gerichtsdiener ein.
    »Das weiß ich besser, schweigen Sie«, sagte Mr. Fang.
    »Geben Sie acht auf ihn, Gerichtsdiener«, warnte der alte Herr, »er wird gleich umfallen.«
    »Weg da, Gerichtsdiener«, schrie der Kommissär. »Soll der Bursche nur umfallen, wenn’s ihm Spaß macht.«
    Oliver jedoch machte von dieser freundlichen Erlaubnis wirklich Gebrauch und fiel sofort ohnmächtig zu Boden. Die in der Amtsstube befindlichen Unterbeamten sahen einander an, aber keiner wagte die Hand zu rühren.
    »Ich hab’s gleich gesehen, daß er sich verstellt«, triumphierte der Kommissär, als ob er jetzt einen unbestreitbaren Beweis in der Hand hätte. »Laßt ihn nur liegen, er wird’s schon satt kriegen.«
    »Wie gedenken Sie in diesem Fall zu verfahren?« fragte der Schreiber mit leiser Stimme.
    »Summarisch, ganz summarisch«, entgegnete der Kommissär. »Drei Monate Zwangsarbeit. Hinaus mit ihm.«
    Die Türe wurde geöffnet, und man schickte sich bereits an, den bewußtlosen Oliver in seine Zelle zu tragen, als ein ältlicher Herr von anständigem, wenn auch ärmlichem Äußeren in einem abgenützten schwarzen Anzug hastig in die Polizeistube stürzte und zum Pult des Kommissärs eilte.
    »Warten Sie, bitte, warten Sie, führen Sie ihn nicht ab, um Gottes willen, warten Sie einen Augenblick«, rief der neuangekommene Herr vor Eile noch ganz atemlos.
    Der Kommissär war nicht wenig empört, schon wieder einen ungebetenen Gast und noch dazu in so unehrerbietiger Weise eintreten zu sehen. »Was soll das heißen?« rief er. »Werft den Kerl hinaus. Ich will hier meine Ruhe haben.«
    »Ich will aber sprechen«, rief der Mann, »und lasse mich nicht abweisen. Ich habe alles mitangesehen. Ich bin der Besitzer des Buchladens. Ich bitte mich zu vereidigen. Ich muß hier sprechen. Mr. Fang, Sie müssen mich anhören. Sie dürfen mir die Aussage nicht verweigern, Mr. Fang.«
    Der Buchhändler war vollständig im Recht, und sein Begehrenkonnte nicht abgeschlagen werden. Die Sache fing an, zu ernsthaft zu scheinen, um einfach übers Knie gebrochen zu werden.
    »Also vereidigen Sie den Menschen«, brummte der Kommissär ungnädig. »Nun, was haben Sie vorzubringen?«
    »Folgendes«, begann der Buchhändler. »Also ich sah drei Jungen, zwei andere und diesen hier, und sie schlenderten meinem Laden gegenüber auf der andern Seite der Straße entlang, während dieser Gentleman hier ein Buch durchblätterte. Die beiden andern Burschen haben den Diebstahl begangen. Ich habe gesehen, wie sie ihn ausführten, und habe auch bemerkt, daß dieser Junge hier darüber ganz

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