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Oma und Frieder - Sammelband

Oma und Frieder - Sammelband

Titel: Oma und Frieder - Sammelband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Mebs
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Langes hervor. Ein Nachthemd von der Oma. In Rosa und mit zwei Bändchen am Hals. Schön sieht das aus. Frieder stülpt es sich über. Es schleift am Boden und die Bändchen baumeln auf Frieders Bauch. Die Bändchen müssten Schleifchen werden. Aber Schleifchen binden kann er nicht. Schleifchen binden ist schwer. Macht nichts, man kann auch feiern ohne Schleifchen. Rosa und lang und festlich ist das Nachthemd auf jeden Fall. Ein Oma-Nachthemd-Feierkleid. Langsam und feierlich marschiert der Frieder in die Küche. Dort kniet er sich auf den Boden und sucht im Küchenschrank herum. Jetzt braucht er doch den roten Wein. Da steht er ja. Eine halbe Flasche voll. Ganz unten im Küchenschrank. Juchhu! Vorsichtig trägt der Frieder die Flasche zum Tisch. Vorsichtig holt er ein Glas, stellt es vorsichtig neben die Flasche.
    Jetzt fehlen nur noch die Zigaretten. Die Oma hat keine, das ist dem Frieder klar. Frieder steht und überlegt. Er muss aber Zigaretten haben. Ohne Zigaretten geht Feiern nicht. Und plötzlich hat er eine Idee. Er macht sich eben selber welche! Und er weiß auch schon, wie! Es geht superleicht. Frieder rafft das Oma-Nachthemd-Feierkleid und rennt zum Klo. Da zieht er kräftig an der Klopapierrolle. Reißt ab und dreht Röllchen. Klopapierröllchen. Das geht gut. Und beinahe sehen die aus wie Zigaretten, beinahe wie echt.
    Frieder freut sich und trägt die Klopapierziga-rettenröllchen in die Küche. Nun kann sie endlich anfangen, die Feier. Langsam und feierlich

    setzt sich der Frieder an den Tisch. Gießt langsam und feierlich roten Wein ins Glas und beinahe nichts geht daneben.
    Langsam und feierlich hebt der Frieder das Glas, sagt langsam und feierlich und sehr laut: »Prost!« Weil man das sagen muss, wenn man feiert.
    Frieder grinst und freut sich. Schön sieht der rote Wein aus in dem Glas! Und Frieder trinkt einen großen Schluck ... und kriegt sofort einen roten Kopf. Rot wie der Wein. Pfui Teufel. Der Wein schmeckt scheußlich! Ganz bitter! Das hat er nicht gewusst, dass roter Wein so scheußlich schmeckt. Am liebsten hätte er ihn wieder ins Glas zurückgespuckt. Aber Zurückspucken geht nicht. Im Fernsehen haben die feinen Leute auch nicht zurückgespuckt, die haben »Ahhh, köstlich« gesagt und haben geraucht. Frieder sagt auch »Ahhh, köstlich« und greift nach einer Klopapierzigarette. Er muss jetzt rauchen. Rauchen schmeckt sicher besser. Rauchen schmeckt nicht besser. Rauchen schmeckt richtig schlecht. Auch ohne Rauch. Frieder muss husten, verschluckt sich und verschluckt eine halbe Zigarette. Auch das noch! Zigaretten darf man doch nicht essen! Jetzt klebt sie fest in seiner Kehle!
    Vor Schreck trinkt der Frieder schnell einen Riesenschluck. Ein halber Schluck geht daneben aufs Oma-Feiernachthemdkleid und macht dort einen Riesenfleck. Der andere halbe Schluck geht in seinen Magen und macht dort, dass ihm ganz heiß wird. Und komisch. Es saust in seinem Kopf. Im Magen rumpelt es ... Frieder schluckt und schluckt ... und dann wird ihm schlecht. Und wie!
    Frieder stürzt los, zum Klo. Er stolpert übers Nachthemd, das Nachthemd sagt laut »Ratsch« und ein Riss ist drin. Vom Boden bis zum Knie. Und da kommt der Wein wieder raus. In hohem Schwapp. Mitten in die Kloschüssel hinein. Frieder würgt und Frieder stöhnt ... Da steht die Oma in der Tür, schlägt die Hände über dem Kopf zusammen und zetert los: »Ja, was ist denn jetzt das? Hängt doch der Lauser im Klo, in meinem allerbesten Nachthemd! Und spuckt!«
    »Oma, mir ist so schlecht!«, wimmert der Frieder und krümmt sich und mit dem Krümmen kommen Tränen.
    »Ich bin zwar eine alte Frau, aber blind bin ich nicht«, sagt die Oma, packt den Frieder und hält ihm die Stirn. Der Frieder würgt und stöhnt, käseweiß im Gesicht, und jammert und klammert sich an der Oma fest. »Das kommt davon«, sagt die Oma. »Wer nicht hören will, muss spucken!« Sie wäscht dem schweißnassen Frieder das Gesicht und die Hände auch. Und über den Fleck im Nachthemd und den Riss, da sagt sie keinen Ton. Sie seufzt nur tief und schüttelt den Kopf und dann sagt sie: »Jetzt komm in die Küch', Spucklauser du! Abendessen gibt's.« »Ich mag nie mehr feiern, Oma, nie mehr«, flüstert der Frieder und schleicht hinter der Oma her. Das Nachthemd schlappt ihm um die Füße.
    »So, so!«, sagt die Oma und sie grinst und zeigt auf den Tisch. Da steht eine Flasche Himbeersaft. Rot wie roter Wein. Und auf dem Tisch liegen Zigaretten. Braun wie Schokolade.

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