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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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Menschen war, dass die Eiskugeln schneller schmolzen, als man sie essen konnte. Einige Kurgäste, die die Hitze nicht so gut abkonnten, suchten den Schatten der alten Bäume hinter dem Strand.
    Imke fühlte sich unwohl im Polizeiwagen. Sämtliche Passanten glotzten sie neugierig an: Die musste irgendwas verbrochen haben, sonst säße sie da wohl nicht. Am Brunnen vor der Buchhandlung Bubu hielt Brockstedt an.
    «Ende der Fahrt», rief er und stieg aus.
    «Was machen wir hier? Bücher kaufen?»
    «Ortstermin am Strand», brummte Brockstedt.
    Imke verstand nicht.
    «Weswegen?»
    Immerhin hatte Brockstedt sie quasi verhaftet. Was sie nun an diesem Strandabschnitt sollte, war ihr schleierhaft.
    «Ich habe uns einen Logenplatz reserviert», sagte Brockstedt und führte sie zu einem der nächsten Strandkörbe. Dort zauberte er eine Flasche Piccolo und zwei Gläser hervor und stellte sie auf das kleine Ausklapptischchen. Er wollte mit Imke anstoßen, aber sie lehnte dankend ab. Ihr war viel zu heiß für Alkohol. Brockstedt schenkte ihr trotzdem ein halbes Glas ein.
    «Wie ist es denn nun gelaufen?»
    «Arne war so klein mit Hut.» Er zeigte es mit dem rechten Daumen und Zeigefinger. «Bösinger hingegen ist mit mächtigen Schriftsätzen aufgefahren …»
    «Und?»
    «… die ich vor seinen Augen zerrissen habe.»
    Das klang schon mal gut.
    «Wieso?»
    «Ich wollte ihn nach friesischem Recht bestrafen. Aber er meinte doch tatsächlich, Föhr gehört zur Bundesrepublik Deutschland.»
    Imke lachte erleichtert auf. Da war Brockstedts Humor wieder, das beruhigte sie. «Hat er seinen Irrtum eingesehen?»
    «Ich habe ihm den Film vom Polizeieinsatz gezeigt. Tja, und dann habe ich ihm klargemacht, dass solche Filme leicht zu kopieren sind. Die landen schon mal im Internet oder im Fernsehen.»
    «Erpresser!» Sie lächelte. Aber wenn sie ehrlich war, interessierte sie viel mehr, was mit Arne war. Die Bösingers waren für ihr eigenes Glück verantwortlich.
    «Als er den Film gesehen hat, war er plötzlich ganz still. Ich muss dir nicht erklären, warum, du kennst den Film ja bestimmt.»
    Imke gab sich ahnungslos: «Welchen Film?»
    Brockstedt schaute ihr tief in die Augen. «Hat Maria ihn dir nicht heimlich gezeigt?»
    «Ich weiß nicht, wovon du sprichst», sagte Imke und wurde rot.
    Brockstedt nickte ihr grinsend zu.
    «Ich habe Bösinger dann erläutert, was die Strafe nach friesischem Recht ist, und er fragte, was sei, wenn er sich weigere. ‹Dann treten all jene Paragraphen in Kraft, die Sie bestens kennen›, habe ich geantwortet, ‹Widerstand gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung, Beleidigung …› Da war dann Ruhe im Karton.»
    Doch Imke hörte nur noch mit halbem Ohr hin, denn sie hatte soeben Bösinger und seine Frau entdeckt. Sie kämpften sich mit einem riesigen Korb voller Kuscheltiere über den Strand und versuchten sie zu verkaufen. Beide schwitzten vor Anstrengung, und Herr Bösingers Kopf war bedenklich gerötet. Er hätte wohl gern sein T-Shirt mit dem frommen Fisch ausgezogen, aber dann wäre ihm ein Sonnenbrand sicher gewesen. Seine Frau war ungefähr zwanzig Meter vor ihm, sie verkaufte im Gegensatz zu ihm erstaunlich gut.
    «Das ist die Strafe?», fragte Imke.
    «Hmm.»
    «Meinst du, das ist medizinisch vertretbar bei dem Wetter?»
    «Im Gefängnis gibt es auch keine Klimaanlage. Außerdem ist es den Bösingers jederzeit gestattet, sich auf eigene Kosten kalte Getränke zu besorgen.»
    Plötzlich schoss Arne um die Ecke, ebenfalls mit einem Korb in der Hand. Er stutzte, als er Imke und Brockstedt zusammen im Strandkorb sitzen sah.
    «Mama, was machst du denn hier?»
    «Ich sonne mich.» Sie war jetzt guter Dinge, weil Arne mit einer zwar entwürdigenden, aber leichten Strafe davonkommen würde. Er umarmte sie.
    «Hier am Südstrand?»
    Immerhin wohnte sie in Dunsum, wo etliche traumhafte Bademöglichkeiten leichter zu erreichen waren als der Strand in Wyk.
    «Es ist mein altes Revier, schon vergessen?» Imke hatte jahrelang direkt gegenüber der Kurmuschel am Sandwall gewohnt. Obwohl sie erst ein Jahr in der WG lebte, kam es ihr vor wie das Leben eines anderen Menschen. Damals hätte sie nicht im Traum damit gerechnet, noch einmal umzuziehen. Aber es war alles viel besser geworden.
    «Und was machst
du
hier?», fragte sie scheinheilig.
    «Siehste doch, ich verkaufe Seehunde.»
    Imke nahm einen in die Hand. «Wie sehen die denn aus?»
    Tatsächlich waren die Kuscheltiere etwas verformt, sie sahen eher

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