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Oma ihr klein Häuschen

Oma ihr klein Häuschen

Titel: Oma ihr klein Häuschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Mommsen
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ich in Mitteleuropa für genauso sinnvoll wie einen Geländewagen auf glattem Asphalt. Leute, die so etwas tragen, wollen in der Regel auch nicht nach Oimjakon, man trifft sie in einem solchen Aufzug eher in Foyers von Off-Theatern, zu Vernissagen unbedeutender Künstler sowie hochkonzentriert in Lehrerzimmern von Gesamtschulen.
    Meine attraktive, sture Cousine klärte mich ausführlich über die Guccis und Pradas der Outdoormarken auf, diepreislich übrigens in derselben Liga angesiedelt sind. Sie suchte sich in der Frauenabteilung eine geschmackvolle, dunkelgrüne Regenkombi mit passenden Gummistiefeln aus.
    «Willst du dir auch eine anziehen?», drängte sie mich.
    «Wieso?»
    Partnerlook?
    «Ich will mit dir in den Regen.»
    Ich schaute schlechtgelaunt durch die riesigen Scheiben in den blauen Himmel und dachte sehnsüchtig an den Stadtpark mit Seen, Wiesen und Biergärten.
    «Sollen wir nicht lieber raus? Die Sonne scheint, und außerdem habe ich Geburtstag.» Das ist normalerweise ein Bestimmertag.
    «Danach, ja?»
    Minuten später kam ich vollständig verpackt aus der Männerabteilung, die einzige freie Hautfläche waren mein Gesicht und meine Hände. Es mag ja Paare geben, die auf Gummi stehen, ich bin nicht so der Latex-Typ – trotz fehlender Beinhaare.
    Maria kannte sich aus.
    Zielstrebig führte sie mich in eine übergroße Duschkabine in der Ecke des Raumes und betätigte einen Fußschalter. Sofort begann von oben ein mittelstarker Regen auf uns herabzuprasseln, und wir konnten die Undurchlässigkeit unserer Regenkleidung überprüfen. Auch als Maria mich enger an sich zog, wollte bei mir keine Freude aufkommen, denn gleichzeitig drückte sie einen weiteren Schalter und löste damit eine Windmaschine aus, die Sturm verursachte. Der Regen peitschte wie wahnsinnig gegen uns.
    Als ich danach, wie vereinbart, in den Stadtpark wollte, zog Maria mich stattdessen in die Kältekammer, die aufminus zwanzig Grad eingestellt war. Das war ernsthaft kalt. Deshalb kroch sie in einen Daunenschlafsack und legte sich auf einen quaderförmigen Eisblock, der mit Rentierfellen bedeckt war. Ich verabschiedete mich jetzt endgültig mit dem Hinweis auf die Sonne und meinen Geburtstag und rannte hinaus.
    Tage später kam ein simples «Sorry» von ihr auf einer Postkarte, die ich dem Altpapier übergab. So ist das mit den Überraschungen am Geburtstag.
     
    Ich klappe die Schlafcouch auf und beziehe das Bettzeug, das Maria mir hingelegt hat. Dann schnappe ich mir die
Star Wars- DV
D und schaue mir die erste Episode an, die ich ewig lange nicht gesehen habe. Nebenbei werfe ich einen Blick auf Arnes Geschäftsbericht, aber der kommt gegen
Star Wars
nicht an. Nach einer Weile kommt
Star Wars
wiederum nicht gegen meine Globetrotter-Erinnerung an, die mir jetzt in allen Einzelheiten hochkommt.
    Ich mache dabei gar keine gute Figur.
    Genauso wenig wie heute Abend.
    Es hat keinen Sinn, diese Insel bringt mir kein Glück. Morgen bin ich wieder auf dem Festland, mein Entschluss steht fest. Nur Oma hätte ich gerne noch gesehen, das muss jetzt schneller gehen.

17.   Butter bei die Fische
    Am nächsten Morgen nehme ich mit einem Leihfahrrad erneut den Weg auf der Deichkrone. Es nieselt, mein Gesicht ist gleichmäßig nass, das braungraue Watt geht über in das Anthrazitgrau des vormittäglichen Himmels. Aber das Wetter ist mir im Moment komplett egal, denn in jedem Fall ist mir der Deich lieber als Marias Einlieger-Bunker. Niemals würde ich jemanden zu mir nach Hause einladen und kurz darauf einfach weggehen, weil ich ein Blind Date habe. So etwas kann man ja wohl absagen oder verschieben. Anders ausgedrückt: Nachdem wir uns zehn Jahre nicht gesehen haben, ist es nicht gerade ein Zeichen besonderen Interesses. Und dann ist sie in der Nacht noch nicht mal wiedergekommen. Schön für sie, dass ihre Verabredung mit irgendeinem Insulaner-Touristen-Polizistenkollegen geklappt hat. Für mich, als ihren Gast, war es allerdings extrem öde, morgens allein vor der Teddybärensammlung zu frühstücken.
    Es muss dringend etwas passieren. Denn eins ist klar: Ich werde weder zu Maria nach Wrixum zurückkehren noch in das Doppelbett mit Cord.
    Auf den Gepäckträger des Rades habe ich einen Mini-Klappstuhl aus Marias Küche geklemmt. Kann sein, dass sich Oma heute meldet, kann aber auch nicht sein. Ich spielejedenfalls nicht mehr mit. Diese Geheimnistuerei steht mir bis sonstwohin. Wenn Christa weiß, wo Oma steckt, will ich die Adresse haben. Dann

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