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Oma dreht auf

Oma dreht auf

Titel: Oma dreht auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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er einen Spruch aus Goethes
Faust
zitierte, der ihm aus seiner Schulzeit hängengeblieben war: «Mein schönes Fräulein darf ich’s wagen, mein Arm und Geleit Ihr anzutragen?»
    Christa reagierte prompt, denn auch bei ihr war der
Faust
Pflichtlektüre gewesen: «Bin weder Fräulein weder schön, kann ohn geleit nach Hause gehn.»
    Ocke lächelte sie glücklich an, im Spiel war alles so einfach.
    «Es stinkt», bemerkte Christa leicht pikiert und zog ihre Hand weg. Tatsächlich kam vom Misthaufen vor der Tür eine penetrante Duftwolke herein.
    «Fenster kommen noch», versprach Hauke, doch Christa und Ocke bedankten sich nur kurz und stiegen in den Wagen. Hier wollte niemand gerne wohnen.
    Zurück im Taxi pochte Ockes Herz auf Hochtouren. Christas Hand zu nehmen war der nächste Schritt nach dem Ständchen gewesen. Genau genommen war es sogar ein riesiger Sprung, auch wenn er ihn als Spiel getarnt hatte. Und falls es nicht so gestunken hätte, wer weiß … Zum Glück war die Tour mit Christa noch nicht zu Ende. Am Morgen hatte Ocke noch eine Annonce im Anzeigenblatt
Wir Insulaner
gefunden, in der ein renovierungsbedürftiges Altenteil mitten in der Marsch angeboten wurde.
    «Ich rufe erst einmal Imke an», sagte Christa, nahm ihr Handy und stellte auf laut, damit Ocke mithören konnte.
    «Ja?», kam es schluchzend aus dem Hörer. Imke weinte!
    Ocke und Christa sahen sich schuldbewusst an. Das war wohl reichlich schiefgegangen.
    «Imke, ich bin’s», rief Christa besorgt. «Was ist passiert?»
    «Patrick hat seine Lena gerade bekommen.»
    «Welcher Patrick?»
    «Der im Fernsehen natürlich. Es ist dermaßen romantisch …!»
    «Wirklich alles gut?»
    «Nein. Wie denn auch? Lena ist krank, sie wird vielleicht sterben! Stör mich bitte nicht weiter.»
    Man hörte ein Klacken, Christa schaute Ocke verdattert an.
    «Aufgelegt.»
    Sie lachten beide erleichtert auf und fuhren in die sonnige Marsch, die in ihrem satten Grün geradezu selbstgefällig wirkte. Beim Vorbeifahren starrten kauende Kühe sie teilnahmslos an. Die Schönwetterwolken ließen ihre Schatten über die Felder tanzen, es gab hier alles, nur keinen Stillstand. Der einzige triste Fleck weit und breit war das völlig heruntergekommene Haus hinter hohen Büschen, das aus bröckeligen, roten Klinkern bestand. Ocke rollte mit dem Taxi auf die grasüberwucherte Einfahrt und überprüfte zur Sicherheit noch einmal die Adresse: Sie stimmte, leider.
    Zögerlich gingen sie über das Grundstück, obwohl sie eigentlich sofort hätten umdrehen können. «Renovierungsbedürftig» war reichlich untertrieben, von Amts wegen hätte das Gebäude abgerissen werden müssen, auf dem Dach fehlten etliche Ziegel, es würde überall hineinregnen.
    «Wir werden Föhr verlassen müssen», sagte Christa.
    Doch diesmal war es Ocke, der noch nicht aufgeben wollte. «Lass uns zu diesem Makler aus Flensburg, der das Büro in Nieblum aufgemacht hat.»
    «Schnösel-Feddersen?»
    «Der kostet zwar drei Monatsmieten, aber besser als keine Wohnung, würde ich sagen.»
    «Du hast recht.»
     
    Zehn Minuten später hielt Ocke vor einem mondänen weißen Friesenhaus in Nieblum. Neben der Tür hing ein blank poliertes, anthrazitfarbenes Glasschild mit der Firmenaufschrift FEDDERSEN IMMOBILIEN . Die Tür war nicht abgeschlossen, und es gab keine Klingel, das war schon mal sympathisch. Über eine schmale Holzstiege gelangten Ocke und Christa ins Büro in der Dachetage. Die Treppe sah ziemlich ausgetreten aus, was wohl nicht an der Masse von Kunden lag, die täglich aufliefen, sondern daran, dass hier vorher der Bürgermeister gewohnt hatte und davor ein Geldverleiher …
    Feddersen sprang von seinem Stahlschreibtisch auf, als sie hereinkamen. Der blonde Seitenscheitelträger war ungefähr dreißig Jahre alt und trug einen dunkelblauen Pullover über dem weißen Hemd, dazu Jeans. Er empfing sie wie alte Freunde – was er mit allen Kunden so machte, wie Ocke annahm.
    «Moin! Schön, dass Sie zu uns kommen.»
    Ocke kam ohne Umwege zur Sache.
    «Wir wohnen auf der Insel und suchen was Neues.»
    «Beest dü fan feer?», fragte Feddersen auf Friesisch.
    Kommst du von Föhr?
    «Jä was, schocht’ m det?»
    Ja, sieht man das?
    Er lachte. «Sorry, da hört mein Friesisch schon auf. Aber ich freue mich. Wissen Sie, ich bin nicht der typische Schickimicki-Makler vom Festland. Insulaner sind wichtig für die Insel Föhr.»
    Ach ja?
    «Hätten Sie denn was?», fragte Ocke.
    «Zwei Personen?»
    «Nee, zu

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