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Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Titel: Oma 04 - Omas Erdbeerparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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unangenehm, im Aufzug schweigend neben Frau Häberle zu stehen. Dazu war sie viel zu aufgeregt. Sie überlegte, ob sie etwas sagen sollte.
    «Haben Sie schon etwas für den Urlaub geplant?», erkundigte sie sich beiläufig. Das war nicht besonders originell, aber besser als diese Stille. Frau Häberles Augen wurden schmaler, sie blickte an ihr vorbei auf die Knöpfe mit den Etagennummern.
    «Ich besuche meine kranke Mutter in Mannheim.»
    Okay, man konnte nicht immer gewinnen, nicht mal an einem Tag wie diesem.
    «Das tut mir leid.»
    Frau Häberle nickte und schwieg, bis sie im Erdgeschoss angelangt waren. Dort gingen sie nach rechts in einen fensterlosen Raum neben den Aufzügen, in dem die Briefpost sortiert wurde. Ein paar Mitarbeiter starrten sie missmutig an, als sie hereinkamen. Die Klimaanlage war ausgefallen, dicke Schweißperlen standen ihnen auf der Stirn, und das Neonlicht ließ sie nicht gerade attraktiver aussehen.
    «Das Nadelöhr in unserem Haus ist die Poststelle», erklärte Frau Häberle. «Hier trifft alles Wichtige ein, für die Mitarbeiter in allen Fonds. Nimm dir den Brieföffner. Da drüben stehen die Körbe mit den Zimmernummern. Schönen Tag noch.»
    Jade starrte sie entgeistert an: Wieso duzte Frau Häberle sie plötzlich? Doch bevor sie reagieren konnte, hatte die Assistentin bereits den Raum verlassen.
    Sie hatte sich geirrt.
    Schmidti war nicht sauer.
    Er kochte vor Wut.

[zur Inhaltsübersicht]
    4.
    Im Erdbeerparadies
    Den Rückweg ging Arne im Schneckentempo an, aber seine Seitenstiche wurden trotzdem nicht besser. Ächzend schob er seine Mutter an der alten Schmiede im Dörps End vorbei aufs Erdbeerparadies zu. Gleich waren sie zu Hause, dann würde er sich erst mal auf seiner Matratze langmachen.
    Er blieb einen Moment stehen, um durchzuatmen. Im Schatten riesiger Kastanienbäume und Buchen sah er vor sich das Erdbeerparadies liegen. Auf Fremde mochte das rot geklinkerte Haus an der Ocke-Nerong-Straße unscheinbar wirken. Und tatsächlich machte nur der Giebel des Hauses wirklich etwas her: Hier war ein grünes Schild mit der Aufschrift «Erdbeerparadies» angebracht, umrahmt von zwei aufgemalten Erdbeeren. In diesem Teil des Gebäudes befand sich die Kneipe mit Biergarten. An die linke Seite hatte man den großen Tanzsaal angebaut, in dem die Veranstaltungen stattfanden.
    Seit über hundert Jahren hatte es niemanden auf der Insel Föhr gegeben, der nicht wenigstens einmal im Erdbeerparadies getanzt hatte. 1898 war es als Ausflugslokal gegründet worden, umgeben von einem parkartigen Obstgarten mit einem Affen und Meerschweinchen für die Kinder. Der Name rührte von einem riesigen Erdbeerfeld hinter dem Haus her, wo die Früchte frisch gepflückt und mit Sahne von glücklichen Föhrer Kühen veredelt – plus einem kräftigen Schuss Punsch – den Gästen dargereicht wurden. Unzählige Tanzveranstaltungen hatten hier stattgefunden, und seit Anfang der Sechziger war das Paradies eine Disco mit Live-Konzerten, wo berühmte Gruppen für kleine Gagen spielten: Die Insellage war attraktiver als Geld. Die Gäste kamen von ganz Föhr, mit Pferdefuhrwerken, mit dem Rad, später mit Autos, man tat sich zu Fahrgemeinschaften zusammen oder legte Stunden zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, um im Liebestempel der Insel zu tanzen. Im Sommer schlief mancher seinen Rausch auf den nahegelegenen Marschwiesen aus.
    Für die ältere Generation auf Föhr wirkte allein das Wort «Erdbeerparadies» wie eine Melodie, die sofort die schönsten Jugend- und Liebeserinnerungen auslöste. Arnes Mutter hatte hier seinen Vater kennengelernt, und auch er selbst hatte an diesem Ort den Großteil seiner Frauenbekanntschaften gemacht. Unter anderen die dunkelhaarige, schöne Malu, die in den Siebzigern auf dem Weg von der Schweiz nach Indien mit ihrer kleinen Tochter Maria irgendwie vom Weg abgekommen und auf Föhr gelandet war. Als sie nach drei Jahren weiter nach Indien zog, hatte er Maria adoptiert. Hier hatte alles begonnen.

    Arne schob seine Mutter in den kühlen Tanzsaal und schaltete das Licht an. Der Raum war ungefähr 120 Quadratmeter groß und wurde indirekt mit gelben und roten Spots an der Decke beleuchtet. Die Wände waren mit Konzertankündigungen vergangener Auftritte gepflastert, jedes Plakat wurde einzeln beleuchtet, was sie wie Heiligenbilder erscheinen ließ. Neben den Konzertpostern gab es noch ein altes Stallfenster mit verspiegelten Fensterflächen an der Wand, eine alte Landkarte von Föhr

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