Oma dreht auf
nicht gor,
pros Niejohr, pros Niejohr!
«Plötzlich war mir so versöhnlich zumute», sagte Christa nach einer Pause. «Ich wollte einfach, dass wir es dabei belassen, ohne uns zu streiten. Also schlug ich ihm vor, ‹du gehst jetzt Richtung Osten zurück, und ich Richtung Westen zu meiner WG ›, dann haben wir einen schönen Abschluss gefunden. Da rückte er mit einer großen Bitte heraus – dem eigentlichen Grund, warum er sich mit mir getroffen hatte.»
Imke richtete sich in ihrer Liege auf, sie fand das alles hoch spannend.
«Er betonte noch einmal, dass zwischen uns nichts gewesen war und auch nichts sein würde. Ich fand, es war nicht gerade ein Kompliment.»
«Um dir
das
zu sagen, hat er sich mit dir getroffen?»
«Nee, er wollte tatsächlich, dass ich zu seiner Frau gehe und ihr das so sage. Die hatte nämlich von unserer Knutscherei am Tennisplatz erfahren und ihm angeblich deswegen mit Scheidung gedroht. Fragt sich nur, wie oft sie diese Szene schon hatten.»
«Und wie hast du darauf reagiert?»
«Es war schon dunkel. Wir waren gerade beim Lagelum Siel im Osterland, da fehlte an einer Stelle das Gitter. Ich bin einen Schritt zur Seite gegangen, habe Anlauf genommen und Stefan ins Wasser gestoßen.»
Imke hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund.
«Hast du nicht!»
Christa nahm einen Schluck Kaffee. «Der hatte überhaupt nicht damit gerechnet und ist in hohem Bogen ins Wasser geflogen.»
Imke grinste.
«Was nicht gut für seine Schulter sein wird.»
Christa zuckte mit den Achseln.
«So bleiben wenigstens keine Zweifel übrig, was man voneinander denkt.»
«Das ist eben der Vorteil der Jugend», seufzte Imke. «Ihr könnt über alles reden, müsst es aber nicht. Wenn man jung ist, gibt es immer noch andere Wege, um seine Gefühle auszudrücken.»
«Ja, da hast du recht. Aber so ganz über die Sache hinweg bin ich trotzdem nicht. Ich bin nämlich auch nicht mehr die Jüngste, und mit zunehmendem Alter wird man leider eitler und verletzlicher. Eigentlich paradox, aber was soll’s? Wenigstens habe ich ihm gezeigt, dass er mit mir nicht alles machen kann.»
Imke nahm jetzt doch einen Kaffee, und sie prosteten sich mit den Tassen zu. Was Imke über Ocke wusste, verriet sie mit keinem Wort. Vielleicht sah es gar nicht so schlecht für ihn aus.
In diesem Moment fuhr ein Polizeiwagen mit Blaulicht auf das Grundstück zu. Kurz darauf erschien Brockstedt auf der Terrasse. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er nicht gerade in Feierlaune.
Imke sah ihn erschrocken an.
«Ist was mit Arne?»
«Moin Imke, Moin Christa», sagte Brockstedt ernst.
«Was ist mit meinem Jungen?», fragte Imke noch einmal.
«Wie man’s nimmt. Wir bräuchten deine Aussage, Imke, dann wären wir einen großen Schritt weiter.»
Imke stiegen die Tränen in die Augen.
«Es lag alles an mir, Gerald, meine Bowle …»
Brockstedt bot ihr demonstrativ seinen Arm an.
«Das ist mir sonnenklar.»
«Dafür soll Arne nicht büßen.»
«Wie gesagt, wir brauchen deine Aussage.»
«Ich gehe kurz ins Haus, um mich umzuziehen.»
«Kurze Hose ist okay, ist ohnehin viel zu warm auf dem Revier.»
Also zog sie sich nur schnell ein T-Shirt über und ließ sich von Brockstedt zum Polizeiwagen führen.
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19. Krumme Seehunde
Wie durch ein Wunder ließ die Schwüle nach, und es wurde einer jener trockenen Hochsommertage, die keine Wünsche offenließen: 27 Grad, dazu wehte ein angenehmer, leichter Wind. Bei auflaufendem Wasser schwammen unzählige runde Köpfe im Meer, die wie lustig bemalte Bojen aussahen. Überflüssig zu erwähnen, dass die Strandkörbe am Wyker Südstrand ausnahmslos besetzt waren. An so einem prächtigen Tag kamen zu den Inselgästen stets noch unzählige Tagesbesucher vom Festland und von der Nachbarinsel Amrum dazu. Es roch nach Sonnencreme und Pommes, und wer es edler wollte, wurde in den wunderbaren Cafés am Sandwall, der Promenadenstraße hinter dem Strand, bestens bedient. Wyk wirkte in der Sommerhitze wie eine Stadt am südlichen Mittelmeer, nur dass man dort auf die prächtige Kulisse verzichten musste, die hier geboten wurde: Alle Strandgäste schauten direkt auf die vorgelagerte Hallig Langeneß, die sich lang und elegant auf der Südostseite von Föhr erstreckte.
Brockstedt fuhr mit Imke langsam auf den Sandwall. Zu dieser Zeit herrschte hier die wohl größte Gummischlappendichte der Republik, das Tempo war behäbig, und das schlimmste Problem der
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