Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
Mann.» Es hätte ihn nicht weniger verblüfft.
«Und Frankfurt?»
«Ich will auf Föhr bleiben.»
«Hör auf!»
«Ik snaake beeder Fering üüs dü!!»
Ich spreche besser Friesisch als du.
«Stimmt.»
«Dazu kommt noch, dass ich eine Banklehre gemacht habe. Was bedeutet, dass ich eine Menge mehr von Bilanzen und Buchführung verstehe als du.»
Er nahm ihr den Kochlöffel wieder aus der Hand.
«Stimmt auch», musste er zerknirscht zugeben.
Sie lächelte ihn an.
«Ich sehe das so: Du bist als erster Surfer auf Föhr eine lebende Legende. Du kannst mit allen, dich kennt jeder, und dich mag jeder. Außerdem bist du perfekt im Organisieren und Kungeln.»
«Die Lindner schlägt mich da aber noch um Längen.»
«Egal, du weißt, wie eine Kneipe läuft, du bist das Gesicht des Ladens. Du musst ran an die Älteren, zum Beispiel an die Kurgäste, und die Ü-30-Partys arrangieren.»
«Und du?»
Jade nahm ihm den Kochlöffel wieder ab und deutete damit auf seine Brust.
«Ich mache dir die Hütte voll mit jungen Leuten, an die du nicht rankommst. Hast du doch gesehen!»
«Vorsicht», warnte er. «Ein guter Abend macht noch keinen Sommer.»
Dass sie leichter an junge Leute rankam, mochte zwar stimmen, aber er hörte es nicht gerne. War er schon so alt geworden?
Sie grinste. «Die nächste Disco ist übermorgen Nachmittag – falls du einverstanden bist. Diesmal für die Zwölf- bis Sechzehnjährigen. Die mit ihren Eltern hier im Urlaub abhängen und abends nicht wissen, wohin mit sich. Diese Altersgruppe ist eine Goldgrube, aber niemand hat sich bisher ernsthaft um sie gekümmert. Es ist doch ganz einfach: Die Eltern wollen zwischendurch ihre Ruhe haben, und die Teenies lechzen danach, ihre Alten mal los zu sein. Also gehen sie tanzen.» Sie lächelte. «Irgendwelche Einwände?»
Das ging ihm jetzt alles ein bisschen schnell.
«Weswegen bist du nach Föhr gekommen, Jade? Doch nicht, um das Erdbeerparadies zu übernehmen.»
«Und wenn?»
«Cord behauptet, du bist bei deiner Bank rausgeflogen.»
Jade nickte.
«Sagen wir es mal so: Ich habe meine ursprünglichen Pläne geändert. – Also, was ist nun? Bin ich mit im Boot?»
Er zögerte. Jade hatte mit allem recht, und ihre Ideen waren sicher gut, aber wie sollte das funktionieren? Ein Achtundfünfzigjähriger und eine Neunzehnjährige betreiben zusammen eine Disco?
«Ich weiß nicht.»
Oma klopfte energisch gegen die Speichen ihres Rollstuhls und hielt ihren Block hoch. Diesmal hatte sie einen Totenkopf gemalt. Darunter stand sein Name. Jade nahm den Stift ihrer Oma und schrieb die Zahl 8000 darunter.
«Ich habe zwei Jahre lang einen Teil meines Azubigehaltes in Aktien angelegt», erklärte sie. «Daraus sind inzwischen achttausend Euro geworden. Das wäre mein Anteil.»
Arne staunte.
«Nee, lass mal. Du kannst auch erst mal so mitmachen.»
Jade stemmte ihre Hände in die Hüften.
«Nee, Arne, kein Wischiwaschi! Ich investiere hier nur, wenn ich auch etwas verdienen kann!»
Er schaute sie verblüfft an.
«Habe ich eine Bedenkzeit?», fragte er.
«Nein. Ich will heute noch Handzettel verteilen, die sind schon fertig gedruckt.»
Sie war also fest davon ausgegangen, dass er mitspielte?
Er breitete die Arme aus. «Also gut.»
Sie kam auf ihn zu und umarmte ihn.
«Viele große Weltunternehmen haben in einer Garage angefangen», jubelte sie.
«Du willst das Erdbeerparadies aber jetzt nicht als Garage bezeichnen!»
Jade grinste.
«Nein, es ist natürlich eine Art Weltkonzern.»
«Ganz genau. An den Börsen wird unsere Fusion einige Erschütterungen auslösen», vermutete er lachend.
«Danach muss die Wirtschaftsgeschichte dieses Landes neu geschrieben werden», ergänzte sie.
Die beiden umarmten sich noch einmal, dann deckte Jade den Tisch. Er wandte sich wieder dem Herd zu und schmeckte die Sauce mit einem Teelöffel ab.
«Das Geschäft läuft also wieder. Jetzt müssen wir nur noch eine Frau für dich finden», befand Jade hinter seinem Rücken.
Ihm fiel fast der Löffel aus der Hand.
«Was?»
«Du bist doch Single, oder?»
«Und?»
«Was und?»
Er beugte sich über die Pfanne mit dem Gemüse und wendete es vorsichtig.
«Vielen Dank, aber mein Liebesleben kriege ich schon selbst geregelt.»
Sie kam an den Herd und zog neugierig einen Paprikastreifen aus der Pfanne, um zu probieren.
«Was denn für ein Liebesleben?», fragte sie, während sie heftig pustete.
Was sollte er darauf sagen? Es lief halt im Moment nichts Konkretes, na
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