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Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Oma 04 - Omas Erdbeerparadies

Titel: Oma 04 - Omas Erdbeerparadies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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vor der «Groten Mandränke» von 1362, die halb Nordfriesland vernichtet hatte, und auf den Holztischen standen Portweinflaschen als Halter für Tropfkerzen. Der Tresen war aus Stein gemauert, dahinter befand sich neben Hochprozentigem ein Sammelsurium von «Flensburger-Winterbock»-Aufklebern, CDs und einer Kühltruhe mit Schöller-Eis. Im hinteren Bereich des Hauses stand ein riesiger Sonnenschirm, dessen Ständer aus einem alten Weinfass herauswuchs. Vorne war die kleine Bühne, auf der Abi Wallenstein, Alex Conti, Illegal 2001, Ben Granfeld von den Leningrad Cowboys und viele andere mehr gestanden hatten. Nicht zu vergessen Arnes erster Auftritt als Gitarrist der berüchtigten Schülerband «Sturmflut-Wölfe», die immer noch existierte: Heute Abend würden sie seit ewigen Zeiten mal wieder im Tanzsaal spielen, allerdings ohne ihn, er war mit Anfang dreißig bei den Wölfen ausgestiegen.
    Arne ging hinter den Tresen und kippte ein Glas Wasser runter, nach dem Joggen hatte er einen irrsinnigen Durst.
    «Du auch?», fragte er seine Mutter.
    Die schüttelte den Kopf.
    «Du musst was trinken», mahnte er.
    Sie schaute stumm auf die Poster an den Wänden.
    Sie schrieb mit spitzen, steilen Buchstaben auf ihren Block: KENNT DIE GRUPPEN NOCH JEMAND?
    Er lachte.
    «Verzeih mir, aber davon hast du keine Ahnung, Mama. Willst du nicht doch etwas trinken?»
    Sie nickte und schrieb erneut etwas auf.
    EINEN MANHATTAN, BITTE.
    «Um diese Zeit? Wir haben noch nicht einmal Mittag!»
    War seine Mutter auf ihre alten Tage zur Alkoholikerin geworden? Davon hatten ihre WG-Mitbewohner ihm gar nichts erzählt.
    ICH BIN JA NICHT GEJOGGT, schrieb sie auf den Zettel.
    «Verträgt sich das denn mit deinen Tabletten?»
    Sie schaute ihn empört an. Zu Recht, dachte er. Sollte er einer fast achtzigjährigen Frau ein Gläschen verbieten? Sie besaß ja wohl ein Recht auf Unvernunft.
    «Manhattan habe ich drüben in der Kneipe», sagte er und schob sie im Rollstuhl rüber.
    Nebenan, im ehemaligen Kickerraum, hatte sein Vorgänger eine Kneipe eingerichtet, die ebenfalls mit Reliquien vergangener Zeiten vollgehängt war. Die Kneipe wurde nur geöffnet, wenn es keine Veranstaltungen im Tanzsaal gab. Über dem Tresen stand eine große Flasche Jack Daniels auf dem Regal, bestimmt einen halben Meter hoch, an der Decke hing eine riesige Friesenfahne, und an der Wand gegenüber der Tür das gemäldeartige Cover von «Jeff Beck’s Guitar Shop», auf dem Jeff Beck an einer überdimensionalen Gitarre herumschraubt.
    Im verglasten Kuchentresen hatte er etwas Strandsand verteilt und Figuren aus Überraschungseiern hineingestellt, eine Bierflasche der imaginären Marke «Dittscheberger» thronte dazwischen wie ein Leuchtturm. Den Namen hatten sich die Macher der TV-Serie «Dittsche» ausgedacht, um Schleichwerbung zu umgehen, der Produktionsleiter hatte die Flasche von einem Dreh aus Hamburg mitgebracht .
    Wenn einer irgendetwas im Raum als Kitsch bezeichnete, musste er zur Strafe einen ausgeben, das war die Regel. Das Erdbeerparadies würde nie ein steriler Laden mit Alutischen werden, dafür würde Arne sorgen, solange er lebte!
    Er mixte seiner Mutter ein kleines Glas Manhattan, das sie in einem Zug hinunterkippte. Dann sah sie ihn so streng an wie seit seiner Kindheit nicht mehr. Er seufzte und mixte ihr noch einen – und dann einen für sich selbst. Es war nicht gerade das, was Sportmediziner nach dem Joggen empfahlen, aber irgendwie hatten Fokkos Stänkereien ihn mehr getroffen, als er sich eingestehen wollte. Ein Manhattan würde ihn wieder entspannen.
    «Skål!», rief er und stieß mit seiner Mutter an.
    Mit dem Erdbeerparadies hatte er im richtigen Moment eine Bleibe gefunden, an der er sich pudelwohl fühlte. Seine Wohnung im Dachgeschoss über der Kneipe war die größte, die er je besessen hatte, außerdem machte es ihn stolz, Pächter dieses Traditionsladens zu sein.
    WIE SIEHT ES FINANZIELL AUS?, schrieb Imke auf ihren Block.
    «Ja, weißt du …», begann er und wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Seine Bank hatte ihm anfangs alle Türen geöffnet. Jetzt müsste sie eigentlich noch einmal nachlegen, damit sein Umsatz anlief, aber genau zu diesem Zeitpunkt drehten sie ihm den Kredithahn zu.
    «Die Bank zickt rum, aber das machen die immer, du weißt ja, wie die sind», sagte er.
    Es ging um eine vierstellige Summe im unteren Bereich, so etwas bezahlten die doch aus ihrer Portokasse! Für ihn aber würde schon die nächste Miete ein

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