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Olympiareife Nummern

Olympiareife Nummern

Titel: Olympiareife Nummern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Meissner-Johnannknecht
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freundlich und meistens strich er mir noch über den Kopf oder klopfte mir auf die Schulter, „und wegen der zwei Treffer ... mach dir nichts draus ... das gehört dazu!" Ich stand halt schon immer im Tor.
Lily kuschelt sich an mich, während ich lese und ich freue mich echt, dass sie wieder da ist.
Es stört mich auch nicht, wenn sie nachts zu uns ins Bett kriecht. Meistens kriegt Jan das gar nicht mit. Sie kommt ohnehin immer zu mir. „Komisch", denke ich, „letztes Jahr war ich noch solo und auf einmal hab' ich 'ne richtige Familie ..."

„Schlaf gut, Süße", sage ich nach dem Vorlesen.

    „Wann kommt Papa?", fragt sie. Ich sehe auf die Uhr. Halb
    neun.
    „Weiß ich nicht", sage ich, „aber er kommt bestimmt noch in dein Zimmer und gibt dir ein Küsschen ... auch wenn du schon schläfst." Sie umarmt mich. „Hast du Papa lieb?", fragt sie mich. „Ganz doli", sage ich und küsse sie auf die Nasenspitze. „Ich hab' dich auch ganz doli lieb", sagt sie mit unverfälschter Kinderlogik.

    Christoph guckt unten „Batman und Robin". Ich beschließe, mit Arnie noch 'n Gang zu machen. Oder soll ich laufen? Hell genug ist es ja.

    „Ich lauf noch", sage ich zu Chris. Der nickt abwesend.

    Jan

„So. Da sind Ihre trockenen Klamotten", sage ich und stelle ihm die Tasche auf den Schreibtisch. Er steht am Fenster und sieht sehr nachdenklich aus. Ich will jetzt schnell wieder raus.

„Danke", sagt er, „sagen Sie mal, Sie sprachen eben von Ihrem ... Freund. Sind Sie ... schwul?" Ich wollte gerade rausgehen, hatte schon die Hand auf der Klinke, aber jetzt schließ ich die Tür und dreh' ich mich um. Wohl so 'n Reflex.

„Ja", sage ich, „seit letztem Jahr." Seltsam, dieses Herzklopfen ... Er starrt mich an und wieder denke ich, dass er verdammt gut aussieht. Dann schüttelt er den Kopf. „Ich glaub's nicht", sagt er, „echt... ich bin's auch." Stille. Eigenartige Stimmung plötzlich. Irgendwas läuft schief. Ich wollte ihn doch bloß ein bisschen schockieren, weil ich ihn ... ja, ich finde ihn ziemlich gut, muss ich zugeben, es hat mir Spaß gemacht, ihn zu verwirren ... aber jetzt? Was ist bloß auf einmal mit mir los? Er humpelt mit den Krücken zum Schreibtisch.

„Danke", sagt er mit seiner angenehmen Stimme und sieht mich dabei irgendwie erwartungsvoll an. Und ich? Was mache ich?

Ich könnte sagen, „keine Ursache, war mir ein Vergnügen!" oder 'ne andere Floskel - was man halt so sagt in solchen Momenten - aber das tu ich nicht. Stattdessen gehe ich um den Schreibtisch herum und lege meine Hände auf Herrn Kruses Schultern. Dann streiche ich ihm durch's blonde Haar und sehe in seine dunkelblauen Augen. Und dann?

Ja, dann beuge ich mich runter und küsse ihn ...

    Nick

    Ich werde wohl nie an dieser Stelle vorbeikommen, ohne an die Skins zu denken ...
    Die hab' ich seitdem Gott sei Dank nicht wiedergesehen. Aber in meinen Träumen sind sie noch immer präsent. Ob es irgenwann einmal aufhört? Sobald die Erinnerung hochkommt, dränge ich meine Gedanken in eine andere Richtung, zwinge mich förmlich dazu. Manchmal wache ich nachts schweißgebadet auf und mein Herz klopft dann wie verrückt. Diese Demütigung. Diese Schmerzen. Und am al- lerschlimmsten: die Angst vor dem Hinterher. Was machen sie danach mit mir? Wenn sie sich abreagiert haben ...? Ich habe mich damals gefühlt, als wäre ich nicht in meinem Körper. Meine Seele stand hinter einem Baum, war geflohen aus mir. Der Typ da auf der Erde war nicht Nick, das war irgendein Fremder, der da gequält wurde. Das hatte nichts mit mir zu tun. Das durfte nichts mit mir zu tun haben. Irgendwann wird es aufhören, weh zu tun. Bestimmt.
    Das Laufen tat gut, ich fühl mich richtig frisch und wach nach dem Duschen. Kurz vor zehn.
    „Geht aber lange, das Schulfest", denke ich und komm' gerade aus dem Bad, da wird die Haustür geöffnet. „Endlich", freu ich mich. Katharina. Und so 'n junger schlaksiger Typ, der mich augenblicklich an Mats erinnert. Damals, als er noch nicht so kräftig war. Warte darauf, dass auch Jan reinkommt.

    „Ist was?", fragt sie.
    „Wo ist Jan?", frage ich sie.
    „Wieso? Ist der noch nicht da?"
    Ich sehe raus.
    „Siehst du da ein Bus?"
    Auf der Auffahrt steht ein uralter Mercedes.

„Komisch", sagt sie, „das Fest ist doch schon seit sieben vorbei!"

    Jan

Ich glaub', ich bin wirklich und wahrhaftig schwul. Es liegt also doch nicht nur an Nick. Auf Andreas reagier' ich genauso.

„Hör auf, hör auf, sagt er immerzu, „das ist

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