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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Annonce in der Zeitung, nicht wahr, Sir?«
    »Jawohl, Sir«, sagte Mr. Bumble.
    »Sie sind doch Kirchspieldiener, nicht wahr?« fragte Mr. Grimwig.
    »Ich bin Kirchspieldiener, in einem Armenhaus, meine Herrn«, sagte Mr. Bumble stolz.
    »Das hab’ ich mir gleich gedacht«, brummte Mr. Grimwig, »ein Kirchspieldiener von oben bis unten.«
    Mr. Brownlow schüttelte verweisend den Kopf und begann wieder: »Wissen Sie, wo sich der arme Junge befindet?«
    »So wenig wie Sie oder sonst jemand«, erwiderte Mr. Bumble.
    »Na, also was wissen Sie dann von ihm?« fragte der alte Herr ungeduldig. »Was wissen Sie also von ihm?«
    »Sie wissen natürlich nichts Gutes von ihm?« sagte Mr. Grimwig witzig, nachdem er Mr. Bumbles Gesichtszüge eine Zeitlang aufmerksam studiert hatte.
    Mr. Bumble schüttelte feierlich das Haupt.
    »Na also, da sehen Sie’s«, rief Mr. Grimwig und warf Mr. Brownlow einen triumphierenden Blick zu.
    Mr. Brownlow warf einen besorgten Blick auf Bumble, der eine höchst besorgte Miene aufgesetzt hatte, bat ihn, ihm alles mitzuteilen, was er wisse, und sich so kurz wie möglich zu fassen.
    Mr. Bumble legte seinen Hut weg, knöpfte den Rock auf, verschränkte die Arme, neigte sinnend das Haupt und legte dann, nachdem er eine Weile tief in Gedanken zu Boden geblickt, mit seinem Bericht los.
    Seine Erzählung dauerte ungefähr zwanzig Minuten und lautete im großen ganzen dahin, daß Oliver ein Findelkindsei und von armen und im Laster versunkenen Leuten abstamme, von Geburt an Hinterlist, Bosheit und Undankbarkeit gezeigt habe und schließlich seiner Ruchlosigkeit damit die Krone aufsetzte, daß er an einem harmlosen Jungen einen Mordversuch machte und seinem Meister auf und davongelaufen sei.
    »Ich fürchte, das ist ja alles nur zu wahr«, sagte der alte Herr sorgenvoll, »fünf Pfund sind wohl nicht allzuviel für Ihre Auskünfte, aber gern hätte ich das Dreifache gegeben, würden sie für Oliver günstig gelautet haben.«
    Wenn Mr. Bumble gleich anfangs nur eine Ahnung von diesem Umstand gehabt hätte, würde er höchst wahrscheinlich seinen Bericht anders gefärbt haben, aber jetzt war es zu spät. Ernst und feierlich schüttelte er daher das Haupt, steckte die fünf Guineen ein und zog ab.
    Eine Weile schritt Mr. Brownlow unruhig und bekümmert im Zimmer auf und ab und schien so traurig, daß selbst Mr. Grimwig sich nicht getraute, ihn zu verhöhnen. Endlich blieb er stehen und riß heftig an der Klingelschnur.
    »Mrs. Bedwin«, sagte er, als die Haushälterin erschien, »Oliver, denken Sie nur, ist ein Betrüger gewesen.«
    »Das kann nicht sein, Sir. Unmöglich«, antwortete die Dame mit großer Entschiedenheit.
    »Ich sage Ihnen aber: es ist doch so«, erwiderte der alte Herr. »Woher wissen Sie denn, daß es nicht sein kann? Ich habe soeben einen genauen Bericht über seine Lebensführung von seiner Geburt an gehört, und vom Säuglingsalter an ist er ein Tunichtgut gewesen.«
    »Das werde ich mein ganzes Lebenlang nicht glauben, Sir«, sagte die alte Dame fest und bestimmt. »Niemals!«
    »Na ja, alte Weiber glauben eben nur Quacksalbern und verlogenen Märchenerzählern«, brummte Mr. Grimwig. »Das ist eine alte Geschichte. Warum haben Sie mirdenn nicht von Anfang an gefolgt? Wenn der Junge nicht das Fieber gehabt hätte, wär’s auch natürlich ganz anders gekommen, aber das hat ihn natürlich interessant gemacht, was?«
    Und Mr. Grimwig kratzte wütend mit dem Schürhaken, den er vom Ofen gerissen, in der Kohlenglut herum.
    »Er war ein liebes, dankbares, freundliches Kind, Sir«, fuhr Mrs. Bedwin entrüstet auf. »Ich kenne mich in Kindern aus. Ich habe sie vierzig Jahre lang um mich gehabt. Leute, die das nicht von sich sagen können, sollten sich gefälligst jedes Urteils enthalten; das ist meine Meinung.«
    Das war ein strenger Verweis für Mr. Grimwig und eine höhnische Anspielung auf seinen Stand als Junggeselle, da ihm aber die Worte nur ein Lächeln entlockten, warf die alte Dame den Kopf zurück und strich sich die Schürze glatt als Vorbereitung zu einer neuerlichen ausführlichen Rede.
    »Ruhig jetzt«, schalt Mr. Brownlow, sich auf den Ärgerlichen spielend; »ich will den Namen des Jungen nie wieder hören; ich habe Sie heraufkommen lassen, um Ihnen das mitzuteilen; hören Sie: niemals. Und was auch immer geschehen möge. Sie können jetzt wieder hinuntergehen, Mrs. Bedwin, und merken Sie sich, was ich Ihnen gesagt habe. Es ist mir heiliger Ernst.«
    An diesem Abend gab es in

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