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Omega

Omega

Titel: Omega Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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wird sich das Fenster schließen, und ein neues wird es nicht geben.«
    »Aber warum müssen wir uns darum kümmern?«, fragte Julie. »Warum nicht die Leute, die sechs Jahrhunderte nach uns leben?«
    »Weil wir diejenigen sind, die den Schock ihrer Entdeckung erlebt haben. Für alle anderen wird das nur Vergangenheit sein. Was bedeutet, die Leute werden immer noch in London oder Peoria sitzen und sich beklagen, dass die Regierung nichts unternimmt, wenn die Wolke auftaucht, um sie unschädlich zu machen.«
    Zwar lebten sie in einer Gesellschaft, in der Ehegelübde erneuert werden mussten und die mancherorts mehrfache Eheschließungen erlaubte, doch Whit war Romantiker geblieben. Zumindest war das der Eindruck, den Julie hatte, nachdem sie Liebe und schwarze Löcher gelesen hatte, seine bekannteste Sammlung von Kommentaren zum sozialen Status quo der menschlichen Gesellschaft. Wahre Liebe erlebte ein Mensch nur einmal im Leben, behauptete Whit. Verlor man sie oder ihn, war es vorbei. Alles, was danach kam, konnte nur der Versuch einer Wiederholung sein. Julie nahm an, dass Whit, der nicht verheiratet war, einen derartigen Verlust erlebt und sich nie davon erholt hatte. Sie war zu rücksichtsvoll, um nachzuhaken, aber sie fragte sich, wer sie gewesen und was passiert war. Und schließlich, ob die Frau eine Ahnung hatte, wen sie da hatte gehen lassen.
    Whitlock war groß und hatte ein faltiges Gesicht, die Sorte Gesicht, die wirklich gelebt hatte. Er hatte weißes Haar und strahlte Würde aus. Die Verjüngungsbehandlungen waren zu spät eingeführt worden, um ihm noch allzu viel zu helfen, aber das schien ihn nicht zu kümmern. Er erzählte ihr, er habe das Leben gelebt, das er habe leben wollen, und er bedauere nichts (was eine Lüge war, aber eine tapfere). Er war an Bord, weil Hutch ihn und seine Arbeit schätzte. Es hatte offenbar einige Streitereien bezüglich seiner Teilnahme gegeben. Whit war in vieler Leute Augen kein seriöser Wissenschaftler und folglich nicht auf der gleichen Stufe mit den anderen, die diesen letzten freien Platz bei der Mission gern für sich beansprucht hätten. Julie hatte gehört, dass Hutchins sich einigen Ärger eingehandelt hatte, weil sie ihm den Platz gegeben hatte.
    Er fragte Julie, ob er einen Lichtbeuger erhalten würde, wenn sie Lookout erreicht hatten, da er auf die Oberfläche gehen und die Goompahs aus der Nähe betrachten wollte. Er arbeitete sogar mit einigen Leuten auf der Al-Jahani zusammen und versuchte, sich mit der Sprache vertraut zu machen, gestand jedoch, dass er nicht sehr erfolgreich war. »Zu alt«, sagte er.
    Auf jeden Fall hatte er sich als echter Schatz erwiesen. Ganz entgegen ihrem Verdacht, den sie gehegt hatte, als sie seinen Namen auf der Passagierliste gelesen hatte, gab er sich nie überlegen. Ständig machte er sich Notizen, nicht über die Geschehnisse auf der Hawksbill, sondern über seine eigenen Reaktionen im Zusammenhang mit der Erkenntnis, dass eine intelligente Spezies in großer Gefahr schwebte. Auf Julies Frage hin zeigte er ihr einen Teil seiner Arbeit. Inzwischen hatte er sogar die Gewohnheit entwickelt, sich nach ihrer Meinung zu erkundigen. Sie bezweifelte, dass er ihre Kommentare tatsächlich verwerten konnte, aber es war eine nette Geste, und sie hatte schnell begriffen, dass er von ihr wissen wollte, was sie wirklich dachte. »Es hilft mir nicht, wenn du mir auf die Schulter klopfst und mir erzählst, wie gut meine Arbeit sei«, hatte er gesagt. »Ich muss wissen, wie du tatsächlich empfindest. Ob du einen Sinn darin siehst. Wenn ich mich zum Narren machen sollte, wäre es mir lieber, das nur innerhalb unserer kleinen Bordgemeinschaft und nicht vor der Weltöffentlichkeit zu tun.«
    Er neigte dazu, Menschen als die klügeren Affen zu bezeichnen. Grundsätzlich, so erklärte er eines Abends im Gemeinschaftsraum, als sie über das ausufernde Blutbad diskutierten, das die Geschichte der Menschheit prägte, seien sie anständig. »Ihr großes Manko ist, dass sie zu leicht zu beeinflussen sind. Schnapp sie dir, wenn sie noch einigermaßen jung sind, sagen wir, fünf oder sechs, und du kannst ihnen praktisch alles einreden. Nicht nur das – wenn du das getan hast, wird die große Mehrheit bis aufs Blut dafür kämpfen, diese Illusion aufrechtzuerhalten. Das ist der Grund, warum es Nazis, Rassisten, Homophobe und Fanatiker aller Art überhaupt geben kann.«
    Unter der Voraussetzung, dass die Wolke präzise zum erwarteten Zeitpunkt über dem

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