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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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alles gut ausging, denn vermutlich hatte Brockstedt vor Maria extra den Ultraharten gespielt, weil er wusste, dass sie Arne davon erzählen würde. Die Angst vorweg sah der Revierleiter als Teil der Strafe, Arne und die Bösingers sollten sich richtig schlecht fühlen, wenn sie zur Anhörung auftauchten.
     
    Um halb zehn fuhren die Bösingers mit ihrem kakaobraunen Volvo vor, und auch Arne traf kurze Zeit später ein. Auf der Terrasse hatten Christa und Imke Brötchen, Krabben, Marmelade, Kaffee und Tee gedeckt. Herr Bösinger hatte sich bei einem Amrumer Inselfriseur die Haare auf Stoppellänge kürzen lassen, trug einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und dunkelblauem Schlips und unterm Arm eine Aktentasche. Frau Bösinger hatte sich für ein dunkelblaues Kostüm mit Perlenkette entschieden. Alle schwitzten fürchterlich, zum einen wegen der hohen Luftfeuchtigkeit, zum anderen, weil sie nicht wussten, was sie erwartete.
    Genau wie Imke trug auch Christa an diesem Tag eine dunkle Bluse. Zur Begrüßung gab man sich förmlich die Hand, niemand lächelte. Die Stimmung war fast wie vor einer Beerdigung, die Bösingers und Arne konnten kaum etwas essen – kein Wunder, wenn einem im schlimmsten Fall Gefängnisstrafe drohte.
    «Wir haben Jesus Christus um Verzeihung gebeten», bekannte Herr Bösinger und nahm einen Schluck Tee.
    «Damit kommt ihr nicht durch», sagte Imke.
    «Er ist
immer
bei uns», entgegnete Frau Bösinger.
    «Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass dies keine Gerichtsverhandlung ist, sondern nur eine Anhörung», sagte ihr Mann.
    «Aber da werden wichtige Weichen gestellt», wusste Arne, der als Jugendlicher hin und wieder mit der Inselpolizei zu tun gehabt hatte. Alles relativ harmlose Sachen, die sich auf kurzem Dienstweg hatten regeln lassen. Bis auf diesen blöden Betrugsvorwurf …
    Nun fischte Herr Bösinger eine Handakte aus seiner Aktentasche. «Meine Frau und ich haben unsere Aussagen verschriftlicht, und ich habe ein bisschen im Strafgesetzbuch geblättert. Die Beamten werden sich warm anziehen müssen.»
    «Inwiefern?», erkundigte sich Christa.
    Herr Bösinger blickte triumphierend in die Runde. «Ich halte die Verhaftung für vollkommen unangemessen, außerdem haben sie mir zu enge Handfesseln angelegt und damit die Blutzufuhr abgeschnürt, das ist Körperverletzung.»
    «Nebenkriegsschauplätze», urteilte Arne und zündete sich eine Zigarette an.
    Imke stutzte. Ihr Sohn hatte seit Jahren keine geraucht. Er musste wirklich sehr nervös sein.
    «Solche Fakten können das Verfahren entscheidend beeinflussen, unterschätzen Sie das nicht», belehrte ihn Herr Bösinger, der wirkte, als ob er am liebsten mitgeraucht hätte. Wäre seine Frau nicht dabei gewesen, hätte er mit Sicherheit eine geschnorrt.
    «Unterm Strich habt ihr Mist gebaut und wenig in der Hand», sagte Imke. «Ist es nicht so? Brockstedt ist ein scharfer Hund, ich kann euch nur warnen.»
    «Letztlich entscheidet das in unserem Land immer noch der Staatsanwalt», sagte Bösinger.
    «Wir sind hier nicht in Kiel, sondern auf Föhr», entgegnete Imke. «Hier gelten andere Gesetze.» Insgeheim musste sie lächeln. Dass sie mit Brockstedt gesprochen hatte, wusste niemand, nicht einmal Maria und Sönke. Diskretion war eine unausgesprochene Nebenvereinbarung der friesischen Diplomatie.
    «Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand», zitierte Frau Bösinger einen uralten Spruch, den sie vollkommen ernst zu meinen schien.
    «In diesem Sinne», sagte Bösinger und erhob sich. «Wir machen uns auf den Weg.»
    Imke nahm ihren Sohn, der ebenfalls los musste, noch einmal fest in den Arm.
    «Ik trak di a tüm, man dring», sagte sie auf Friesisch.
Ich drücke dir die Daumen, mein Junge.
Wenn Arne zu einem Auslandseinsatz der Bundeswehr geschickt worden wäre, hätte es nicht anders geklungen.
    Die Bösingers nickten Imke und Christa stumm zu und stiegen in ihren Volvo, Arne kletterte in seinen VW -Bus, und die Frauen sahen zu, wie die Autos in Richtung Wyk verschwanden.
     
    Nun konnte der angenehme Teil des Tages beginnen. Als Erstes wechselten die beiden Frauen ihre Garderobe. Christa zog ein dünnes T-Shirt mit Spaghettiträgern und eine kurze Hose an, Imke eine ärmellose Bluse und ebenfalls eine kurze Hose, die ihre braunen Beine zeigte. Dann machten sie es sich auf der Terrasse unterm Sonnenschirm bequem. Ocke hatte den ganzen Tag zu tun und würde erst am Abend wiederkommen.
    «Hoffentlich gewittert es bald»,

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