Oma und Frieder - Sammelband
Hoffentlich! Frieder kneift die Augen fest zu, zittert und horcht und wartet ... er hört nichts mehr.
Frieder zieht die Bettdecke noch ein bisschen fester über sich und wartet noch länger und horcht ... er hört wirklich nichts mehr. Das Gespenst ist weg, oder?
Vorsichtig, ganz vorsichtig zieht er die Bettdecke von seinem Gesicht und schaut, auch ganz vorsichtig, mit einem Auge raus ... Da steht die Oma vor seinem Bett und murmelt vor sich hin: »Naja, der Bub schläft! Gott sei Dank!«
Mit einem Ruck reißt der Frieder die Bettdecke zurück, schnauft tief durch und flüstert: »Mensch, Oma! Hier war ein Gespenst!«
»Ja, da schau her«, sagt die Oma und sie grinst, das kann der Frieder deutlich sehen, auch wenns im Zimmer so dämmrig ist.
Er setzt sich auf in seinem Bett und flüstert: »Bestimmt, Oma, ich habs genau gehört!«
»Na so was«, sagt die Oma und grinst immer noch. »Ich denk, du hast Gespenster so gerne!«
Und sie bückt sich und hebt vom Boden ein großes Leintuch auf und wedelt damit dem Frieder vor der Nase, und dazu jault sie in den höchsten Tönen: »Huhuhuhuhuiiii!«
Da begreift der Frieder endlich.
Und vorwurfsvoll sagt er: »Mensch, Oma, hast du mich aber erschreckt! Kinder darf man nicht erschrecken! Na warte!«
Mit einem Hops ist er aus dem Bett, saust in die Küche, packt die Tischdecke, zieht sie vom Tisch, zieht sie über seinen Kopf und stürzt mit einem lauten »Huhuhuhu, ich bin das kleine Gespenst!« ins Kinderzimmer.
Die Oma kreischt auf und fährt zurück, das kleine Gespenst ihr nach, und da packt sie das Leintuch, zieht es über und jault und kreischt, noch lauter und unheimlicher als vorhin.
Aber Frieder ist auch nicht schlecht. Er gespenstert in wilden Sätzen auf sie los, die Oma gespenstert dagegen, und so gespenstern sie eine ganze Weile in den schaurigsten Tönen. Bis sich der Oma das Leintuch um die Füße wickelt und sie, platsch, auf Frieders Bett fällt. Da ist das kleine Gespenst mit einem Sprung auf ihr drauf und das große Gespenst ist bezwungen. Dann muss der Frieder schlafen. Weils spät ist und die Oma keine Luft mehr kriegt.
»Aber morgen gespenstern wir wieder, ja, Oma?«, fragt der Frieder, als er endlich im Bett liegt, die Bettdecke fest um sich herum gestopft.
Die Oma wischt sich die Stirn und schnauft und gibt ihm noch einen Schmatz auf die Backe und sagt: »Mal sehen! Eine alte Frau ist doch kein D-Zug. Vielleicht les ich dir doch lieber was vor. Was Grusliges!«
Und Frieder nickt und strahlt und schläft dann endlich ein.
»Oma«, schreit der Frieder und zupft an Omas Rock. »Oma, mach doch schneller, ich will ernten!«
»Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma. Sie kniet am Boden, im Garten, bohrt Löcher in die Erde und setzt, schön langsam und eins nach dem anderen, Salatpflänzchen in die Löcher, schaufelt Erde drumherum und klopft, schön langsam, die Erde fest.
»Oma!« Ungeduldig hopst der Frieder vor ihr auf und ab. »Oma, sag, wann wächst das denn? Ich will ernten!«
»Gut Ding will Weile haben«, sagt die Oma und setzt das fünfte Pflänzchen ein. »Erst wird gepflanzt, dann wird geerntet, so ist das.« Liebevoll schaut sie auf die Pflänzchen und bös schaut sie auf den Frieder und sagt: »Lausebengel, jetzt hüpf nicht dauernd hier herum, mir wird ja schwindelig im Hirn!« Sie nimmt ein neues Pflänzchen, das sechste, und setzt es ein.
»Oma!« Frieder lässt nicht locker. »Oma, wenn du fertig bist, ernten wir dann?«
»In drei, vier Wochen, so Gott will«, sagt die Oma und klopft die Erde fest. »Wirst schon noch warten müssen, Bub Ungeduld.«
Der Frieder guckt enttäuscht. Drei, vier Wochen! Das dauert je ewig.
Auf Salat ist er zwar nicht so scharf, aber ernten möchte er, jetzt gleich. Ernten ist lustig.
»Wo ich doch so gerne ernten möchte, Oma«, seufzt er. »Ernten ist so lustig.«
Aber die Oma hört nicht mehr hin. Die Oma pflanzt. Frieder zuckt die Schultern und beschließt: So lange wartet er auf keinen Fall. Das ist ja langweilig. Geht er halt spazieren. Durch den Garten. Der ist nicht groß und ziemlich neu.
Der ist genau eine Woche neu, für Oma und Frieder. Ein Garten ist schön und gesund und nützlich, hat die Oma gesagt. Da gibts viel frisches Gemüse und Obst. Das ist billiger und viel besser als das gekaufte Zeug im Supermarkt.
Und seitdem sind sie jeden Tag im Garten, und die Oma pflanzt und die Oma sät und die Oma gräbt um und die Oma gießt, und Frieder schaut zu und
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