Oma und Frieder - Sammelband
die Schnur wieder aus der Steckdose.
Der Staubsauger in Omas Hand macht ein letztes müdes Surrrrr und schweigt.
»Atsch«, sagt der Frieder und streckt auch noch die Zunge raus.
»So was!« Die Oma steht verblüfft und starrt auf den Frieder mit der rausgestreckten Zunge. »Was ist denn in dich gefahren? Du bist ja heut so frech!«
»Sag ich doch«, motzt der Frieder, »ich will heute mal frech sein, bähhh!« Und gleich dreimal hintereinander lässt er die Zunge aus dem Mund fahren.
»Ja hat dich denn der wilde Watz gebissen?«, wundert sich die Oma, und vor lauter Verblüffung setzt sie sich auf den Staubsauger. »Oder hast du am Ende Fieber?«
Und ängstlich will sie nach Frieders Stirn greifen.
Der weicht der Oma-Hand aus und jubelt los: »Hab kein Fieber, ich bin bloß frech.« Und er baut sich vor der Oma auf und sagt laut und deutlich: »Blöde Oma!«
»Ha!«, schreit die auf und will auf den Frieder losfahren, aber dann tut sies doch nicht. Sie setzt sich bequemer auf dem Staubsauger zurecht und sagt ganz laut und deutlich: »Rotzlöffel!«
»Doofe Oma!«, grinst der Frieder und hockt sich vor sie hin auf den Boden.
»Das sag noch mal!«, ruft die Oma empört, doch dann grinst sie auch und überlegt und sagt: »Dreckfink, du!«
»Wackeloma!«, ruft der Frieder begeistert und ruckelt auf dem Boden hin und her.
»Schlüssellochgucker!«, sagt die Oma.
»Oma Grünspan!«, sagt der Frieder.
»Bub Taugenichts!«, sagt die Oma.
»Oma Brillenschlange!«, sagt der Frieder.
»Bub Naseweis, Bub Firlefanz, Omastörer!«, ruft die Oma ganz schnell hintereinander und muss nach Luft schnappen.
»Oma Klappergebiss!«, jubelt der Frieder und hopst auf und ab. »Oma Klappergebiss, Oma Klappergebiss!«
Da ist die Oma still.
Eine ganze Weile.
Sie zieht ein Taschentuch aus ihrer Schürzentasche und tupft sich damit die Augen und flüstert: »Du hast Oma Klappergebiss zu mir gesagt!«
Der Frieder stutzt. »Und du hast Omastörer zu mir gesagt!«, erwidert er, aber nicht sehr laut.
»Oma Klappergebiss ist schlimmer«, sagt die Oma, und sie schluchzt richtig ein bisschen dabei.
»Mensch, Oma«, der Frieder steht auf und dann hüpft er der Oma mit einem Sprung auf den Schoß, dass die auf dem Staubsauger ins Wackeln kommt.
»Mensch, Oma«, sagt der Frieder noch mal, und dann: »Heul doch nicht, Oma. Ich hab doch bloß Spaß gemacht.« Und er gibt ihr einen kräftigen Schmatz auf die Backe.
Die Oma seufzt tief auf. »Was zu viel ist, ist zu viel«, sagt sie, schiebt den Frieder vom Schoß, steckt den Stecker wieder in die Steckdose, und der Staubsauger schnurrt weiter.
»Du Frechling«, sagt sie und schiebt mit dem Staubsauger über den Boden.
»Was?«, schreit der Frieder aufgebracht. »Plapperoma!«
»Lieblingszwerg«, lacht die Oma und lässt den Staubsauger schnurren.
»Oma Wieselflink«, ruft der Frieder und hüpft um die Oma herum.
»Schmatzbub«, antwortet die Oma und fährt mit Schwung auf den Frieder zu.
»Lieblingsoma!«, ruft der und springt zur Seite.
»Herzensbub!«, singt die Oma. »Schmeichel-katz!«
Und Frieder grinst und packt den Staubsauger an der anderen Seite und gemeinsam saugen sie den Boden sauber. Und gemeinsam denken sie sich die schönsten Liebesworte aus. »Oma Süß-Schnabel« ... »Frieder Zuckerschnut« ... »Oma Allerliebst« ... »Frieder Herzenstrost« ... »Oma Wunderschön« ... »Frieder Drei-mal-brav« ... bis der Boden blitzsauber ist und der Frieder Hunger kriegt und Oma und Frieder in die Küche marschieren. Hand in Hand. Zum Mittagessen.
»Frieder Zuckerschnut hat mir am besten gefallen«, sagt der Frieder und setzt sich an denTisch.
»Und mir Lieblingsoma!«, sagt die Oma und setzt sich neben den Frieder.
»Oma«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, wir wollen mal ausländisch reden. Jetzt gleich!»
»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma und schält Karotten. »Ausländisch reden! Das fehlt noch! Ich red, wie mir der Schnabel gewachsen ist, und damit Schluss.«
»Schnabel sagt man nicht«, sagt der Frieder, schnappt sich eine Karotte, eine ungeschälte, und wirft sie hoch.
»Ich schon«, sagt die Oma und fängt die Karotte auf und schält sie. »Jetzt geh raus aus der Küche und spiel schön und stör mich nicht. Ich muss kochen. Haben wir uns verstanden?«
Frieder seufzt und Frieder nickt und Frieder geht raus. In sein Zimmer.
Wenn die Oma kocht, ist nichts zu machen. Leider. Nie und nimmer redet sie da mit ihm
Weitere Kostenlose Bücher