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Olympiareife Nummern

Olympiareife Nummern

Titel: Olympiareife Nummern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Meissner-Johnannknecht
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entlangschlendernd, als ich plötzlich Stimmen höre. „ ... tut mir echt leid ... ich hab's nicht so gemeint ... bitte, Herr Kruse, das war blöd von mir!" Ich horche auf.

    „Schon gut, Patrick, ich vergess' es einfach, ja? Und nun geh' wieder raus!"

    „Herr Kruse, bitte ... ich ..."

„Patrick! Lass gut sein!" Oh, er konnte ja richtig sauer werden! Ich verziehe mich schnell in einen Seitengang, in der Hoffnung, dass der Junge hier nicht reinkommt. Er geht gesenkten Kopfes vorbei.
„Der ist das!", denke ich. Der war mir draußen schon aufgefallen, weil er so groß ist und Ähnlichkeit mit Mats hat, dem Verflossenen von Nick.
„Ob das der Patrick ist?", frage ich mich, „von dem Nick mir erzählt hat?" Ich beschließe wieder rauszugehen, da höre ich Gepolter und gleich darauf: „Scheiße!"

Er sitzt auf der Erde und verzieht sein Gesicht. „Verdammter Mist, das tat weh", sagt er und versucht ein Lächeln, was ziemlich misslingt. Ich reiche ihm meine Hand.

„Ich komm wohl immer im richtigen Moment, was?", frage ich ihn und ziehe ihn hoch. Sein Fuß scheint wieder ordentlich weh zu tun.
„Glaub' ich allmählich auch", sagt er und sieht auf den Boden, „ deshalb! Alles ist nass ... hier muss was ausgekippt sein, darum sind mir die dämlichen Krücken auch weggerutscht ..." Nach denen bücke ich mich gerade. Er lehnt am Schreibtisch.
„Einen nassen Hintern hab' ich jetzt auch", sagt er und verzieht das Gesicht, „na toll!" Ihm kommt anscheinend ein Gedanke.

„Könnten Sie mir einen Gefallen tun?", fragt er. „Beinahe jeden", sage ich grinsend, „?bloß meine Hose behalte ich selbst an!" Er lacht und schüttelt den Kopf. „Können Sie auch mal ernst sein?", fragt er. „Das bin ich normalerweise ständig ... es muss an Ihnen liegen", gebe ich trocken zurück. Mann, hat der ein Lächeln! Er hat seine Sporttasche in der Lehrerumkleide, die soll ich

    ihm holen, weil's ihm verständlicherweise peinlich ist, mit der nassen Hose rauszugehen.
    „Das ist der Hauptschlüssel für die Turnhalle, dieser hier ist für die Zwischentür und das der Schlüssel für den Umkleideraum", erklärt er mir. Er ist kleiner als ich, so groß wie Nick. „Er riecht gut", denke ich, als ich so nah neben ihm stehe. Gestern war er ja ziemlich verschwitzt vom Joggen. „Was ist denn das für 'n After shave?", frage ich ihn. Er sieht hoch und schluckt.
    „Äh ... Davidoff ... cool water", sagt er und sieht reichlich verwirrt aus. „Das nimmt Nick auch manchmal", denke ich. „Hm ... wüßt ich's doch ... nimmt mein Freund auch ab und an", sage ich, „ich geh' dann mal... nicht weglaufen!" Ich glaube, ich lasse ihn ganz schön durcheinander zurück. Bin amüsiert, muss ich gestehen. „Ob er's jetzt weiß?", denke ich, „Mal sehen, wie er reagiert, wenn ich wieder zurückkomme."
    Als ich über den Schulhof gehe, sehe ich Katharina und den großen Dunklen, den Herr Kruse Patrick genannt hat, in 'ner Ecke stehen und reden. Meine Tochter ist eifrig am Gestikulieren. Patrick lacht, dann nimmt er sie plötzlich in den Arm und dann küssen sie sich. „Sieh' an", denke ich, „meine Tochter!" Wird ja auch langsam mal Zeit.

    Nick

    Ich bringe Lily ins Bett.

    Lese ihr ,Was sagt dein Papa, Willi Wiberg?' vor. Diese Bände von Gunilla Bergström haben's mir persönlich am meisten angetan. Wahrscheinlich, weil da dieser kleine Willi mit seinem Vater zusammenlebt. Ich kenn doch keinen Vater. Hatte doch bloß 'ne Mama.
Nichts gegen Franziska, ja? Auf die lass' ich nichts kommen, aber manchmal... da hätt' ich schon gern ein Papa gehabt.
Nach 'nem Fußballspiel z.B., wenn die anderen Jungs von ihren Vätern abgeholt und mit rauem Schulterklopfen begrüßt wurden, da hab' ich mich blöderweise auch nach einem Vater gesehnt. Der mit mir über's Spiel redet und so. Franziska machte sich nichts aus Fußball, war noch nie ihr Ding. Ihr Bruder Arno hatte viel zu selten Zeit und mit dem Fußball hatte er es auch nicht so als Rallyefahrer und Auto- liebhaber.
Manchmal hat mich unser Trainer nach Hause gebracht, weil Franziska arbeiten musste. Meine Oma war dann zu Hause. Dann stellte ich mir vor, dass die Leute, die uns zusammen sahen, dachten, dass er mein Vater ist und ich fühlte mich - wie soll ich sagen? Normal. Gut, es gab einige in meiner Klasse, die auch nur eine Mutter hatten, weil sich ihre Eltern getrennt hatten, aber die hatten wenigstens einen Vater. Die kannten den und besuchten ihn sogar. „Mach's gut, Nicki", sagte Klaus immer

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