Olympos
raubten sie gerade aus. Das Gelächter der Griechen war in der dünnen Luft deutlich zu hören.
Es waren vielleicht vierzig Frauen, die hier gefallen waren. Penthesilea zügelte ihr Ross, bis es im Schritt ging, aber die be i den Reihen berittener Amazonen gerieten zwangsläufig durcheina n der. Pferde – sogar Schlachtrösser – treten nicht gern auf Me n schen, und die blutbesudelten Leichen hier – alles Frauen – lagen so dicht beieinander, dass die Pferde sich behutsam ihren Weg suchen und die schweren Hufe in die wenigen freien Stellen zw i schen den Körpern setzen mussten.
Die Männer, die die Frauenleichen ausraubten und begrapsc h ten, blickten auf. Penthesilea schätzte, dass es ungefähr hundert Achäer waren, aber sie erkannte keinen von ihnen. Keiner der griechischen Helden war dabei. Sie schaute fünf- oder sechshu n dert Meter weiter nach vorn und sah eine edlere Gruppe von Männern, die zu Fuß zum Hauptteil des achäischen Heeres z u rückkehrten.
»Schaut, noch mehr Frauen«, sagte der räudigste der Männer, die den weiblichen Leichen die Rüstungen abnahmen. »Und diesmal haben sie uns Pferde mitgebracht.«
»Wie ist dein Name?«, fragte Penthesilea.
Der Mann grinste und entblößte dabei fehlende und verfaulte Zähne. »Ich heiße Molion, und ich versuche mir gerade darüber klar zu werden, ob ich dich erst ficken und dann töten soll oder umgekehrt, Frau.«
»Das muss eine schwere Aufgabe für einen solch beschrän k ten Verstand sein«, sagte Penthesilea gelassen. »Ich bin einmal einem Molion begegnet, aber er war Trojaner, ein Kamerad von Thymbraios. Außerdem war dieser Molion ein lebendiger Mann, und du bist ein toter Hund.«
Molion knurrte und zog sein Schwert.
Ohne abzusteigen, schwang Penthesilea ihre zweischneidige Axt und enthauptete den Mann. Dann spornte sie ihr riesiges Schlachtross an und ritt drei weitere nieder, die kaum noch Zeit hatten, ihre Schilde zu heben, bevor sie zu Boden getrampelt wurden.
Mit einem grässlichen Schrei stürzten sich ihre zwölf Amaz o nen neben ihr in den Kampf, ritten Achäer nieder, hieben mit Schwe r tern und Äxten auf sie ein und durchbohrten sie mit Speeren, als würden sie mit einer Sense Weizen mähen. Wer sich zum Kampf stellte, starb, wer floh, starb ebenfalls. Penth e silea selbst tötete die letzten sieben Männer, die zusammen mit Molion und seinen drei niedergerittenen Freunden die Leichen gefleddert hatten.
Ihre Gefährtinnen Euanda und Thermodoa hatten den letzten der jammernden, auf den Knien rutschenden und um ihr Leben bettelnden Achäer zur Strecke gebracht – einen besonders hässl i chen, winselnden Kerl, der erklärte, sein Name sei Thersites, wä h rend er um Gnade flehte –, und Penthesilea verblüffte ihre Schwestern mit dem Befehl, ihn laufen zu lassen.
»Bring Achilles, Diomedes, den beiden Ajax, Odysseus, Idom e neus und den anderen argeiischen Helden, die ich von dem Hügel dort drüben zu uns herüberschauen sehe, diese Bo t schaft«, befahl sie Thersites mit lauter Stimme. »Sag ihnen, dass ich, Penthesilea, Königin der Amazonen, Tochter des Ares, G e liebte der Athene und der Aphrodite, gekommen bin, um Achilles ’ elendem Leben ein Ende zu machen. Sag ihnen, dass ich Achilles zum Zweikampf herausfordere, wenn er dazu bereit ist, dass ich und meine Am a zonen sie jedoch alle töten werden, wenn sie darauf bestehen. Geh und überbring meine Bo t schaft.«
Der hässliche Thersites eilte so rasch davon, wie seine zitter n den Beine ihn trugen.
Ihre brave rechte Hand, die unschöne, aber überaus mutige Kl o nia, kam zu ihr geritten. »Meine Königin, was sagst du da? Wir können nicht gegen all diese achäischen Helden kämpfen. Jeder von ihnen ist eine Legende … zusammen sind sie so gut wie unb e siegbar, ein mehr als ebenbürtiger Gegner für jegliche dreizehn Amazonen, die jemals gelebt haben.«
»Sei ruhig und entschlossen, meine Schwester«, erwiderte Penthesilea. »Unser Sieg liegt ebenso sehr im Willen der Götter wie in unseren eigenen starken Händen. Wenn Achilles to t ni e derstürzt, w erden die anderen Achäer fliehen – wie sie vor Hektor und bloßen Trojanern geflohen sind, als weit Geringere ihrer Fü h rer gefallen oder verwundet worden waren. Und wenn sie die Flucht ergreifen, machen wir kehrt, reiten im Galopp zurück durch dieses verfluchte Loch und verbrennen ihre Schiffe, bevor diese so genannten Helden sich sammeln kö n nen.«
»Wir werden dir in den Tod folgen, meine
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