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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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Imkes Wattwanderung nicht besser auf sie aufgepasst hatte. Nach der Wasserschlacht hatten er und Christa Imke einfach vergessen, da ließ sich nichts beschönigen.
    «Ich würde ja gerne wieder ins Watt gehen», bekannte Imke ganz offen, «auch gegen euren Willen. Aber schaut mich an, ich bin einfach zu schlapp.»
    «Es kann ja auch mal was anderes schiefgehen.»
    «Das Schlimmste, was mir passieren kann, ist, obdachlos zu werden. Also raus hier! Ich will Fernsehen gucken.»
    «Hey, das ist immer noch mein Zimmer», protestierte Ocke und schaute nun Christa fragend an. «Bis Toftum sind es zehn Minuten», überlegte er laut.
    Christa legte Imke das Telefon nebens Bett und speicherte ihre Handynummer ein. Im Notfall musste Imke nur die Wahlwiederholungs-Taste drücken, um sie zu erreichen. Christa ließ sich das einmal von Imke vorführen, was prompt schiefging, weil Imke Telefon und Fernbedienung verwechselte. Beim zweiten Mal klappte es aber, und so konnten Ocke und Christa einigermaßen beruhigt losfahren.
     
    Für Ocke war es ein wunderbares Gefühl, als Christa neben ihm im Taxi Platz nahm. Er befürchtete nämlich, dass die Wirkung seines Ständchens langsam abflauen und im WG -Alltag untergehen könnte. Sein zweiter Schritt war längst überfällig, Händchen halten oder so etwas, nur, das traute er sich einfach nicht. Auch Christa war vorsichtig, obwohl sie seine Nähe sichtlich mehr suchte als zuvor. Jedenfalls bildete er sich das ein. Was er nicht wissen konnte: Fühlte sich Christa vielleicht nur geschmeichelt und nutzte es aus, dass er um sie herumtanzte und alles für sie tat? Nein, so war Christa nicht. Die ganze Situation stresste ihn, jeder weitere Tag ohne Klärung wurde zum Experiment mit ungewissem Ausgang. Insofern war es gut, durch die Wohnungssuche abgelenkt zu sein.
    Als er Richtung Toftum fuhr, schaute Ocke zufrieden durch die klare Windschutzscheibe, die er vorhin noch mit einem alkoholgetränkten Lappen von unzähligen Insektenresten befreit hatte. Wenigstens etwas bekam er hin. Am sonnigen Himmel standen perfekte, rundliche Schäfchenwolken, es war nicht zu warm und nicht zu kalt, typische Föhrer Hauptsaison.
    Zehn Minuten später standen sie auf dem Hof von Hauke Hansen, wo ein alter Toyata-Landcruiser ohne Türen seit Jahren vor sich hingammelte. Auch sonst sah alles sehr heruntergekommen aus, überall lagen Eisenschrott und feuchtes Holz herum. Ausnahme war die neue Scheune, in der Haukes alte Kutschen lagerten, die er seit Jahren sammelte, um sie zu restaurieren.
    Hauke saß mit einer Flasche Korn in der Hand auf einem Reifenstapel neben der Scheune. Ein großer, massiger Mann mit vollem grauen Haar. Er trug seine Arbeitskluft, schwarze Gummistiefel und braune Latzhose, und begrüßte Christa und Ocke mit den Worten: «Lasst euch nicht stören, mir ist gerade die Frau weggelaufen.»
    Was den beiden merkwürdig vorkam, weil seine Scheidung schon einige Jahre her war und Hauke seitdem keine neue Frau gefunden hatte.
    «Tut mir leid», sagte Ocke, ohne weiter nachzufragen. An sich war Hauke ein feiner Kerl, das wusste Ocke, aber seine Scheidung hatte ihn vollkommen aus der Bahn geworfen. Sein Sohn lebte weit weg in Kanada und besuchte ihn nur selten. Immerhin funktionierte Hauke noch so weit, dass er die nahe gelegene Biogasanlage regelmäßig mit Mais beliefern konnte. Ocke nahm Haukes Zustand als Mahnung: Wenn es ganz dumm lief mit Christa, würde er bald auch so da sitzen …
    «Du hast ’ne Wohnung zu vergeben?», fragte Christa.
    «In ’ner Scheune», nuschelte Hauke.
    Christa schaute Ocke unsicher an: «Äh …?»
    «Schauen können wir ja mal», sagte Ocke, der sich allerdings auch nicht vorstellen konnte, dass sie bald in einer Scheune leben würden. Er ging mit Christa hinein. Der Innenraum war vollgestellt mit prächtigen alten Kutschen. Hauke hatte einen Teil des Lagerraums mit dünnen Rigipswänden ausstaffiert, was eher an einen Messestand erinnerte als an Wohnraum, es gab nicht einmal Fenster.
    Hauke fand das offenbar völlig normal. «Der Rest wird noch gemacht.»
    Die Wahrheit war, es gab kein Bad und kein WC , und Hauke besaß auch kein Geld mehr, um weiter zu bauen, das wusste jeder auf der Insel. Davon einmal abgesehen, war die Idee von einer Wohnung in der Scheune von vornherein schwachsinnig.
    Ocke sah, wie enttäuscht Christa war, und nahm kurz entschlossen ihre Hand. Sie schaute ihn verblüfft an und ließ sich von ihm zu einer offenen gelben Kutsche führen, wo

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