Olivers Versuchung
zu verhindern. Sie musste Zeit gewinnen. Wenn sie Glück hatte, würde ihr Abendessen bald kommen, und mit noch etwas mehr Glück, wäre es Vera, die es ihr bringen würde und ihr dann helfen könnte.
„Wie hast du mich gefunden?“
Corbin lachte leise. „Dein Freund hat mir die Brieftasche gebracht, die du gestohlen hast. Ich wusste, dass jemand im Bordell sie gestohlen hatte, und habe das Gebäude durchsuchen lassen, aber niemand konnte sie finden. Als Oliver sie mir brachte, wurde mir sofort klar, dass er sie von dir bekommen haben musste. Du warst die Einzige, die entkommen konnte. Da wusste ich, dass ich dich finden würde.“
Sie schluckte.
„Und dann hat dein kleiner Freund auch noch behauptet, er sei ein Kunde. Für wie dumm haltet ihr mich eigentlich? Ich kenne jeden Kunden beim Namen. Es gibt keinen Oliver Parker unter meiner Kundschaft, wenn das überhaupt sein richtiger Name ist.“ Er funkelte sie an. „Also bin ich ihm gefolgt, und rate mal, wo er mich hingeführt hat.“ Er sah sich im Zimmer um. „In dieses hübsche Etablissement. Also, was hast du ihm gegeben, damit er dir hilft? Nur deine Muschi? Oder hat er dein Blut auch getrunken? Hast du ihm eine lebenslange Versorgung versprochen, wenn er dir hilft?“
Corbin riss an ihrem Arm und zog sie näher an sich heran. Seine Augen glühten jetzt rot, und sie sah, wie seine Gesichtsmuskeln sich verhärtet hatten und seine Finger sich zu Klauen verwandelten.
„Nein!“
„Ist auch egal. Weil er nichts mehr von dir bekommt. Weil du jetzt mit mir mitkommst.“
„Du kannst dich nirgends vor ihm verstecken! Er befreit heute Nacht die anderen Frauen!“, rief sie aus.
Corbin stieß ein böses Lachen aus. „Oh, du meinst wohl aus der Lagerhalle in Oakland, deren Adresse ich ihm gegeben habe?“
Oh Scheiße! Oliver hatte ihr am Telefon mitgeteilt, dass Corbin derjenige gewesen war, der ihm die Adresse mitgeteilt hatte. Er würde in eine Falle laufen. Sie würden ihn und seine Kollegen umbringen. „Oh Gott, nein!“ Sie musste ihm helfen, ihm eine Nachricht zukommen lassen. Aber ihr Handy lag unter ihrem Kopfkissen und außerhalb ihrer Reichweite, nicht dass Corbin ihr überhaupt eine Gelegenheit geben würde, die Ruftaste zu drücken.
„Ja, wenn dein Freund und seine Kollegen in der Lagerhalle in Oakland ankommen, werden sie vernichtet werden. Ein Dutzend schwer bewaffneter Vampire wartet dort auf sie. Es wird ein Blutbad geben. Und in der Zwischenzeit werden die Mädchen und alle Sachen zusammengepackt. Wir verlassen heute Nacht noch die Stadt und du kommst mit uns mit.“
Sie schüttelte den Kopf, aber er grinste nur.
„Lass mich los!“
Er versuchte sie hochzuziehen, aber sie trat mit dem Bein gegen ihn. Er fluchte, und sein Griff lockerte sich kaum merklich, jedoch genug, dass sie sich wenden und mit ihrem Arm unter das Kopfkissen greifen konnte. Ihre Finger umklammerten das Handy. Aber er zog sie zurück, und das Telefon rutschte ihr aus den Fingern und glitt an den Rand des Bettes, bevor sie die Ruftaste drücken konnte.
Corbins Blick fiel darauf. „Schon wieder ungehorsam? Ich habe das über dich gehört! Du warst von Anfang an der Störenfried! Du wusstest noch nie, was gut für dich ist! Dann nimm das und schau, ob es dir gefällt!“
Er schlug ihr mit dem Handrücken auf die Wange, sodass ihr Kopf zur Seite schnellte. Ein heftiger Schmerz durchfuhr sie und machte sie so benommen, dass sie dachte, sie würde das Bewusstsein verlieren.
Sie stöhnte.
„Ich werde dir Gehorsam einprügeln!“
Er hob noch einmal die Hand.
„Wenn du das tust, wirst du es büßen!“, warnte eine männliche Stimme, die vom Fenster kam.
Halluzinierte sie schon, oder war er wirklich gekommen, um sie zu retten?
36
Oliver sah mit Entsetzen, wie Corbin Ursula wie ein Schutzschild vor seinen Körper zog. Oliver hatte nach seiner Waffe gegriffen, als er den Raum vom Balkon aus betreten hatte, aber jetzt zögerte er. Er war kein Scharfschütze, und wenn Corbin sich in Vampirgeschwindigkeit bewegte und Ursula mit sich zog, könnte die Kugel sie treffen. Dieses Risiko konnte er nicht eingehen.
„Na schau mal, wer gekommen ist!“, meinte Corbin zu Ursula. „Dein Freund. Schade, dass er zu spät ist.“
Corbin griff in seine Jackentasche und zog blitzschnell eine Pistole heraus, die er jetzt an Ursulas Schläfe drückte.
Ein Schreck durchzuckte Oliver, aber er zwang sich, ruhig zu bleiben und seine Stimme unbeteiligt klingen zu lassen, als er
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